Originalveröffentlichung am 24.07.2024 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Epsilon Indi Ab ist kälter als jeder andere photographierte Planet außerhalb unseres Sonnensystems
Wenn außerirdische Astronomen in einem nahen Sternsystem ein Teleskop wie das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA besäßen und es auf unser Sonnensystem ausrichteten, dann sähe der Jupiter vielleicht so aus wie dieses neue Webb-Bild des Exoplaneten Epsilon Indi Ab. Mit einer geschätzten Temperatur von 2 Grad Celsius ist er einer der kältesten Exoplaneten, die bisher direkt entdeckt wurden. Epsilon Indi Ab ist nur etwa 100 Grad Celsius wärmer als die Gasriesen in unserem Sonnensystem. Da so viele bekannte Exoplaneten den Planeten unseres Sonnensystems überhaupt nicht ähneln, bietet Epsilon Indi Ab den Astronomen eine seltene Gelegenheit, die atmosphärische Zusammensetzung echter Analoga des Sonnensystems zu untersuchen.
Ein internationales Astronomenteam hat mit NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop einen Exoplaneten, der etwa 12 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, direkt abgebildet. Der Planet, Epsilon Indi Ab, ist einer der kältesten Exoplaneten, die bisher beobachtet wurden.
Der Planet hat die mehrfache Masse des Jupiters und umkreist den Stern Epsilon Indi A (Eps Ind A), ein Stern vom Typ K, der etwa so alt ist wie unsere Sonne, aber etwas kühler. Das Team beobachtete Epsilon Indi Ab mit dem Koronographen des MIRI-Instruments (Mid-Infrared Instrument) von Webb. Nur ein paar Dutzend Exoplaneten wurden bisher von weltraum- und bodengestützten Observatorien direkt abgebildet.
“Unsere früheren Beobachtungen dieses Systems sind eher indirekte Messungen des Sterns gewesen, die es uns ermöglichten, im Voraus zu erkennen, daß es in diesem System wahrscheinlich einen riesigen Planeten gibt, der an dem Stern zerrt”, sagte Teammitglied Caroline Morley von der University of Texas in Austin. “Deshalb hat unser Team dieses System ausgewählt, um es zuerst mit Webb zu beobachten.”
“Diese Entdeckung ist aufregend, weil der Planet dem Jupiter recht ähnlich ist – er ist etwas wärmer und massereicher, aber er ist dem Jupiter ähnlicher als jeder andere Planet, der bisher abgebildet wurde”, fügte die Erstautorin Elisabeth Matthews vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Deutschland hinzu.
Ein analoges Sonnensystem
Bei den bisher abgebildeten Exoplaneten handelt es sich in der Regel um die jüngsten und heißesten Exoplaneten, die noch einen Großteil der Energie aus der Zeit ihrer Entstehung abstrahlen. Da Planeten im Laufe ihres Lebens abkühlen und sich zusammenziehen, werden sie deutlich lichtschwächer und sind daher schwerer abzubilden.
“Kalte Planeten sind sehr lichtschwach, und der Großteil ihrer Strahlung liegt im mittleren Infrarot”, erklärt Matthews. “Webb ist ideal geeignet, um Aufnahmen im mittleren Infrarotbereich zu machen, was vom Boden aus nur sehr schwer möglich ist. Wir brauchten auch eine gute räumliche Auflösung, um den Planeten und den Stern in unseren Bildern zu trennen, und der große Webb-Spiegel ist in dieser Hinsicht äußerst hilfreich.”
Epsilon Indi Ab ist einer der kältesten Exoplaneten, die bisher direkt entdeckt wurden, mit einer geschätzten Temperatur von 2 Grad Celsius – kälter als jeder andere abgebildete Planet außerhalb unseres Sonnensystems und kälter als alle außer einem frei schwebenden Braunen Zwerg. Der Planet ist nur etwa 100 Grad Celsius wärmer als die Gasriesen in unserem Sonnensystem. Damit bietet sich den Astronomen die seltene Gelegenheit, die atmosphärische Zusammensetzung echter Analoga des Sonnensystems zu untersuchen.
“Astronomen stellen sich Planeten in diesem System schon seit Jahrzehnten vor; fiktive Planeten, die Epsilon Indi umkreisen, waren Schauplatz von Star-Trek-Episoden, Romanen und Videospielen wie Halo”, fügt Morley hinzu. “Es ist aufregend, dort tatsächlich einen Planeten zu sehen und seine Eigenschaften zu messen.”
Nicht ganz so wie vorhergesagt
Epsilon Indi Ab ist der zwölftnächste bisher bekannte Exoplanet in Erdnähe und der nächstgelegene Planet, der massereicher als Jupiter ist. Das Wissenschaftsteam entschied sich für die Untersuchung von Eps Ind A, weil das System Hinweise auf einen möglichen planetarischen Körper lieferte. Dazu wurde eine Technik namens Radialgeschwindigkeit verwendet, welche die Hin- und Her-Bewegungen des Wirtssterns entlang unserer Sichtlinie mißt.
“Wir hatten zwar erwartet, in diesem System einen Planeten abzubilden, da es Hinweise auf seine Anwesenheit durch die Radialgeschwindigkeit gab, aber der Planet, den wir gefunden haben, entspricht nicht dem, was wir vorhergesagt hatten”, so Matthews. “Er ist etwa doppelt so massereich, etwas weiter von seinem Stern entfernt und hat eine andere Umlaufbahn als wir erwartet hatten. Die Ursache für diese Diskrepanz bleibt eine offene Frage. Auch die Atmosphäre des Planeten scheint ein wenig anders zu sein als die Modellvorhersagen. Bisher haben wir nur wenige photometrische Messungen der Atmosphäre, so daß es schwierig ist, Schlußfolgerungen zu ziehen, aber der Planet erscheint bei kürzeren Wellenlängen schwächer als erwartet.”
Das Team vermutet, daß dies bedeuten könnte, daß es in der Atmosphäre des Planeten viel Methan, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid gibt, welche die kürzeren Wellenlängen des Lichts absorbieren. Dies könnte ebenso auf eine sehr bewölkte Atmosphäre hindeuten.
Die direkte Abbildung von Exoplaneten ist für die Charakterisierung besonders wertvoll. Die Wissenschaftler können das Licht des beobachteten Planeten direkt sammeln und seine Helligkeit bei verschiedenen Wellenlängen vergleichen. Bislang hat das Wissenschaftsteam Epsilon Indi Ab nur bei einigen wenigen Wellenlängen gemessen, aber es hofft, den Planeten in Zukunft mit Webb erneut zu besuchen, um sowohl photometrische als auch spektroskopische Beobachtungen durchzuführen. Sie hoffen auch, andere ähnliche Planeten mit Webb zu entdecken, um mögliche Trends in Bezug auf ihre Atmosphären und die Entstehung dieser Objekte zu erkennen.
Das geplante Nancy Grace Roman Weltraumteleskop der NASA wird einen Koronographen einsetzen, um die Technologie der direkten Bildgebung zu demonstrieren, indem es Jupiterähnliche Welten, die sonnenähnliche Sterne umkreisen, photographiert – etwas, das bisher noch nie gemacht wurde. Diese Ergebnisse werden den Weg für künftige Missionen zur Erforschung noch erdähnlicherer Welten ebnen.
Diese Ergebnisse wurden mit dem Webb Cycle 1 General Observer Program 2243 aufgenommen und in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Exoplanet Epsilon Indi Ab (MIRI Ansicht)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Eps Ind A; HD209100; HIP108870
- Objektbeschreibung: Exoplanet
- Rektaszension: 22:03:21.65
- Deklination: -56:47:09.52
- Sternbild: Indus
- Entfernung: 12 Lichtjahre
- Daten
- Instrument: MIRI
- Filter: F1065C, F1550C
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit von Einzelaufnahmen, die das James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument MIRI und einem Koronographen aufgenommen wurden. Es wurden zwei Filter verwendet, um einen breiten Wellenlängenbereich zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F1065C Orange: F1550C
Über das Bild: Dieses Bild des exoplanetaren Gasriesen Epsilon Indi Ab wurde mit dem Koronographen des MIRI (Mid-Infrared Instrument) an Bord des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA aufgenommen. Ein Sternsymbol markiert die Position des Wirtssterns Epsilon Indi A, dessen Licht durch den Koronographen blockiert wurde, was zu dem dunklen Kreis mit der gestrichelten weißen Linie führt. Epsilon Indi Ab ist einer der kältesten Exoplaneten, die jemals direkt abgebildet wurden. Dem Licht bei 10,6 Mikrometern wurde die Farbe Blau zugeordnet, während das Licht bei 15,5 Mikrometern die Farbe Orange erhielt. MIRI konnte den Planeten, der eine Punktquelle ist, nicht auflösen.