Planetarische Nebel – Edelsteine am Himmel – von Harald Horneff

Wer kennt sie nicht, jene schönen Objekte, die uns in Zeitschriften oder wissenschaftlichen Sendungen präsentiert werden: die Planetarischen Nebel (Abb. 1a und 1b).

Abb. 1a: M57 oder Ring-Nebel
Abb. 1b: Katzenaugen-Nebel

Die erste nachgewiesene Beobachtung eines Planetarischen Nebels in der Neuzeit wird dem französischen Kometenjäger Charles Messier (26.06.1730 – 12.04.1817, Abb. 2a) zugeschrieben. Er entdeckte im Sternbild Vulpecula (das Füchschen) am 12.07.1785 den Hantel-Nebel und beschrieb ihn mit den Worten: „Ein Nebel ohne Stern, der in ovaler Form erscheint“. Messier dürfte den Nebel in etwa so gesehen haben, wie er in Abb. 2b erscheint.

Abb. 2a: Charles Messier
Abb. 2b : M27 oder Hantel-Nebel

Messier, nur an Kometen interessiert, schenkte diesem Objekt keine weitere Beachtung. Um was es sich bei dem „Nebel“ handelte, blieb offen.

1781 entdeckte der aus dem Königreich Hannover stammende und nach England ausgewanderte deutsch-englische Astronom Friedrich Wilhelm Herschel (15.11.1738 – 25.08.1822, Abb. 3a) den Planeten Uranus. Der in den damaligen Teleskopen leicht verschwommene („nebelartige“), grünliche Uranus (Abb. 3b) zeigte in Herschel‘s Teleskop ein ähnliches Aussehen wie weitere von ihm beobachtete, „nebelartige“ und grünliche Objekte. Da diese Objekte aber ihre Position am Himmel nicht veränderten, konnte es sich nicht um Planeten handeln. Ohne zu wissen, mit was er es wirklich zu tun hatte, gab Herschel diesen Objekten im Jahr 1785 in Anlehnung an den erst kurz zuvor entdeckten Planeten Uranus die Bezeichnung „Planetarische Nebel“.

Abb. 3a: Friedrich Wilhelm Herschel
Abb. 3b : Uranus

Nach Herschel wurde viel spekuliert, um was es sich bei den nebelartigen, grünlichen Objekten handeln könnte. So wurde unter anderem vermutet, es müsse sich um Sternhaufen handeln, die man mit den damaligen Instrumenten nicht in einzelne Sterne auflösen könne. Die Entwicklung einer neuen Untersuchungstechnik, der Spektroskopie, führte zu einem neuen Ansatz bei dem Versuch, Planetarische Nebel zu erklären. Sir William Huggins (07.02.1824 – 12.05.1910, Abb. 4), ein berühmter englischer Astronom, brachte folgende Überlegung ins Spiel: Wenn es sich bei den Planetarischen Nebeln um im Teleskop nicht aufgelöste Sternhaufen handeln sollte, müsse man ein Kontinuumsspektrum (Abb. 6) erhalten, da die Sterne über alle möglichen Wellenlängen (wavelenght) ihre Energie mit unterschiedlichen Intensitäten (intensity) abstrahlen.

Abb. 4: Sir William Huggins
Abb. 5: Katzenaugen-Nebel

Am 29.08.1864 nimmt Huggins dann zum ersten Mal ein Spektrum eines Planetarischen Nebels auf. Er untersuchte den Katzenaugen-Nebel (Abb. 5) im Sternbild Draco (Drache) und erhält nicht das erwartete Kontinuumsspektrum. Damit war die These der nicht im Teleskop aufgelösten Sternhaufen am Ende. Vielmehr fand Huggins ein Emissionslinienspektrum (Abb. 7), d.h., Energie wird nur bei bestimmten Wellenlängen abgegeben. Dies war ein erster Hinweis darauf, daß es sich bei Planetarischen Nebeln um „Gaswolken“ handeln muß.

Abb. 6 : Kontinuumsspektrum
Abb. 7 : Emissionslinienspektrum

Nachdem klar war, daß Planetarische Nebel aus „Gaswolken“ bestehen, war die erste und für ihre Zeit auf Grund mangelnder Kenntnisse in Atomphysik und Astronomie vernünftige Annahme, daß es sich um diejenigen Gaswolken handeln muß, aus denen Sterne entstehen. Doch mit zunehmendem Verständnis für die Entstehung und Entwicklung von Sternen sowie den hinter den Emissionslinien stehenden quantenmechanischen Aspekten begann auch diese Sicht der Dinge Risse zu bekommen.

So fand durch ein tiefergehendes Verständnis für die Quantenmechanik das grünliche Leuchten der Planetarischen Nebel seine Erklärung in einem metastabilen Zustand des zweifach positiv geladenen Sauerstoffions O-III*. Doch kann dieser angeregte Zustand nur in einem fast leeren Raum längere Zeit hinweg existieren und dann die Energie in Form von Licht abstrahlen, da nur unter diesen Bedingungen ein Energieverlust durch Stoß mit anderen Atomen oder Ionen ausbleiben kann. Die Dichte, unter der man das grünliche Leuchten der angeregten Sauerstoffionen beobachten kann, ist aber so niedrig, daß die Gravitation in solch einer Gaswolke nicht ausreicht, um die Materie in einem Stern versammeln zu können. Darüber hinaus ist die Menge an Materie in der Wolke so gering, daß daraus kein Stern entstehen kann.

Dies sprach unter anderem gegen die Auffassung, Planetarische Nebel seien der Ausgangspunkt der Sternentstehung. Und so musste man seit Huggins erster spektroskopischer Untersuchung im Jahr 1864 bis ins Jahr 1956 warten, bis schließlich ein geradezu revolutionär neuer Ansatz ins Spiel gebracht wurde. Der damalige sowjetische, aus der Ukraine stammende Astronom Josef Samuilowitsch Shklovsky (01.07.1916 – 3.03.1985, Abb. 8) veröffentlichte die Vorstellung, daß Planetarische Nebel am Ende des Lebens eines Roten Riesen entstehen.

Abb. 8: Josef Samuilowitsch Shklovsky

Betrachten wir kurz die Idee von Shklovsky. Aus einem Protostern entwickelt sich im Laufe von einigen Millionen Jahren ein echter Stern. Dieser sonnenähnliche Stern verbrennt in seinem Inneren Wasserstoff zu Helium, erzeugt auf diese Weise Energie und kann so dem Zug der Gravitation über Milliarden von Jahren widerstehen. Geht der Brennstoff zur Neige, entwickelt sich der sonnenähnliche Stern langsam zu einem Roten Riesen. Dieser fusioniert in seinem Kernbereich jetzt die Asche aus dem Wasserstoffbrennen, das Helium, weiter zu Kohlenstoff und Sauerstoff. In einer Schale um den Kern herum wird aber weiterhin, im sogenannten Wasserstoffschalenbrennen, Wasserstoff zu Helium verbrannt. In diesem Stadium wird der Rote Riese immer instabiler und fängt an, thermische Pulse auszuführen. Das heißt, er zieht sich zusammen und dehnt sich wieder aus. Hierbei verliert der Rote Riese im Laufe von etwa 100 Millionen Jahren (bei Sternen mit einer Sonnenmasse) immer mehr die Möglichkeit, seine äußere Hülle an sich zu binden. Schließlich erlöschen sämtliche Kernfusionsprozesse im Stern und zurück bleiben ein heißer Sternkern und eine davon treibende äußere Hülle, die nun nach der Idee von Shklovsky den Planetarischen Nebel formt. Den Sternkern bezeichnet man als Weißen Zwerg und tatsächlich hat sich diese Vorstellung von der Entstehung Planetarischer Nebel als im Grunde genommen richtig erwiesen. Es sei hier kurz angemerkt, daß die in Planetarischen Nebeln zu findenden Elemente jenseits des Heliums auf Grund der Konvektion (Durchmischung) von ihrem Entstehungsort im Kern in die Hülle gelangten. Abbildungen 9a -9e zeigen den Weg vom Protostern bis zum Weißen Zwerg (nicht maßstabsgerecht).

Zum weiteren Verständnis über Planetarische Nebel haben später viele Wissenschaftler beigetragen. Stellvertretend seien einige genannt:

George Ogden Abell, US-amerikanischer Astronom (01.03.1927 – 07.10.1983)

Karl Gordon Henize, US-amerikanischer Astronaut / Astronom (17.10.1926 – 05.10.1993)

Luboš Kohoutek, tschechischer Astronom (29.01.1935)

Donald Howard Menzel, US-amerikanischer Astronom (11.04.1901 – 14.12.1976)

Rudolph Minkowski, deutsch-amerikanischer Astronom (28.05.1895 – 04.01.1976)

Die Namensgebung Planetarischer Nebel folgt auch heute keinem einheitlichen, internationalen Standard. Vielmehr werden die Planetarischen Nebel nach Katalogen benannt, in denen sie Beachtung gefunden haben. So hat zum Beispiel der Hantel-Nebel, der unter der Katalogbezeichnung M27 (die Nummer 27 im Messier-Katalog) beziehungsweise NGC 6853 (die Nummer 6853 im New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars) am bekanntesten ist, noch 26 weitere Bezeichnungen. Auch einfache umgangssprachliche Benennungen finden weitverbreitet in der Astronomie Verwendung. So kennt man den Hantel-Nebel auch unter seiner englischen Benennung Dumbbell oder Diabolo Nebula.

Im Folgenden sollen einige Planetarische Nebel genauer betrachtet und ihre Besonderheiten oder Fragen, die sie aufwerfen, beleuchtet werden. Es sei aber an dieser Stelle schon vorweggenommen, daß viele Antworten trotz intensiver Forschung noch nicht gegeben werden können.

A) Abell 39

Abb. 10: Abell 39 im Sternbild Herkules

Das Material dieses Planetarischen Nebels war einst die Atmosphäre eines sonnenähnlichen Sterns, die vor Tausenden von Jahren abgestoßen wurde. Die nahezu perfekte kugelförmige Struktur von Abell 39 erlaubt den Astronomen sehr genau zu bestimmen, welche Materie in der Kugelschale Licht absorbiert und emittiert. Dadurch erhält man von einer der größten Kugeln unserer Galaxis wertvolle Aussagen zur chemischen Zusammensetzung von Sternen. Die Beobachtungen legen den Schluß nahe, daß Abell 39 nur etwa die Hälfte der Sauerstoffmenge aufweist, die man in der Sonne findet; ein zwar bemerkenswerter, aber keineswegs überraschender Befund zur unterschiedlichen Chemie der Sterne. Überraschend ist hingegen die Feststellung, daß der im Nebelzentrum gelegene Stern um 0.1 Lichtjahr aus der zentrierten Lage verschoben ist. Der Grund dafür ist derzeit noch unbekannt. Abell 39 hat einen Durchmesser von 5 Lichtjahren und liegt etwa 7.000 Lichtjahre von uns entfernt.

B) NGC 6720

Abb. 11: Ring-Nebel im Sternbild Leier: Auch als Messier 57 bekannt

Der Ring-Nebel ist mit Ausnahme der Saturnringe vermutlich die berühmteste himmlische Ringstruktur. Die einfache, schöne Erscheinung dieses Planetarischen Nebels liegt am Blickwinkel. Von der Erde blicken wir direkt in eine tonnenförmig gebaute Gaswolke hinein, die von dem sterbenden, in der Mitte gelegenen Stern abgestoßen wurde. Astronomen des Hubble Heritage Project haben dieses detailreiche Bild aus Beobachtungsdaten erstellt, die mit dem Hubble-Teleskop gewonnen wurden. Sie setzten die bei einer bestimmten Temperatur auftretende natürliche Farbe ein, um so die Temperaturverteilung im stellaren Gasschleier abzubilden. Heißes „blaues“ Gas nahe dem die Energie liefernden zentralen Stern geht stufenweise mit zunehmender Entfernung in kühleres „grün und gelb“ leuchtendes Gas über. Am äußeren Rand findet sich das kühlste, in „rot“ strahlende Gas. Man erkennt in der Nähe dieser äußeren Begrenzung dunkle, langgestreckte Strukturen. Der Ring-Nebel liegt 2.000 Lichtjahre von der Erde entfernt im nördlichen Sternbild Leier und mißt im Durchmesser ungefähr 1 Lichtjahr.

C1) NGC 7293

Abb. 12: Helix-Nebel (optisch) im Sternbild Wassermann

Das Aussehen eines Planetarischen Nebels findet unter anderem deshalb Beachtung, da es vermutlich Rückschlüsse auf das Ende von Sternen zuläßt, die der Sonne sehr ähnlich sind. Neueste Beobachtungen mit dem 4-Meter-Teleskop Blanco in Chile sowie dem Hubble-Teleskop haben gezeigt, daß der Helix-Nebel keine einfache Spiralstruktur besitzt. Vielmehr besteht er aus zwei nahezu senkrecht zueinander stehenden Scheiben. Hinzu gesellen sich Bögen, Stoßfronten und weitere Strukturen, die nicht wirklich verstanden sind. Überhaupt zeigt der Helix-Nebel viele, auffallend geometrische Symmetrien. Wie ein einzeln stehender Stern solch eine schöne, doch geometrisch komplexe Figur hervorbringen konnte, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

C2) NGC 7293

Abb. 13: Helix-Nebel (infrarot) im Sternbild Wassermann

Die schaurig anmutende Aufnahme des Spitzer-Teleskops zeigt den kaum 700 Lichtjahren entfernt gelegenen Helix-Nebel im infraroten Licht. Staub läßt das kosmische Auge rot erscheinen. Das um den zentralen Weißen Zwerg gelegene Leichentuch aus Staub und Gas mißt etwa zwei Lichtjahre im Durchmesser. Die Daten des Spitzer-Teleskops zeigen nun, daß der zentrale Stern selbst in ein überraschend helles infrarotes Leuchten eingebettet ist. Verschiedene Modelle schlagen als Lösung der Beobachtung vor, daß das Leuchten von einer Scheibe aus Staubschutt hervorgebracht wird. Der Staub im inneren Bereich könnte sich durch Zusammenstöße von Objekten gebildet haben, die in einem Reservoir liegen, das dem Kuiper-Gürtel oder der kometenhaltigen Oort’schen Wolke unseres Sonnensystems entspricht. Wenn dies zutrifft, haben in dem weit entfernt gelegenen „Planetensystem“ die kometenartigen Objekte dann sogar die letzten Abschnitte der Sternentwicklung überlebt.

C3) NGC 7293

Abb. 14: Helix-Nebel am inneren Rand (optisch) im Sternbild Wassermann

Was verursacht in einigen Planetarischen Nebeln die ungewöhnlichen Knoten aus Gas und Staub? Die auch im Ring-, Hantel- und Eskimo-Nebel entdeckten Knoten wurden von keiner Theorie vorausgesagt und bis heute gibt es für diese Strukturen keine befriedigende Erklärung. Hier ist eine mit dem Hubble-Teleskop gewonnene Aufnahme des Helix-Nebels zu sehen, die sehr viele Einzelheiten der seltsamen und aus Gas bestehenden Knoten zeigt. Die kometenartigen Knoten vereinen Massen in der Größenordnung der Erde, doch die Radien schließen typischerweise das Mehrfache der Plutobahn ein. Eine Hypothese zur Fragmentation und Evolution der Knoten bezieht in die Erklärung Gas mit ein, welches durch einen weniger dichten, aber hochenergetischen Sternenwind nach außen geblasen wird. Dieser Wind geht von dem sich entwickelnden zentralen Stern aus. NGC 7293 ist das der Erde am nächsten gelegene Beispiel für einen Planetarischen Nebel und liegt ungefähr 700 Lichtjahre entfernt.

D) NGC 3242 oder „Geist des Jupiter“ und NGC 6826 oder „Das blinzelnde Auge“

Abb. 15a: „Geist des Jupiter“ im Sternbild Wasserschlange
Abb. 15b: „Das blinzelnde Auge“ im Sternbild Schwan

Neigt sich bei einem sonnenähnlichen Stern die im Innern ablaufende Kernfusion dem Ende zu, stößt er seine äußeren Schichten ab und bildet hier die NGC 3242 und NGC 6826 genannten Planetarischen Nebeln. Die Entfernung von NGC 3242 wird auf 1.400, die von NGC 6826 auf 2.200 Lichtjahre geschätzt. Die nah bei den beiden Enden der Nebel sichtbaren roten FLIERs (= Fast Low-Ionization Emission Regions = schnelle, schwach ionisierte Emissionsgebiete) sind noch immer voller Geheimnisse. Expandieren die mysteriöse FLIERs wie der Emissionsnebel ebenfalls nach außen? Wenn ja, dann weist der Bug ihrer Schockwellen in die falsche Richtung!

E) IC 418 oder „Spirograph-Nebel“

Abb. 16: „Spirograph-Nebel“ im Sternbild Hase

Der Planetarische Nebel IC 418, der wegen seiner Ähnlichkeit zu Zirkelzeichnungen deshalb auch Spirograph-Nebel genannt wird, zeigt Muster, die man nicht wirklich verstanden hat. Möglicherweise hängen die Strukturen mit den chaotischen Sternwinden zusammen, die von dem im Zentrum liegenden Stern ausgehen, der seine Helligkeit innerhalb weniger Stunden unvorhersehbar ändert. Während man die Existenz der Muster von IC 418 nur schwer erklären kann, dürfte man den Vorläuferstern recht gut verstanden haben. Dieser sollte vor nur wenigen Millionen Jahren unserer Sonne ähnlich gewesen sein und hat sich dann vor wenigen Tausend Jahren wahrscheinlich zu einem gewöhnlichen Roten Riesen entwickelt. Als dessen Kernbrennstoff zur Neige ging, begannen sich die äußeren Hüllen auszudehnen und einen heißen Kern zurückzulassen, der nun als Weißer Zwerg in der Bildmitte zu sehen ist. Dessen Licht regt die Atome im umgebenden Nebel an und bringt diesen zum Leuchten. IC 418 liegt etwa 2.000 Lichtjahre von uns entfernt und hat einen Durchmesser von etwas mehr als 0.3 Lichtjahren. Die mit dem Hubble-Teleskop gewonnene Falschfarbenaufnahme bringt die ungewöhnlichen Strukturen dieses faszinierenden Objekts deutlich zum Ausdruck.

F) NGC 6537 oder „Roter Spinnen Nebel“

Abb. 17: „Roter Spinnen Nebel“ im Sternbild Schütze

Der Planetarische Nebel „Rote Spinne“ zeigt das vielschichtige Netzwerk, das entstehen kann, wenn ein normaler Stern sein außen gelegenes Gas abstößt und zu einem Weißen Zwerg wird. Offiziell NGC 6537 bezeichnet, beherbergt dieser zweiflüglige symmetrisch aufgebaute Nebel einen der heißesten Weißen Zwerge, die man je beobachtet hat, vermutlich als Teil eines Binärsystems. Für die von den beiden in der Mitte gelegenen, zentralen Sternen ausgehenden Winde hat man Geschwindigkeiten von über 1.000 km/s gemessen. Diese Winde vergrößern den Nebel, strömen entlang der Nebelränder nach außen und führen dazu, daß Wellen aus heißem Gas und Staub zusammenstoßen. Die in den Schockfronten gefangenen Atome senden Licht aus, das in dieser eindrucksvollen Farbaufnahme des Hubble-Weltraum-Teleskops zu sehen ist. Der Nebel der Roten Spinne liegt im Sternbild Schütze. Seine Entfernung ist unklar, aber man schätzt sie auf ungefähr 4.000 Lichtjahre.

G) „Rotes Rechteck“

Abb. 18: „Rotes Rechteck“ im Sternbild Einhorn

Wie wurde der ungewöhnliche Rote Rechteck-Nebel geschaffen? Im Zentrum des Nebels liegt ein junges Binärsystem, das den Nebel zweifelsfrei mit Energie versorgt, aber bis jetzt nicht dessen Farben erklärt. Die ungewöhnliche Form des Roten Rechtecks ist vermutlich die Folge eines dichten Staubtorus, der die eigentlich kugelförmig nach außen weisende Gasströmung zu einer kegelförmigen, sich an den Spitzen berührenden Strömung einschnürt. Da wir den Torus von der Seite sehen, formen die Ränder der kegelförmigen Strukturen scheinbar ein X. Die ausgeprägten Sprossen lassen erkennen, daß die nach außen gerichtete Strömung stoßweise auftritt. Die außergewöhnlichen Farben des Nebels sind viel weniger gut verstanden. Zurzeit vermutet man jedoch, daß die Farben teilweise von Kohlenwasserstoff-Molekülen hervorgerufen werden, die sogar Bausteine organischen Lebens sein könnten. Der Rote Rechteck-Nebel liegt etwa 2.300 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Einhorn. Die kürzlich durch das Hubble-Teleskop gewonnene Aufnahme zeigt den Nebel mit zuvor noch nie gesehenen Einzelheiten. In einigen Millionen Jahren, wenn einer der beiden Zentralsterne seinen Kernbrennstoff vollends aufgebraucht haben wird, erblüht der Rote Rechteck-Nebel vermutlich in einer anderen Form als Planetarischer Nebel.

H) „Menzel 3“ oder „Ameisen-Nebel“

Abb. 19: „Menzel 3“ im Sternbild Winkelmaß

Menzel 3 wird von einem sonnenähnlichen Stern, der mit Sicherheit rund ist, abgestoßen. Aber weshalb sollte das abströmende Gas einen kompliziert aufgebauten, ameisenförmigen Nebel und nicht einfach einen kugelförmigen Nebel bilden? Anhaltspunkte zur Klärung dieser Frage könnten sich in der hohen Abströmgeschwindigkeit des Gases (etwa 1.000 km/s), im Magnetismus des Sterns und in der sich über 1 Lichtjahr erstreckenden Struktur selbst finden. Eine Hypothese nennt als Ursache für die Form des Nebels die Eigendrehung und das Magnetfeld des in der Mitte des Nebels zu sehenden Sterns. Beide Eigenschaften sollen im Wechselspiel miteinander das Gas zu einer „Ameise“ formen. Eine zweite These geht von einem binären System aus. Der zweite, dunklere Stern beeinflußt die abgestoßenen Gashüllen und trägt so zu deren Form bei. Menzel 3 soll diesen zweiten, dunkleren Stern verdecken, der den hellen Zentralstern in sehr kleinem Abstand umkreist. Der zentrale Stern ist unserer eigenen Sonne so ähnlich, daß das wachsende Verständnis über die Geschichte dieser gewaltigen „Weltraumameise“ hilfreiche Einblicke in die mögliche Zukunft unserer Sonne und Erde geben kann.

I) „Flaschenkürbis“

Abb. 20: „Flaschenkürbis“ im Sternbild Achterschiff

Die sich schnell ausdehnenden Gaswolken offenbaren das Ende des zentralen Sterns in diesem Nebel, der den Namen „Flaschenkürbis-Nebel“ (Calabash Nebula) trägt. Da dem einst sonnenähnlichen Stern der Kernbrennstoff ausgegangen ist, zieht sich das Innere zu einem Weißen Zwerg zusammen. Ein Teil der dabei freigesetzten Energie bewirkt, daß sich die Hülle des Sterns ausdehnt. Diese Hüllengase bilden einen Proto-Planetarischen Nebel und dringen dabei mit einigen Millionen Kilometer pro Stunde in das umgebende interstellare Gas ein. Die dabei entstandene und überschallschnelle Schockfront ionisiert Wasserstoff und Stickstoff, deren Atome in blauem Licht leuchten. Die Existenz einer kompliziert aufgebauten Schockfront wurde schon immer vermutet, konnte aber erst jetzt durch diese aussagekräftige Aufnahme bestätigt werden. Der sterbende Stern wird durch dichte Gas- und Staubschichten verdeckt. Der Flaschenkürbis-Nebel, der manchmal auch die Bezeichnung „Fauler Ei-Nebel“ (Rotten Egg Nebula) trägt, wird sich vermutlich im Verlauf der nächsten Tausend Jahre zu einem vollständigen bipolaren Planetarischen Nebel entwickeln. Zurzeit erstreckt sich der Flaschenkürbis-Nebel über etwa 1.4 Lichtjahre, ist ungefähr 5.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und kann im Sternbild Achterschiff ausfindig gemacht werden.

J) NGC 6543 oder „Katzenaugen-Nebel“

Abb. 21a: Zentralbereich „Katzenaugen-Nebel“ im Sternbild Drache
Abb. 21b: Umgebung „Katzenaugen-Nebel“ im Sternbild Drache

Durch die Abfolge regelmäßiger Pulsationen soll der im Katzenaugen-Nebel gelegene, sterbende Stern seine äußeren Schichten abgestoßen haben. Auf diese Weise formte er die einfachen äußeren Muster der staubhaltigen und konzentrischen Schalen. Die Bildung der schönen, aber viel komplexer aufgebauten inneren Strukturen ist demgegenüber viel weniger gut verstanden (linkes Bild). Die Symmetrie im innersten, zentralen Bereich ist beeindruckend. Durch Datenbearbeitung hat man auf dem rechten Falschfarbenbild den riesigen äußeren, aber extrem lichtschwachen Halo aus gasförmigem Material sichtbar machen können. Dieser Halo, der den helleren und bekannteren Teil des Nebels umgibt, hat einen Durchmesser von über 3 Lichtjahren. Mit Daten des auf den Kanarischen Inseln stehenden Nordic Optical Telescope gefertigt, zeigt das Bild den ausgedehnten Emissionsbereich des Nebels. Planetarische Nebel wurden lange Zeit als letzte Stufe im Leben eines sonnenähnlichen Sterns angesehen. Inzwischen hat man aber Planetarische Nebel gefunden, die wie NGC 6543 einen Halo aufweisen, der vermutlich aus Material besteht, das im Laufe früherer aktiver Phasen der Sternentwicklung abgestoßen wurde. Während man die Lebensdauer eines Planetarischen Nebels auf etwa 10.000 Jahre schätzt, kommt man für die äußeren filamentartigen Strukturen im Katzenaugen-Nebel auf ein Alter von 50.000 bis 90.000 Jahre.

Zum Schluß sollen die wichtigsten Daten der Planetarischen Nebel zusammengefaßt werden. So existieren diese faszinierenden Objekte nur rund 10.000 Jahre lang und bestehen großteils aus Wasserstoff und Helium. Nur etwa 2 % des Materials besteht aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und schwereren Elementen, die jedoch für die galaktische Evolution von größter Bedeutung sind. Die toten, aber heißen Zentralobjekte nennt man Weiße Zwerge, welche im Extremfall bis zu 250.000 K heiß sein können. Die von ihnen kommenden UV-Photonen ionisieren das Hüllengas und regen es zum Leuchten an. Man kennt von den im Durchschnitt ungefähr 1 Lichtjahr großen Planetarischen Nebel etwa 1.800 in unserer Milchstraße.

Viele Fragen sind noch offen und das Forschungsfeld ist weit. Es ist zu erwarten, daß in den nächsten Jahren so manch hier unbeantwortet gebliebene Frage dann einer Lösung zugeführt werden kann.

Abbildungsnachweis

1a NASA, ESA, and the Hubble Heritage (STScI / AURA)- ESA / Hubble Collaboration

1b J.P. Harrington and K.J. Borkowski (U. Maryland), HST, NASA

2a Stoyan R. et al. Atlas of the Messier Objects: Highlights of the Deep Sky. — Cambridge:

Cambridge University Press, 2008. – P. 15.

2b Project Galileo, Clifton College Bristol

3a Public Domain Image

3b NASA

4 Proceedings of the Royal Society, volume 86A facing page

5 Röntgenlicht: NASA, CXC, SAO sichtbares Licht: NASA, STScI

6 und 7 Terry Herter, Cornell University

8 http://www.phys-astro.sonoma.edu/BruceMedalists/Shklovskii/shklovskii.jpg

9a – 9e NASA

10 Adam Block, Mt. Lemmon SkyCenter, University of Arizona

11 H. Bond et al., Hubble Heritage Team, NASA

12 C. R. O’Dell et al., ESA, NASA

14 C. R. O’Dell & K. Handron, NASA

15a Bruce Balick et al., HST, NASA

15b B. Balick, J. Alexander et al., NASA

16 R. Sahai et al., Hubble Heritage Team, NASA

17 Carlos Milovic, Hubble Legacy Archive, NASA

18 ESA, Hubble, NASA

19 R. Sahai et al., Hubble Heritage Team, ESA, NASA

20 V. Bujarrabal, WFPC2, HST, ESA, NASA

21a Hubble Heritage Team, NASA, ESA, HEIC

21b R. Corradi, Nordic Optical Telescope