CHEOPS charakterisiert Exoplaneten – von Bernd Scharbert

Ende 2019 startete die Europäische Weltraumorganisation ESA den Satelliten „CHEOPS“ (CHaracterising ExOPlanet Satellite). Damit steigt die ESA mit einer bedeutenden Mission in die Untersuchung extrasolarer Planeten ein. Der Start erfolgte mit einer Sojus-Fregat Rakete vom europäischen Raumfahrtzentrum Kourou in Südamerika. Das Weltraumteleskop wurde am „Center for Space and Habitability“ (CSH) der Universität Bern entwickelt, zusammengebaut und getestet. CHEOPS bewegt sich in ca. 700 km Höhe in einem sonnensynchronen Orbit entlang der Tag/Nachtgrenze um die Erde [1].

CHEOPS im Erdorbit © ESA

CHEOPS‘ primäre Aufgabe ist nicht die Suche nach neuen Planeten außerhalb unseres Sonnensystem. Der Satellit soll bekannte Exoplanten beobachten, wobei natürlich weitere Planeten des Sterns entdeckt werden können. Aus den Daten des KEPLER-Satelliten weiß man dass 1/3 aller Sterne, die über Planeten von Neptungröße verfügen, auch von kleineren Planeten umkreist werden. Von daher wird sich sicherlich der eine oder andere neue Planet in (ungefähr) Erdgröße finden.

Der Vorteil von CHEOPS liegt gerade in der Tatsache, dass der Satellit *nicht* nach neuen Planeten sucht. Denn dann müsste eine Vielzahl von Sternen ständig überwacht werden. Statt dessen konzentriert sich die Mission auf kleine Planeten deren Masse genau bekannt ist, sowie auf Planeten von Neptungröße. Da deren Umlaufbahnen schon bekannt sind, weiß man wann der jeweilige Stern beobachtet werden muss. Im Fokus sind dabei helle, ruhige Sterne in sonnennähe. Das erlaubt eine präzisere Messung – und genau darauf kommt es bei CHEOPS an.

Der Durchmesser der Planeten soll – je nach Größe – auf bis zu 10% genau bestimmt werden. Für Planeten von Neptungröße eventuell sogar noch genauer. Daraus lässt sich u.a. ableiten ob der Planet eine ausgedehnte Atmosphäre besitzt. Das wiederum lässt z.B. Rückschlüsse auf die Entstehung dieser Art von Planeten zu und auf die Entwicklung von Planetensystemen. Ist die Atmosphäre nicht signifikant, handelt es sich evtl. um einen erdähnlichen Planeten.

Auf diese Art liefert CHEOPS auch ein Liste der Planeten, die später durch das James-Webb-Space-Telescope (dem Hubble-Nachfolger) oder das European-Extremely-Large-Telescope der ESO genauer untersucht werden sollen. Darüber hinaus wird Zeit für die Helligkeitsmessung an anderen astronomischen Objekte zur Verfügung gestellt.

Nach den üblichen Tests vor der eigentlichen Inbetriebnahme war es am 7. Februar soweit: „First Light“ des 32 cm Teleskops! Und das sah so aus:

Das erste Bild von CHEOPS [2]

Ooooops!? So ein Bild würde keiner der Astrofotografen der Vokssternwarte öffentlich herumzeigen. Das löscht man unauffällig und versucht es noch einmal… Also was nun? 50 Millionen Euro für ein unscharfes Bild? Ja – denn: „das gehört so“!

CHEOPS verwendet die Transit-Methode um die Größe des Exoplaneten zu messen. D.h. das Teleskop beobachtet wie der Planet vor dem Stern vorbeizieht. Stern und Planet sind aufgrund ihrer Entfernung allerdings so klein, dass kein Scheibchen erkennbar ist. Weder vom Stern und schon gar nicht vom Planeten. Doch auch wenn das Ereignis nicht direkt beobachtbar ist, verdeckt der Planet ein bisschen den Stern, wodurch dessen Helligkeit etwas abnimmt.

Das unscharfe Bild des CHEOPS-Teleskops ist das Ergebnis der speziellen Teleskopoptik, die absichtlich (!) defokussiert wird, um die Präzision der Messungen von Cheops zu maximieren [2]. Durch die Defokussierung verteilt sich das Bild des Sterns auf mehrere Pixel der Kamera. Dadurch wird z.B. das Zittern des Satelliten „geglättet“, wodurch sich die photometrische Präzision erhöht. Nach den ersten Bildern zeigte sich dass die Erwartungen bzgl. Glättung und Symmetrie sogar übertroffen werden [3].

Auch beim KEPLER-Satelliten war das Bild übrigens nicht scharf – aus dem gleichen Grund [4].

Die meisten der bisher bekannten Exoplaneten wurde mit der Transit-Methode entdeckt. Da gab es den französischen Satelliten COROT (bis 2012) und später die Satelliten KEPLER (bis 2018) und nun TESS der NASA. Außerdem gibt es eine Reihe von Teleskopen auf der Erdoberfläche, die mit dieser Methode nach Exoplaneten fahnden (z.B. TRAPPIST, NGTS).

Helligkeitsabfall während des Transits [5]

Transits liefern den Durchmesser (und damit das Volumen) des Planeten. Ein anderes wichtiges Verfahren – die Radialgeschwindigkeitsmethode – liefert die Masse. Ist beides bekannt kann die Dichte des Planeten errechnet werden (Masse / Volumen = Dichte). Aktuell (Stand Februar 2020 [6]) ist für ca. 500 Planeten die Dichte bekannt  – in der Regel allerdings mit einem beträchtlichen Fehler in der Genauigkeit (oft bis zu 20%, mitunter auch 50% und mehr).

Mittels der Dichte lassen sich wichtige Aussagen über den Planeten treffen. Ist die Dichte ungefähr 5,5 g/cm3, dann ist die Dichte gleich der der Erde. Ist sie 1,6 g/cm3, ist es ein Planet der eher dem Gasplaneten Neptun ähnelt (auch „Eisplanet“ genannt).  

Durch die Dichte kann der Planet also charakterisiert werden! Das ist vor allem bei Super-Erden wichtig. Diese finden sich häufig bei anderen Sternen und haben ca. 2 – 10 Erdmassen. Derartige Objekte finden sich in unserem Sonnensystem nicht – was ihre Einordnung schwierig macht. Hier hilft die Dichte weiter: Handelt es sich eher um einen Gasplaneten (ausgedehnte Atmosphäre), einen Wasserplaneten oder um einen erdähnlichen Gesteinsplaneten oder … ?

CHEOPS wird die Angaben zum Durchmesser und somit zur Dichte deutlich verbessern – aber warum ist diese Messung so schwierig?

Wenn außerirdische Forscher die Helligkeit der Sonne messen um einen erdgroßen Planeten nachzuweisen, muss eine Helligkeitsschwankung  von 0,0084% nachgewiesen werden können. Das ist nicht viel wenn man sich diese Zahlen anschaut: KEPLER verfügte über eine Messgenauigkeit von 0,0029%, bei TESS sind es 0,005%, CHEOPS soll mindestens 0,002% erreichen. Achtung: Diese Angaben sind ungefähre Werte, sie hängen von verschiedenen Faktoren (z.B. Sternhelligkeit, Sterngröße, Planetengröße) ab. Das Signal für erdgroße Planeten ist also nicht sehr viel größer als die Messgenauigkeit….

Die Grafik oben zeigt eine sehr idealisierte Darstellung eines Transits: Der Stern leuchtet brav vor sich hin, der Planet deckt ihn ab wodurch die Helligkeit des Sterns abfällt. Das wird gemessen und gut ist’s… Und damit kommen wir zu den spannenden Aspekten der Transit-Methode 😉

Die Helligkeitsschwankungen des Sterns selbst sorgten schon während der KEPLER-Mission für Überraschungen, weil größer als gedacht. Außerdem: Auch das Photometer welches die Helligkeit misst hat ein Rauschen. Insgesamt sieht das für CHEOPS dann so aus:

Simulation einer Messung mit CHEOPS (Erdgroßer Planet, mit 60 Tagen Umlaufzeit um einen Stern von 0,9facher Sonnenleuchtkraft und 8 Magnituden Helligkeit. Aufnahmedauer [schwarze Punkte] jeweils 1 Minute, rote Punkte sind Mittelwerte über 1 Stunde) [7]

So etwas nennt man einen „flachen Transit“! Der Planet ist im Vergleich zum Stern eben recht klein. Somit ist auch der Helligkeitsabfall gering. Kann ein Helligkeitsabfall im gleichen zeitlichen Abstand mehrfach beobachtet werden, so ist dafür wahrscheinlich ein Planet verantwortlich. Das ist immerhin eine Erkenntnis! Bei der Beobachtung der Erde müssten die außerirdischen Forscher jeweils 365 Tage warten – und die irdischen Forscher natürlich auch, wenn sie nach einem erdgroßen Planeten bei einem sonnengroße Stern suchen.

Das dauert natürlich – CHEOPS wird daher Planeten beobachten, deren Umlaufzeit ca. 50 Tage oder kürzer ist. Und das bei Sternen die (etwas) kleiner als die Sonne sind (Spektraltyp G5 bis K).

Kürzere Umlaufzeiten haben noch einen anderen ganz wichtigen Vorteil: Legt man die Messungen der einzelnen Transits „übereinander“, verbessert sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis und der Verlauf der Kurve tritt deutlicher hervor. Je mehr Transit-Beobachtungen man übereinanderlegt, umso besser wird das. Und das ist durchaus interessant, denn daraus lassen sich weitere wichtige Daten ableiten.

Die Transit-Methode liefert direkt nämlich nur den Prozentsatz, um den die Helligkeit des Sterns abnimmt. Sie liefert keine absoluten Wert für den Durchmesser des Planeten! Um den zu erhalten muss der Sterndurchmesser bekannt sein. Und den kann man aus der genauen Lichtkurve beim Transit erhalten [8].

Durch die hochpräzisen Messungen lässt sich evtl. auch das zweite Minimum der Helligkeitskurve bestimmen, oder die Phasen des Planeten:

Gesamter Helligkeitsverlauf eines Exoplaneten [8]

Genauso wie wir von der Erde aus die Phasen von Merkur und Venus beobachten können, zeigen auch der Exoplaneten Phasen. Nur dass diese aufgrund der Entfernung nicht sichtbar sind, sie spiegeln sich aber in der Lichtkurve wider. Je nach Phase und Rückstrahlvermögen reflektiert der Planet entsprechend viel oder wenig Licht.

Aus dem Helligkeitsverlauf – wenn er genau genug bekannt ist – kann daher das Rückstrahlvermögen (die “Albedo“) des Planeten abgeleitet werden, was weitere Schlüsse über dessen Beschaffenheit zulässt. So hat z.B. der Erdmond eine Albedo von 0,11; die Erde von 0,3.

Bei Gasplaneten die ihren Stern eng umkreisen – sogenannte „heiße Jupiter“ – sind vielleicht Aussagen über den Energiefluss von der Tag- zur Nachtseite möglich. Planeten in engen Orbits zeigen (wahrscheinlich immer) mit der gleichen Seite zum Stern. Eine Seite ist also sehr heiß und die andere kühler. Zur Klärung wie das genau aussieht kann CHEOPS beitragen.

Am Anfang des Artikels wurde erwähnt dass CHEOPS neue erdgroße Planeten finden kann, wo schon Planeten in Neptungröße bekannt sind. Auch dafür sind genaue Helligkeitskurven erforderlich. Die Planeten beeinflussen ihre Bahnen gegenseitig – was am Zeitpunkt des Transits des neptungroßen Planeten erkannt werden kann. Der verändert sich dann nämlich von Transit zu Transit leicht.

So erhalten wir durch die hohe Präzision von CHEOPS genauere Daten über Exoplaneten und es werden vielleicht neue Planeten gefunden. Unser Wissen über diese fernen Welten wird erweitert – ein weiterer wichtiger Schritt zur Antwort auf die Frage: Wo in unserer Milchstraße gibt es Planeten, die höhere Lebensformen beherbergen können? Und damit: Sind wir alleine im Universum? (was eine ziemlich Platzverschwendung wäre – sagt Carl Sagan)

Im Seminar „Die Suche nach der zweiten Erde“ am 27.6.2020 werden die einzelnen Nachweismethoden und der bisherige Stand der Suche erläutert.

Quellen: