Kohlenstoffemission von sternbildenden Wolken

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu)


Ein mit der IRAC-Kamera gewonnenes Infrarotbild der jungen sternbildenden Wolkenregion AGAL313.576+0.324. Namentlich Regionen von dieser Art sind dafür bekannt, eine Infrarotlinie des ionisierten Kohlenstoffatoms zu emittieren, die das Ergebnis des ultravioletten Lichts von neuen Sternen ist; allerdings sind die genauen Mechanismen nur lückenhaft verstanden und in extragalaktischen Quellen ist die Stärke dieser Linie unvorhersehbar. In einer neuen Studie der Emission ionisierten Kohlenstoffs in der Milchstraße fanden Astronomen, daß diese besondere Quelle dafür auffällt, keine Zeichen von ionisiertem Kohlenstoff zu zeigen.
NASA / IRAC

Das Kohlenstoffatom kann leicht ionisiert werden, viel leichter als zum Beispiel das Wasserstoffatom. In Sternentstehungsregionen, wo massereiche junge Sterne ultraviolettes Licht aussenden, das imstande ist, Atome zu ionisieren, wird aller in der Nähe gelegener neutraler Kohlenstoff ionisiert. Das einfach ionisierte Kohlenstoffatom (abgekürzt CII) strahlt eine kräftige Linie im fernen Infrarot aus, die beides ist: sehr intensiv und demzufolge ein zuverlässiger Stellvertreter für den ultravioletten Fluß aus der Sternentstehungsaktivität. In einigen extrem sternbildenden Galaxien kann die Energie in dieser einen infraroten CII-Linie alleine bis zu einem Prozent des gesamten Energiehaushalts der Galaxie betragen. Die extreme Helligkeit dieser Linie macht sie zu einem sehr starken Werkzeug für die Untersuchung kosmologisch ferner Galaxien aus dem frühen Universum, da sie eine der am einfachsten aufzuspürenden Linien ist und ihre gemessene Wellenlänge, verschoben durch die Ausdehnung des Universums, eine genaue Bestimmung der Entfernung der Galaxien liefert. All das bedeutet, daß Astronomen auf einen genaueren Einblick hinarbeiten, wie und wo Kohlenstoff durch junge Sterne ionisiert wird. Ein bedeutendes offenes Rätsel ist, daß in einigen hellen sternbildenden Galaxien die Stärke der CII-Strahlung bei einem Vergleich mit den stärksten Fällen bis zu einhundertmal oder mehr schwächer ausfällt und der Grund dafür ist nicht gut verstanden.

Die CfA-Astronomen Howard Smith und Ian Stephens gehörten zu einem Team, daß mit dem Flugzeugobservatorium SOFIA die im fernen Infrarot gelegene CII-Strahlung an ausgewählten massereichen jungen Molekülwolkenklumpen in unserer Galaxis in der Anfangsphase der Sternentstehung untersuchte. Die Klumpen wurden aus früheren Arbeiten des Teams ausgewählt, das den Inhalt und die physikalischen Eigenschaften von mehr als 1200 dunklen, molekularen sternbildenden Klumpen in der Galaxis gemessen und bestimmt hatte. Die ersten SOFIA-Ergebnisse folgten aus den Messungen der CII-Linie in vier dieser Klumpen. Drei der Quellen zeigten, wie erwartet, helle Emission und in Verbindung mit den früheren Datensätzen wurde die spektrale Information genutzt, um die Eigenschaften der fortschreitenden Sternentstehung nachzustellen. Schockierend jedoch war die Feststellung, daß eine der Quellen, obschon besonders hell – mehr als zwanzigtausend Sonnenleuchtkräfte – überhaupt keine CII-Strahlung zeigte. Die Forscher bedachten eine Vielzahl möglicher Szenarien, von Problemen mi den Instrumenten bis zum Vorkommen von reichlich kaltem CII-Gas im Vordergrund, das das emittierte Licht absorbiert. Sie erwogen sogar, daß der Klumpen sich in einem viel früheren Stadium der Sternbildung befinden könnte als bislang gedacht. In Anbetracht nur dieses Datensatzes konnten sie allerdings keine eindeutige Schlußfolgerung ziehen. Jedoch haben sie eine Serie von Folgebeobachtungen geplant, um diese und andere Möglichkeiten zu testen. Die Lösung des Rätsels wird vermutlich Folgen für das Rätsel der Stärke der extragalaktische CII-Strahlung haben.

Literatur:

„Characterizing [CII] Line Emission in Massive Star-forming Clumps“

James M. Jackson, David Allingham, Nicholas Killerby-Smith, J. Scott Whitaker, Howard A. Smith, Yanett Contreras, Andrés E. Guzmán, Taylor Hogge, Patricio Sanhueza, and Ian W. Stephens

The Astrophysical Journal 904, 18, 2020

oder

arXiv:2009.09098v1 [astro-ph.GA] 18 Sep 2020