Reionisation von Helium im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein falschfarbener, simulierter Schnappschuß von doppelt ionisiertem Helium im Universum, als es nur ungefähr 2.5 Milliarden Jahre alt war; der Ausschnitt hat eine Abmessung von etwa 1.4 Milliarden Lichtjahre. McQuinn et al.


 
In seinen frühesten Jahren war das Universum so heiß, daß Elektronen und Protonen sich nicht verbinden konnten, um neutrale Atome zu bilden; man sagt, die Materie lag in ionisierter Form vor. Aber nach 380.000 Jahren, als sich das Universum genügend abgekühlt hatte, konnten sich Elektronen und Protonen zu neutralen Atomen verbinden; es entstand größtenteils Wasserstoff (etwa 75%) und Helium (etwa 25%). Viel später in der kosmischen Entwicklung – die genaue Datierung ist gegenwärtig ein sehr betriebsames Forschungsfeld, doch eventuell nach ein paar Hundert Millionen Jahren – entwickelte sich aus den riesigen Wolken atomaren Gases die erste Sterngeneration und diese Sterne emittierten ausreichend energiereiches ultraviolettes Licht, um den Wasserstoff in ihrer Nähe erneut zu ionisieren. Während das Universum nicht aufhörte, sich weiter auszudehnen und zu entwickeln, setzten neuere Sterngenerationen die Reionisation des neutralen Wasserstoffs in ihren Umgebungen fort. Reionisation ist ein wichtiger Effekt, denn er läßt erkennen, wo Sterne entstanden sind und, wenn die Sternbildung in kosmischen Distanzen beobachtet wird, liefert sie wichtige Einzelheiten über die Bildung und frühe Entwicklung des Universums.
Die Suche nach Anzeichen für ionisierten Wasserstoff von vor zig-Milliarden Jahren ist keine leichte Aufgabe. Eine Möglichkeit zur Untersuchung der kosmischen Reionisation besteht darin, den Vorteil der gewaltigen Leuchtkräfte entfernter Quasare zu nutzen. Quasare sind Galaxien mit massereichen Schwarzen Löchern, um die herum gewaltige Mengen an Energie abgestrahlt werden; Quasare gehören in der Tat zu den leistungsstärksten Energiequellen, die man kennt. Obwohl vergleichsweise selten, sind Quasare so hell, daß sie selbst in sehr großer Entfernung beobachtet werden können: bei kosmologischen Distanzen und damit in den frühen Epochen des Universums, als Galaxien noch am Wachsen waren. Wenn irgendwelche Wolken aus ionisiertem Wasserstoff zufällig zwischen uns und dem Quasar liegen, können Astronomen diese messen, da die Wolken das Licht des Quasars bei ganz bestimmten optischen Wellenlängen absorbieren. Die erste Entdeckung dieser Wolken erfolgte tatsächlich in den 1960-ern, jedoch mit Quasaren, die näher bei uns liegen.
Wasserstoff ist nicht das einzige Element, das erneut ionisiert werden kann – auch Helium kann wieder ionisiert werden. Jedoch ist Helium viel schwerer zu reionisieren. Ultraviolette Photonen benötigen etwa 4-mal mehr Energie zum Reionisieren von Helium als von Wasserstoff. Dies bedeutet, daß nur die leistungsstärksten Quellen ausreichend ultraviolettes Licht erzeugen können und dies wiederum besagt, daß die Bedingungen in der Umgebung ziemlich extrem sein müssen. Reionisation von Helium ist auch in Absorption an einigen Quasaren gemessen worden. Das Verstehen der Folgen der Helium-Reionisation ist indes bisher eine schwierige Herausforderung gewesen.
Matthew McQuinn, Adam Lidz, Matias Zaldarriaga, Lars Hernquist, Philip Hopkins, Suvendra Dutta und Claude-André Faucher-Giguère vom CfA haben eine Untersuchung zur Reionisation von Heliumatomen im jungen Kosmos durchgeführt. Die theoretischen Modelle stehen wie die Simulationen der Gruppe im Großen und Ganzen mit den Beobachtungen in Übereinstimmung und sie ziehen den Schluß, daß starke Quasare Helium wieder ionisieren können. Die Ergebnisse zeigen zudem, daß die Temperaturen in solchen Gebieten um 15.000 Kelvin höher liegen können als anderseits erwartet, doch in Übereinstimmung mit anderen Temperaturmessungen des intergalaktischen Gases. Die Astronomen berichten, daß das energiereiche ultraviolette Licht, das für die Reionisation des Heliums verantwortlich ist, Distanzen von zig-Millionen Lichtjahren durchqueren und „Blasen“ aus Helium hervorbringen kann, deren Randgebiete ziemlich weit von den Quasaren entfernt liegen können. Die Arbeit stellt einen bedeutenden Fortschritt in unserer Fähigkeit dar, sowohl die Bedingungen in Gaswolken bei kosmischen Entfernungen als auch die Bedingungen im frühen Universum zu verstehen.