Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Sterne entstehen, wenn die Schwerkraft in einer interstellaren Wolke Gas und Staub verdichtet, bis sich Kerne entwickeln, die dicht genug sind, um zu Sterne zu verschmelzen. Dieser einfach klingende Ablauf wird um vieles komplizierter durch die Anwesenheit von Magnetfeldern und der Rotation, die zirkumstellare Scheiben um den Stern hervorbringen, die wiederum eine Rolle bei der Kontrolle über das auf den Protostern einfallende Material spielen. Scheiben mit einem Radius von 500 Astronomischen Einheiten (eine AE ist die durchschnittliche Entfernung Erde – Sonne) sind um sonnenähnliche Sterne in den späteren Phasen ihrer Entwicklung entdeckt worden. Vermutlich begannen sich die Scheiben in den früheren Entwicklungsstadien zu formen, als einfallendes Material noch immer den anfänglichen Protostern fütterte; also haben Astronomen versucht, jüngere Protosterne zu untersuchen. Jedoch sind Belege für die Existenz von Scheiben in dieser frühen Phase schwach gewesen: ein paar Beispiele mit Radien von weniger als 150 AE hatte man gefunden. Wenn es darin eine kleinere Struktur gab, konnte diese nicht nachgewiesen werden.
Die CfA-Astronomen Qizhou Zhang und Paul Ho haben mit vier Kollegen das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) eingesetzt, um die Staubscheibe um den jungen Protostern HH-212 räumlich aufzulösen. Die Scheibe mit einem Radius von nur sechzig AE befindet sich fast in Kantenstellung und hat einen auffälligen äquatorialen dunklen Streifen, der zwischen zwei helleren Schichten eingeklemmt ist. Die Astronomen schätzen vorsichtig, daß die Masse der Scheibe ungefähr das Vierzehntausendstel einer Sonnenmasse beträgt; durch Verbinden dieser Ergebnisse mit früheren Beobachtungen bei anderen Wellenlängen kann das Team Staubkörner modellieren, die in der Größenordnung von Millimetern liegen. Der dunkle Streifen entlang der Mittellinie der Scheibe enthält kälteren, dichteren Staub als die äußeren Schichten. Die großen Körner weisen darauf hin, daß die Verschmelzung kleiner Körner zu größeren Körnern früher im Leben eines Sterns beginnt als viele zuvor vermutet hatten. Die neuen Beobachtungen zeigen auch, daß direkte Vermessung und Beschreibung kleiner Scheiben um die jüngsten Protosterne möglich ist. Die Resultate liefern Beschränkungen für Theorien der Scheibenbildung. Wenn sich herausstellt, daß kleine Scheiben alltäglich sind, dann würden theoretische Modelle, in denen magnetische Effekte Scheibenbildung unterdrücken, einer erheblichen Überarbeitung bedürfen.
Literatur:
“First Detection of Equatorial Dark Dust Lane in a Protostellar Disk at Submillimeter Wavelength”
Chin-Fei Lee, Zhi-Yun Li, Paul T. P. Ho, Naomi Hirano, Qizhou Zhang, and Hsien Shang
Science Advances Vol. 3, no. 4, e1602935, 19 Apr 2017