Nachbildung exoplanetarer Atmosphären (Originalartikel vom 19.07.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein Bild der dünnen Atmosphäre von Pluto, die von hinten durch die Sonne beleuchtet, von der Raumsonde New Horizons aufgenommen wurde. Astronomen, die beginnen, Atmosphären von Planeten um andere Sterne zu untersuchen, stützen sich auf HITRAN, um ihre Ergebnisse zu modellieren. HITRAN ist eine Datenbank für Moleküleigenschaften. Wissenschaftler am CfA haben unlängst HITRAN mit aussagekräftigen Eigenschaften von Molekülen aktualisiert, die für Exoplaneten, einschließlich der Moleküle, die als Biomarker gelten, bedeutsam sein sollen. NASA / JHUAPL / SwRI

Alle Atome und Moleküle emittieren im Spektrum charakteristische Spektrallinien; die Details der Linien hängen von der inneren Struktur der Spezies (zum Beispiel deren Vibrations- und Rotationseigenschaften) ab und wie sie durch ihre Umgebung angeregt werden. Messungen der Helligkeiten, relativen Stärken und Formen ermöglichen es Astronomen, zumindest im Prinzip, den größten Teil der wichtigen Eigenschaften dieser Umgebungen zu rekonstruieren, inklusive Häufigkeiten der Teilchen, Temperaturen, Dichten und Bewegungen. Doch um erfolgreich zu sein, müssen die Wissenschaftler zahlenmäßig sehr genau wissen, wie die Temperatur, Dichte und dergleichen mehr die Anregung jedes Atoms oder Moleküls beeinflußt und wie dann als Reaktion darauf jedes Teilchen Licht emittiert. Die Kollision zwischen Molekülen von Sauerstoff und Stickstoff beispielsweise wird ein Sauerstoffmolekül in anderer Art und Weise beeinflussen als sein Zusammenstoß mit Wasserstoff.

CfA-Astronomen haben die Datenbank HITRAN (High Resolution Transmission) entwickelt, eine Zusammenstellung von aussagekräftigen spektroskopischen Kenngrößen, die der weltweite Standard zur Berechnung atmosphärischer molekularer Strahlung vom Mikrowellen- bis zum ultravioletten Bereich des Spektrums ist, und halten diese auf dem neuesten Stand. HITRAN hat in den letzten Jahren mit der Entdeckung tausender Exoplaneten und der stetig verbesserten Technologie, deren Atmosphären zu entdecken und deren Zusammensetzung zu messen, erneut besondere Bedeutung erlangt. HITRAN wird für gewöhnlich eingesetzt, um diese exotischen Atmosphären nachzubilden. Absorption durch molekularen Sauerstoff, angetrieben durch die Kollision von Sauerstoffmolekülen, soll beispielsweise ein gewichtiger Biomarker für womöglich bewohnbare Exoplaneten sein, aber die Messung dieses Absorptionssignals ist nicht genug: es muß interpretiert werden.

Die CfA-Astrophysiker Tijs Karman, Iouli Gordon, Bob Kurucz, Larry Rothman und Kang Sun leiteten ein Kollegenteam beim Aktualisieren von HITRAN mit vielen wichtigen, durch Kollision verursachten Absorptionseigenschaften der Moleküle, die zum Modellieren von exoplanetaren Atmosphären benötigt werden. Zu den wichtigen Spezies gehören Stickstoff, Sauerstoff, Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff. Die numerischen Kenngrößen wurden aus einer umfangreichen Sammlung neuer Laborarbeiten und theoretischer Abhandlungen zusammengestellt und nach deren Bestätigung in die HITRAN Datenbank übernommen. Die aktualisierte Sammlung geht weit über die angesprochenen heutigen Anforderungen hinaus, aber die Autoren merken an, daß zusätzliche Arbeiten im Labor und in der Theorie benötigt werden, um andere Effekte, wie etwa der Einfluß von Wasser oder die Abweichung in der Isotopenzusammensetzung der momentan betrachteten Spezies, einzubeziehen.

Literatur:

„Update of the HITRAN Collision-Induced Absorption Section“

Tijs Karman, Iouli E. Gordon, Ad van der Avoird, Yury I. Baranov, Christian Boulet, Brian J. Drouin, Gerrit C. Groenenboom, Magnus Gustafsson, Jean-Michel Hartmann, Robert L. Kurucz, Laurence S. Rothman, Kang Sun, Keeyoon Sung, Ryan Thalman, Ha Tran, Edward H. Wishnow, Robin Wordsworth, Andrey A. Vigasin, Rainer Volkamer, Wim J. van der Zande

Icarus Volume 328, 1 August 2019, Pages 160–175