Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Protoplanetare Scheiben sind ein natürliches Ergebnis des Sternbildungsprozesses. Während in einer prästellaren Verdichtung Material kollabiert, um den zentralen Stern zu bilden, löst die Erhaltung des Drehimpulses die Bildung einer zirkumstellaren Scheibe aus. Planeten bilden sich aus dem Material in diesen Scheiben, deren Struktur und Entwicklung daher wichtig für das Verständnis des Entstehungsprozesses von Planeten sind. In heutigen Theorien bestimmen im Wesentlichen zwei Szenarien das Bild. Im Modell der Kernakkretion entstehen Planeten durch die Akkretion von Staubkörnern, die auf lange Sicht Planetesimale formen, gefolgt von einem Gleichgewicht aus Wachstum und Zerbrechen, wenn sie zusammenprallen. Im alternativen Bild entwickeln sich während der Anfangsphasen der Scheibenentwicklung gravitative Instabilitäten und die damit verbundenen Dichtestörungen wachsen an, bis sie Planetesimale bilden.
In beiden Szenarien erwartet man junge, massereiche Planeten, die ihre Existenz der Struktur ihrer heimatlichen Scheiben aufprägen, Hohlräume, Lücken oder andere Asymmetrien formen, die nachweisbar sein sollten. Infrarot-Beobachtungen an jungen Sternen haben Hinweise darauf sichtbar gemacht, daß in dieser Strahlung ein Beitrag von warmem Staub zu fehlen scheint. Man zieht daraus den Schluß, daß der heißeste Staub, der am nächsten beim Stern zu finden ist, fehlt, vielleicht weil ein Hohlraum durch einen unsichtbaren, umkreisenden Planeten geformt wurde. Diese Ideen zu überprüfen und Beispiele von jungen Sternen in der Mitte des Geburtsprozesses ihrer Planeten zu identifizieren, sind wichtige Ziele der modernen Forschung auf dem Gebiet der Exoplaneten.
Die CfA-Astronomen Sean Andrews und David Wilner waren Mitglieder eines Teams, das mit dem Millimeter-Teleskopfeld ALMA die Scheibe um CQ Tau abbildete, einem jungen, ungefähr 530 Lichtjahre entfernten Stern, von dem man aus Infrarot-Beobachtungen weiß, daß es einen Hohlraum in seiner massiven zirkumstellaren Scheibe gibt, die nach Schätzungen ungefähr 0.03 Sonnenmassen an Material besitzt. Das spektakuläre neue Bild hat eine räumliche Auflösung von ungefähr vierundzwanzig Astronomischen Einheiten (AE), mehr als genug, um die nahezu frontal zur Erde stehenden Scheibe, die mehr als 175 AE mißt, aufzulösen (im Sonnensystem liegt der von der Sonne fernste Punkt des Pluto bei etwa fünfzig AE). Die mit ALMA erhaltenen Bilder lassen deutlich einige Einzelheiten eines Hohlraums in den Gas- und Staubbestandteilen erkennen, welche die Astronomen in einem Radius zwischen ungefähr 25 und 40 AE finden. Das Team schließt daraus, daß ein Planet in der Größenordnung von etwa acht Jupitermassen, der bei zwanzig AE zu finden ist, einen Teil (jedoch nicht alles) der Abmessungen des Hohlraums hervorrufen kann, doch sind zusätzliche Beobachtungen und Modellierung notwendig, um das Bild zu verfeinern. Die neuen Resultate in Verbindung mit anderen von der Gruppe mit ALMA durchgeführten Beobachtungen liefern bahnbrechende Einzelheiten über die frühen Stadien der Planetenbildung.
Literatur:
“A Dust and Gas Cavity in the Disc around CQ Tau Revealed by ALMA”
M. Giulia Ubeira Gabellini, Anna Miotello, Stefano Facchini, Enrico Ragusa, Giuseppe Lodato, Leonardo Testi, Myriam Benisty, Simon Bruderer, Nicolás T. Kurtovic, Sean Andrews, John Carpenter, Stuartt A. Corder, Giovanni Dipierro, Barbara Ercolano, Davide Fedele, Greta Guidi, Thomas Henning, Andrea Isella, Woojin Kwon, Hendrik Linz, Melissa McClure, Laura Perez, Luca Ricci, Giovanni Rosotti, Marco Tazzari and David Wilner
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 486, 4638, 2019
oder
arXiv:1905.00909v1 [astro-ph.EP] 2 May 2019