Originalveröffentlichung am 11.09.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Daten deuten auf einen Exoplaneten hin, der möglicherweise eine flüssige Ozeanoberfläche besitzt
Ein internationales Team von Astronomen hat mit Hilfe von Daten des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA kohlen-stoffhaltige Moleküle in der Atmosphäre des Exoplaneten K2-18 b entdeckt, der in der bewohnbaren Zone existiert. Diese Ergebnisse deuten auf einen Exoplaneten hin, der möglicherweise eine mit Ozeanen bedeckte Oberfläche unter einer wasserstoffreichen Atmosphäre besitzt. Diese Entdeckung bietet einen faszinierenden Einblick in einen Planeten, der sich von allen anderen in unserem Sonnensystem unterscheidet, und eröffnet interessante Perspektiven für möglicherweise bewohnbare Welten anderswo im Universum.
Eine neue Untersuchung mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA von K2-18 b, einem Exoplaneten mit der 8,6-fachen Masse der Erde, hat das Vorhandensein von kohlenstoffhaltigen Molekülen wie Methan und Kohlendioxid ergeben. Die Entdeckung von Webb ergänzt jüngste Studien, die darauf hindeuten, daß es sich bei K2-18 b um einen Hycean*-Exoplaneten handeln könnte, der das Potenzial hat, eine wasserstoffreiche Atmosphäre und eine mit Ozeanen aus Wasser bedeckte Oberfläche zu besitzen.
*Anmerkung: Hycean setzt sich aus den Wörtern Wasserstoff (englisch Hydrogen) und Ozean (englisch Ocean) zusammen.
Der erste Einblick in die atmosphärischen Eigenschaften dieses Exoplaneten in der bewohnbaren Zone wurde durch Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA gewonnen, die zu weiteren Studien führten, die unser Verständnis des Systems verändert haben.
K2-18 b umkreist den kühlen Zwergstern K2-18 in der habitablen Zone und liegt 120 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Löwe. Exoplaneten wie K2-18 b, deren Größe zwischen der von Erde und Neptun liegt, sind anders als alles in unserem Sonnensystem. Da es keine vergleichbaren Planeten in der Nähe gibt, sind diese “Sub-Neptune” nur unzu-reichend erforscht, und die Beschaffenheit ihrer Atmosphären ist unter Astronomen umstritten.
Die Vermutung, daß es sich bei dem Sub-Neptun K2-18 b um einen Hycean-Exoplaneten handeln könnte, ist faszinierend, da einige Astronomen vermuten, daß diese Welten vielversprechende Umgebungen für die Suche nach Beweisen für Leben auf Exoplaneten darstellen.
“Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei der Suche nach Leben auf anderen Planeten verschiedene bewohnbare Umgebungen in Betracht zu ziehen”, erklärt Nikku Madhusudhan, Astronom an der Universität Cambridge und Hauptautor der Studie, in der diese Ergebnisse vorgestellt werden. “Traditionell hat sich die Suche nach Leben auf Exoplaneten vor allem auf kleinere Gesteinsplaneten konzentriert, aber die größeren Hycean-Welten sind für die Beobachtung von Atmosphären wesentlich besser geeignet.”
Die Häufigkeit von Methan und Kohlendioxid und der Mangel an Ammoniak stützen die Hypothese, daß sich unter der wasserstoffreichen Atmosphäre von K2-18 b ein Wasserozean befinden könnte. Diese ersten Beobachtungen mit Webb ermöglichten auch den Nachweis eines Dimethylsulfid (DMS) genannten Moleküls. Auf der Erde wird dieses Molekül nur von Lebewesen produziert. Der größte Teil des DMS in der Erdatmosphäre wird von Phytoplankton in mariner Umgebung abgegeben.
Die Schlußfolgerung, daß DMS vorhanden ist, ist weniger belastbar und erfordert weitere Überprüfung.
“Kommende Webb-Beobachtungen sollten bestätigen können, ob DMS in der Atmosphäre von K2-18 b tatsächlich in signifikanten Mengen vorhanden ist”, erklärt Madhusudhan.
K2-18 b liegt zwar in der habitablen Zone und beherbergt bekanntermaßen kohlenstoffhaltige Moleküle, aber das bedeutet nicht unbedingt, daß der Planet Leben beherbergen kann. Die Größe des Planeten – mit einem Radius, der 2,6 Mal so groß ist wie der Radius der Erde – bedeutet, daß das Innere des Planeten wahrscheinlich einen großen Mantel aus Hoch-druckeis enthält, ähnlich wie Neptun, aber mit einer dünneren, wasserstoffreichen Atmosphäre und einer Ozeanoberfläche. Hycean-Welten werden voraussichtlich Ozeane aus Wasser haben. Es ist jedoch auch möglich, daß der Ozean zu heiß ist, um bewohnbar oder flüssig zu sein.
“Obwohl es diese Art von Planeten in unserem Sonnensystem nicht gibt, sind Sub-Neptune die häufigste bisher bekannte Art von Planeten in der Galaxis”, erklärt Subhajit Sarkar von der Universität Cardiff. “Wir haben das bisher detaillierteste Spektrum eines Sub-Neptune in der habitablen Zone erhalten, was es uns ermöglichte, die Moleküle in seiner Atmosphäre zu bestimmen.
Die Charakterisierung der Atmosphären von Exoplaneten wie K2-18 b – d. h. die Identifizierung ihrer Gase und physikalischen Bedingungen – ist ein sehr aktiver Bereich in der Astronomie. Allerdings stehen diese Planeten im wahrsten Sinne des Wortes im Schatten ihrer viel größeren Muttersterne, was die Erforschung von Atmosphären von Exoplaneten zu einer besonderen Herausforderung macht.
Das Team umging diese Herausforderung, indem es das Licht des Muttersterns von K2-18 b analysierte, während es die Atmosphäre des Exoplaneten durchquerte. K2-18 b ist ein transitierender Exoplanet, was bedeutet, daß wir einen Helligkeitsabfall feststellen können, wenn er an der Oberfläche seines Heimatsterns vorbeizieht. Auf diese Weise wurde der Exoplanet erstmals 2015 von der K2-Mission der NASA entdeckt. Das bedeutet, daß während des Transits ein winziger Teil des Sternenlichts die Atmosphäre des Exoplaneten durchquert, bevor es Teleskope wie Webb erreicht. Die Passage des Sternenlichts durch die Atmosphäre des Exoplaneten hinterläßt Spuren, die Astronomen zusammensetzen können, um die Gase der Atmosphäre des Exoplaneten zu bestimmen.
“Dieses Ergebnis war nur aufgrund des erweiterten Wellenlängenbereichs und der beispiellosen Empfindlichkeit von Webb möglich, die eine robuste Entdeckung von Spektralmerkmalen mit nur zwei Transits ermöglichte”, sagte Madhusudhan. “Zum Vergleich: Eine Transitbeobachtung mit Webb lieferte eine vergleichbare Präzision wie acht Beobachtungen mit Hubble, die über einige Jahre hinweg und in einem relativ engen Wellenlängenbereich durchgeführt wurden.”
“Diese Ergebnisse sind die Bilanz von nur zwei Beobachtungen von K2-18 b, und es werden noch viele weitere folgen”, erklärt Savvas Constantinou von der Universität Cambridge. “Das bedeutet, daß unsere Arbeit hier nur eine frühe Demonstration dessen ist, was Webb bei Exoplaneten der bewohnbaren Zone beobachten kann.”
Die Ergebnisse des Teams wurden zur Veröffentlichung in The Astrophysical Journal Letters angenommen.
Das Team plant nun Folgeuntersuchungen mit dem MIRI-Spektrographen (Mid-Infrared Instrument) des Teleskops, von denen es sich eine weitere Bestätigung seiner Ergebnisse und neue Erkenntnisse über die Umweltbedingungen auf K2-18 b erhofft.
“Unser ultimatives Ziel ist der Nachweis von Leben auf einem bewohnbaren Exoplaneten, was unser Verständnis von unserem Platz im Universum verändern würde”, schloß Madhusudhan. “Unsere Ergebnisse sind ein vielversprechender Schritt auf dieser Suche hin zu einem tieferen Verständnis von Hycean-Welten.”
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisa-tion).
Exoplanet K2-18 b (Abbildung)
Über das Bild: Diese Illustration zeigt, wie der Exoplanet K2-18 b aufgrund von wissenschaftlichen Daten aussehen könnte. K2-18 b, ein Exoplanet, der 8,6-mal so massereich ist wie die Erde, umkreist den kühlen Zwergstern K2-18 in der bewohnbaren Zone und ist 120 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Eine neue Untersuchung mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA von K2-18 b hat das Vorhandensein von kohlenstoffhaltigen Molekülen wie Methan und Kohlendioxid ergeben.
Die Häufigkeit von Methan und Kohlendioxid und der Mangel an Ammoniak stützen die Hypothese, daß es unter einer wasserstoffreichen Atmosphäre auf K2-18 b einen Wasserozean geben könnte.
In dieser Abbildung ist der Exoplanet K2-18 c zwischen K2-18 b und seinem Stern zu sehen.
Zusammensetzung der Atmosphäre des Exoplaneten K2-18 b (NIRISS & NIRSpec)
Über das Bild: Spektren von K2-18 b, die mit dem NIRISS (Near-Infrared Imager and Slitless Spectrograph) und dem NIRSpec (Near-Infrared Spectrograph) von Webb aufgenommen wurden, zeigen eine Fülle von Methan und Kohlendioxid in der Atmosphäre des Exoplaneten sowie den möglichen Nachweis eines als Dimethylsulfid (DMS) bezeichneten Moleküls.
Der Nachweis von Methan und Kohlendioxid sowie das Fehlen von Ammoniak deuten darauf hin, daß sich unter der wasserstoffreichen Atmosphäre von K2-18 b ein Ozean befindet.
K2-18 b, 8,6 Mal so massereich wie die Erde, umkreist den kühlen Zwergstern K2-18 in der bewohnbaren Zone und ist 110 Lichtjahre von der Erde entfernt.