trans-Thioameisensäure (t-HC(O)SH)

(Originalartikel unter https://www.astrochymist.org)

Das trans-Rotamer der Thioameisensäure, t-HC(O)SH, wurde von Rodríguez-Almeida und seinen Mitarbeitern im galaktischen Zentrum in Richtung der Quelle G+0.693–0.027 entdeckt, wie 2021 berichtet. Die Beobachtungen wurden mit dem IRAM 30-m- und dem Yebes 40-m-Teleskop durchgeführt, wobei neun Übergänge vom Typ a nachge-wiesen wurden. Trans-Thioameisensäure wurde auch in Richtung des massereichen protostellaren Kerns G31.41+031 von García de la Concepción und seinen Mitarbeitern ausfindig gemacht. Die cis-Form wurde in beiden Fällen nicht nachgewiesen. Wang und Mitarbeiter identifizierten einen möglichen Bildungsweg zu t-HC(O)SH auf interstellarem Eis, während Molpeceres und Mitarbeiter die Zerstörung von Ameisen- und Thioameisensäure durch H-Absorptions-reaktionen beschrieben.

Zusätzlich zu den trans- und cis-Rotameren – genauer anti- und syn-Formen, da sich die Rotation um eine Einfachbindung statt um eine Doppelbindung dreht – gibt es bei der Thioameisensäure zwei isomere Formen, die energetisch nahe beieinander liegen. Der Schwefel in der nachgewiesenen und stabilsten Form der Thioameisensäure, HC(O)SH, liegt in Form eines Thiols (-SH) vor, der Schwefelversion der Hydroxylgruppe (-OH) in Alkoholen. In der anderen Form der Thioameisensäure, HC(S)OH, liegt der Schwefel in Form eines Thions bzw. Thials (=S) vor, der Schwefelversion eines Ketons bzw. Aldehyds (=O). Lignell und seine Mitarbeiter haben die Schwingungsspektren dieser Verbindungen sowie der Dithioameisensäure HC(S)SH bestimmt. Mindestens zwei weitere, weniger stabile Isomere sind bekannt: Sulfin, H2CSO, und HCSOH, ein Carben, das durch eine dative π-Bindung zwischen den Atomen C und S stabilisiert ist (und nicht durch eine C≡S-Dreifachbindung, wie von Schreiner et al. angegeben). Die Strukturen von t-HC(S)OH, H2CSO und HCSOH sind in der Abbildung unten dargestellt.

Isomere

t-HC(S)OH
H2CSO
HCSOH