Ultrarote, staubhaltige sternbildende Galaxien im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine IRAC/Spitzer-Infrarotaufnahme von einem Areal, in dem sich eine ultrarote, leuchtkräftige Galaxie befindet, deren Licht für ungefähr 12 Milliarden Jahre zu uns unterwegs gewesen ist. Astronomen haben detaillierte Untersuchungen an dreihundert ultraroten leuchtkräftigen sternbildenden Galaxien im frühen Universum abgeschlossen, wovon dreiundzwanzig Galaxien über den Gravitationslinseneffekt erfaßt wurden. Obwohl diese Unterklasse leuchtkräftiger Objekte zu selten ist, um als Vorläufer für lokale große passive Galaxien dienen zu können, verkörpern sie die extremsten sternbildenden Galaxien im Universum. (Der weiße Kreis zeigt den Umfang des Ferninfrarotstrahls von 36″, der rote Kreis gibt die Lage der leuchtkräftigen Submillimeterquelle wieder; darüber hinaus finden sich andere Objekte in dem Areal.)
Ma et al., 2020

Sternentstehung findet innerhalb von Geburtswolken aus Staub und Gas statt, die viel von der ausgesandten ultravioletten und sichtbaren Strahlung absorbieren, die aber zugleich auch den optischen Blick auf diese Regionen verhindern. In den vergangenen Jahrzehnten haben jedoch im Weltall stationierte Infrarot-Observatorien wie Herschel und Spitzer unser Verständnis der verdeckten Sternentstehung in staubhaltigen Galaxien revolutioniert, denn infrarotes Licht kann die Staubwolken durchdringen, um die Sterne zu enthüllen, die sich bilden. Herschel und Spitzer haben eine große Zahl an sehr staubhaltigen, sehr roten sternbildenden Galaxien entdeckt, die im Infraroten ungeheuer leuchtkräftig sind (sie übersteigen eine Billion solare Leuchtkräfte) und bisher bei kürzeren Wellenlängen nicht beobachtet wurden. Genau genommen sind diese staubhaltigen Galaxien für das meiste infrarote Hintergrundlicht im Kosmos verantwortlich. Einige dieser Objekte zeigen die extremste Form der bekannten Sternentstehungsausbrüche, wobei die Sternentstehungsraten tausend Sterne pro Jahr übertreffen, aber sie sind mit durchschnittlich nur einem Objekt in einem Volumen von einigen hunderttausend Millionen Kubiklichtjahren auch außerordentlich selten.

Die Herschel-Mission, die den Himmel bei Ferninfrarot-Wellenlängenbändern erkundet, wo die Emission des Staubs ihren Höchststand erreicht, entdeckte tausende Kandidaten staubhaltiger Galaxien. CfA-Astronom Matt Ashby war Mitglied in einem großen Team an Astronomen, der dabei geholfen hat, diese Galaxien genauer zu bestimmen. Das Team identifizierte einen Satz von dreihundert „ultraroten“ Galaxien (bedeutet, daß sie bei den längsten Infrarot-Wellenlängen am hellsten sind), die auch bei kürzeren infraroten Wellenlängen durch die IRAC-Kamera an Bord von Spitzer beobachtet wurden. Das Team sammelte zusätzlich Submillimeter- und Millimeterdaten, um die Strahlungsmenge dieser Galaxien in vollem Umfang abzuschätzen, sowie Spektren zur Bestimmung von deren Entfernungen und ihren Leuchtkräften. Die am weitesten entfernte Galaxie, die sie fanden, stammt aus einer Zeit von circa einer Milliarde Jahre nach dem Urknall (entsprechend einer Rotverschiebung von 6.02); sie ist eine von dreiundzwanzig Quellen in der Studie, für die bestätigt wurde, daß sie durch den Gravitationslinseneffekt zu sehen sind.

Die Astronomen kommen zu dem Ergebnis, daß diese ultraroten Galaxien, obwohl sie einige der leuchtkräftigsten und massereichsten Galaxien einschließen, die man kennt, diese zu selten sind, um als sternbildende Vorläufer von lokalen, passiven Galaxien zu erscheinen; andere Arten an Galaxien werden diese Rolle übernehmen müssen. Die neue Studie hat jedoch die extremsten Fälle ausfindig gemacht und weitere Untersuchungen an diesen Ungetümen werden helfen zu erkunden, wie extreme Sternentstehung im Universum funktioniert.

Literatur:

„Spitzer Catalog of Herschel-selected Ultrared Dusty Star-forming Galaxies“

Jingzhe Ma, Asantha Cooray, Hooshang Nayyeri, Arianna Brown, Noah Ghotbi, Rob Ivison, Ivan Oteo, Steven Duivenvoorden, Joshua Greenslade, David Clements, Julie Wardlow, Andrew Battisti, Elisabete da Cunha, Matthew L. N. Ashby, Ismael Perez-Fournon, Dominik Riechers, Seb Oliver, Stephen Eales, Mattia Negrello, Simon Dye, Loretta Dunne, Alain Omont, Douglas Scott, Pierre Cox, Stephen Serjeant, Steve Maddox, and Elisabetta Valiante

The Astrophysical Journal Supplement Series 244, 30, 2019

oder

arXiv:1908.08043v1 [astro-ph.GA] 21 Aug 2019