Intermediäre Schwarze Löcher in galaktischen Kernen entdeckt (Originalartikel vom 21.12.2018)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine mit der IRAC an Bord von Spitzer gewonnene infrarote Aufnahme einer Zwerggalaxie mit einem aktiven galaktischen Kern, der nicht supermassereich ist. Eine neue Studie hat die ersten zehn bestätigten Schwarzen Löcher mit mittlerer Masse (definiert als Schwarze Löcher zwischen 100 – 300.000 Sonnenmassen) in aktiven galaktischen Kernen gefunden.
NASA / Spitzer/IRAC

Die Existenz Schwarzer Löcher ist wohletabliert und Beobachtungen haben sowohl Objekte von Sternmasse als auch Giganten, die millionen- bis milliardenfach massereicher als die Sonne sind, in den Zentren von Galaxien entdeckt. Doch ist die Herkunft dieser massereichen Schwarzen Löcher ein Rätsel. Kleine Schwarze Löcher sind die Asche von Supernovae, aber massereiche Schwarze Löcher müssen vermutlich klein beginnen und mit der Zeit wachsen. Doch ist solch ein Wachstum sehr stark eingeschränkt, da die ständige Akkretion von Material Strahlung erzeugt, die den weiteren Zustrom an Material hemmt und Milliarden Jahre sollten erforderlich sein, um Schwarze Löcher mit Milliarden Sonnenmassen zu bilden. Damit entsteht jedoch ein Problem, denn Astronomen haben im frühen Kosmos Quasare mit supermassereichen Schwarzen Löchern entdeckt – diese hatten aber seit dem Urknall nicht ausreichend Zeit, um auf derartige Ausmaße anzuwachsen. Zudem sollten stellare Schwarze Löcher während des Wachstums viele Schwarze Löcher mittlerer Masse (engl. intermediate Black Hole = IMBH) gebildet haben, doch nur einige sind als Kandidaten anzusehen und ihre Gleichsetzung mit IMBHs bleibt umstritten. Die sichere Identifizierung von IMBHs könnte helfen, diesen Streitpunkt zu klären. Ein Alternativvorschlag wurde entwickelt, um das Problem zu lösen. Der unmittelbare Kollaps einer großen Gaswolke im frühen Universum könnte ein IMBH geschaffen haben, das hunderte bis hunderttausende Sonnenmassen besitzt und für sie alle Zeit genug ließ, bis jetzt zu supermassereichen Objekten heranzuwachsen.

CfA-Astronom Igor Chilingarian leitete ein Team, das zum ersten Mal eine Reihe von Galaxien mit aktiven Kernen identifiziert hat, welche Schwarze Löcher mittlerer Masse beherbergen. Das Team nutzte Galaxiendurchmusterungen im Optischen und nahen Infrarot, um Quellen mittels der Intensität und den Geschwindigkeiten aus den atomaren Emissionslinien zu erkennen und wählten dreihundertfünf mögliche IMBH-Anwärter aus. Dann erhielten sie Röntgenmessungen von Chandra und/oder XMM-Newton, die bestätigten, daß zehn dieser Kerne IMBHs waren und lebhaft Material akkretierten. Das IMBH mit der kleinsten Masse, das sie in ihrem Satz aus zehn IMBHs entdeckten, hatte sechsunddreißigtausend Sonnenmassen; das größte hatte ungefähr die zehnfache Masse. Diese Entdeckung ist bahnbrechend, nicht nur, weil es der erste schlüssige Nachweis dieser schwer fassbaren Objekte ist, sondern auch, weil sie der Idee Glaubwürdigkeit verleiht, daß stellare Schwarze Löcher Keime im frühen Universum bildeten, von denen viele anschließend zu den supermassereichen Ungeheuern herangewachsen sind, die wir heute sehen.

Literatur:

„A Population of Bona Fide Intermediate-mass Black Holes Identified as Low-luminosity Active Galactic Nuclei“

Igor V. Chilingarian, Ivan Yu. Katkov, Ivan Yu. Zolotukhin, Kirill A. Grishin, Yuri Beletsky, Konstantina Boutsia, and David J. Osip

Astrophysical Journal 863, 1 2018

oder

arXiv:1805.01467v1

[astro-ph.GA]

3 May 2018