Tracer-Galaxien untersuchen den kosmischen Hintergrund (Originalartikel vom 12.07.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine Aufnahme des winterlichen Südpol-Teleskops (SPT), das den strukturlosen Horizont der antarktischen Hochebene zeigt. Astronomen haben Daten des SPT, vom Dark Energy Survey und der Planck-Mission genutzt, um die Struktur des Universums aus der Art und Weise, wie Licht durch ferne Galaxien gestört worden ist, zu entschlüsseln. The SPT collaboration

Das Universum besteht, möglicherweise überraschend, nicht aus zufällig im Raum verteilten Galaxien; das heißt, es ist nicht sehr gleichförmig. Vielmehr sind seine Galaxien in ausgeprägten Strukturen gruppiert, typischerweise riesige Filamente, getrennt durch gewaltige Leerräume – die „großräumige Struktur“ (large-scale structure = LSS), ein Aufbau, für dessen Entdeckung und Kartierung CfA-Astronomen vor ungefähr dreißig Jahren Pionierarbeit leisteten. Seitdem haben Astronomen Karten der LSS mit Ergebnissen aus der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (cosmic microwave background radiation = CMBR) sowie Gedanken über den inflationären Urknall kombiniert, und ein bemerkenswert stimmiges Bild des Universums, seines Ursprungs und seiner Entwicklung zusammengefügt.

Es bleiben dennoch Rätsel, wie zum Beispiel die Dunkle Materie, die sich ebenfalls zu großräumigen Strukturen zusammenziehen soll. Die CfA-Astronomen David James und Tony Stark waren Mitglieder in einem großen internationalen Team, das Photonen von Galaxien im frühen Universum (Tracer-Galaxien) nutzte, um die LSS detaillierter zu untersuchen. Während diese Photonen auf ihrem Weg zu uns das Universum durchqueren, wird ihre Flugbahn durch den gravitativen Einfluß der LSS gestört, darunter besonders die Effekte des Gravitationslinseneffekts. Die sichtbare, an den Himmel projizierte Lage von jungen Galaxien und ihre statistische Verteilung reagieren empfindlich sowohl auf die gegenwärtige und sich entwickelnde Geometrie als auch der Anordnung von Materie im Universum.

Die Astronomen bemerkten, daß, obwohl die Einzelheiten der projizierten Masseverteilung sehr kompliziert sind, die Anwendung angemessener Anteile für einige Parameter Unsicherheiten vermeiden könnte und den Astronomen ermöglicht, wichtige Beschränkungen für die heutigen Modelle zur kosmischen Entwicklung zu erlangen. Das Team kombinierte Beobachtungen des Dark Energy Survey (eine optische Durchmusterung, die Millionen Galaxien kartiert hat), dem Südpol-Teleskop (eine Einrichtung für Submillimeterwellen, zur Untersuchung der CMBR und früher Galaxien) und der Planck-Mission (eine Raumsonde für die Durchmusterung im fernen Infrarot und Millimeterbereich). Ein besonders nützlicher Vorteil dieser Herangehensweise ist, daß er keine Kenntnis über die Entfernungen zu den Tracer-Galaxien erfordert (Entfernungen würden verlangen, lichtschwache spektroskopische Rotverschiebungen messen zu können). Die Wissenschaftler waren in der Lage, Einschränkungen mit einer Genauigkeit von ungefähr zehn Prozent von einigen einzelnen Parametern der heutigen Modelle zu erhalten und das Team sagt vorher, daß mit zusätzlicher Erkundung diese Techniken es ihnen sogar ermöglichen werden, einige grundlegende Merkmale der Dunklen Materie, wie deren Zustandsgleichung, sowie Eigenschaften, die bislang schwer faßbar gewesen sind, einzugrenzen.

Literatur:

„Cosmological Lensing Ratios with DES Y1, SPT, and Planck“

J. Prat et al.

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 487, 1363, 2019

oder

arXiv:1810.02212v1 [astro-ph.CO] 4 Oct 2018