Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu)
Seyfert-Galaxien zeichnen sich durch ihre hellen Kerne und Strahlung hochionisierter Atome aus. Seyfert-Galaxien sehen Quasaren sehr ähnlich, aber anders als die punktförmigen Quasare sind die Seyfert-Wirtsgalaxien deutlich zu sehen. Astronomen vermuten, daß die leuchtkräftigen Kerne von Seyfert-Galaxien durch Akkretion von Material in die supermassereichen Schwarzen Löcher über eine zirkumnukleare Scheibe, die von einem weiter entfernten, staubhaltigen Torus umgeben ist, mit Energie versorgt werden. Unterschiedliche Ausrichtungen der Scheibe und des undurchsichtigen Torus zu unserer Sichtlinie sollen für die in den Seyfert-Galaxien zu sehenden scheinbaren Unterschiede verantwortlich sein, aber räumlicher Aufbau und Zusammensetzung der Ringe sind noch immer unklar und könnten ebenfalls eine erhebliche Rolle spielen. So haben zum Beispiel einige Wissenschaftler vorgeschlagen, daß der Torus eine homogene Struktur aufweist, während andere argumentieren, es handele sich um eine klumpige Verteilung von dichten Wolken. Die Akkretion von Material auf das Schwarze Loch erzeugt Röntgenstrahlung, die von den lokalen Strukturen reflektiert oder gestreut wird. Dieses Merkmal kann genutzt werden, um bei der Bestimmung der Eigenschaften der Umgebung behilflich zu sein, aber ein großer Teil der Röntgenstrahlung, hauptsächlich bei niedrigeren Energien, wird durch verdunkelndes Material absorbiert.
CfA-Astronomin Laura Brenneman gehörte einem Team an, das den Röntgensatelliten NuSTAR nutzte, um eine Stichprobe aus neunzehn optisch ausgewählten Seyfert-Galaxien zu untersuchen, die bekanntermaßen verdeckendes Material auf der Sichtlinie zu ihren Kernen aufweisen. Der einzigartige Vorteil von NuSTAR ist seine Fähigkeit, nicht blockierte hochenergetische Röntgenstrahlung zu messen. Das Team nutzte zusätzlich archivierte Beobachtungen mehrerer anderer Röntgenmissionen, darunter Chandra, um ihre Auswertung zu ergänzen. Sie modellierten die optischen Daten mit herkömmlichen Techniken, um die Massen der Schwarzen Löcher aus den Bewegungen des Gases zu schätzen und nutzten dies, um die gestreute und reflektierte Röntgenstrahlung, die durch den Akkretionsprozeß erzeugt wurde, zu modellieren und darüber die Gasdichten abzuleiten. Sie kommen zu dem Schluß, daß zwischen 80-90% der Galaxien aus ihrer Stichprobe allerhand dichtes Material besitzen, das imstande ist, das optische Licht gänzlich zu verschlucken. Sie folgern außerdem, daß der bei den Akkretionsprozessen erzeugte Strahlungsdruck die Verteilung des zirkumnuklearen Materials bestimmt, weil das weniger dichte Material weggefegt wird, wenn die Akkretionsrate steigt und daraus eine weniger verdunkelte Kernregion folgt. Die neue Arbeit stellt die erste Untersuchung aus einer großen festgelegten Stichprobe von Seyfert-Galaxien dar, bei der unter Verwendung harter Röntgenstrahlung die Bedingungen im Herz von Seyfert-Kernen untersucht wurden.
Literatur:
“A Hard Look at Local, Optically Selected, Obscured Seyfert Galaxies”
E. S. Kammoun, J. M. Miller, M. Koss, K. Oh, A. Zoghbi, R. F. Mushotzky, D. Barret, E. Behar, W. N. Brandt, L. W. Brenneman, J. S. Kaastra, A. M. Lohfink, D. Proga, and D. Stern
The Astrophysical Journal 901, 161, 2020
oder
arXiv:2007.02616v2 [astro-ph.HE] 24 Aug 2020