Paul M. Sutter in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff
In dieser Serie erkunden wir die sonderbare, doch auch wunderbare Welt der astronomischen Fachsprache! Das Thema heute: Parallaxe!
Wie mißt man die Entfernung zu einem Stern? Diese Frage frustrierte Astronomen über Jahrhunderte. Die Sterne sind offensichtlich weit entfernt, und darüber hinaus… es ist schwierig.
Glücklicherweise gibt es da einen Trick. Und den kann man zu Hause ausprobieren.
Man hält den Zeigefinger vor die Nase und schließt dann ein Auge. Man merke sich die Position des Fingers relativ zu einem Objekt im Hintergrund. Jetzt schließt man das andere Auge und wiederholt den Wechsel von schließen und öffnen. Wenn man es richtig macht, sollte der Finger vor dem gewählten Hintergrund hin- und herspringen.
Jetzt hält man seinen Finger auf Armlänge entfernt und wiederholt die Übung. Der Finger wird zwar immer noch hin- und herspringen, aber nur noch um einen kleinen Betrag.
Jetzt betrachte man sich ein weit entferntes Objekt. Man wiederholt das gleiche Auge-wechsel-dich-Spiel. Wahrscheinlich springt das Objekt jetzt überhaupt nicht mehr hin und her.
Dies ist die Parallaxe: Die scheinbare Änderung der Position eines Objekts, wenn es aus unterschiedlichen Blickrichtungen betrachtet wird. Kennt man die Entfernung zwischen den beiden Beobachtungspunkten (hier ist es der Abstand zwischen den Augen), so kann man den Winkel zwischen den beiden Position des Objekts messen und mit etwas Trigonometrie aus der Schule die Entfernung zu dem Objekt berechnen.
Tycho Brahe benutzte bekanntermaßen die Parallaxe, um im späten 16. Jahrhundert gegen das heliozentrische Modell des Universums zu argumentieren. Wenn sich die Sonne im Zentrum des Sonnensystems befinden und die Erde sie umkreisen würde, dann sollten sich die Sterne im Verlauf eines Jahres von den unterschiedlichen Beobachtungspunkten auf unserer Umlaufbahn aus betrachtet scheinbar hin und her bewegen. Brahe sah jedoch keine Verschiebung und so war die Erde das Zentrum (und somit keine Parallaxe).
Schade, das Brahe kein Teleskop besaß. Die Sterne sind so weit entfernt, daß man eine leistungsstarke Optik benötigt, um die Parallaxe zu beobachten. Erst 1838 maß der deutsche Astronom Friedrich Bessel erfolgreich die Parallaxe zu einem Stern: 61 Cygni, rund 10 Lichtjahre entfernt (er prägte auch den Begriff Lichtjahr, aber das ist ein anderer Fachbegriff).
Die Parallaxe ist noch immer die Grundlage für Entfernungsmessungen. Kürzlich sind die vom Satelliten Gaia mittels Parallaxe gemessenen Entfernungen von mehr als einer Milliarde Sternen veröffentlicht worden.
Das ist schon eine ganze Menge an hin- und herspringen.