Gasbewegungen in interstellaren Kernen, die Sterne geringer Masse bilden

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine IRAC-Infrarotaufnahme des großen Sternentstehungskomplexes NGC 6334; der Pfeil weist auf ein kaltes, dunkles Filament, in dem neunundvierzig dichte, prästellare Kerne beobachtet worden sind. Astronomen haben festgestellt, daß, im Gegensatz zu manchen Erwartungen und früherer Ergebnisse, in diesen Kernen geringer Masse die Geschwindigkeiten des turbulenten Gases nicht überschallschnell sind und einen gravitativen Kollaps nicht verhindern können.
NASA/IRAC/Spitzer

Astronomen wissen schon lange, daß der Prozeß zur Bildung neuer Sterne sehr ineffizient ist. In der Milchstraße liegt der Gesamtwirkungsgrad gemessen, an der Masse in Sternen im Vergleich zur Gesamtmasse der Galaxis, bei nur rund 5%. Die einfachsten Modelle der Sternentstehung sagen voraus, daß die Schwerkraft bei der Sternbildung sehr viel effektiver sein sollte, wenn sie Gas in Molekülwolken zusammenpresst. Verschiedene Lösungen sind vorgeschlagen worden, so die Zerstörung der Molekülwolken durch neu gebildete, massereiche Sterne mit ihren gewaltigen Winden und Jets, und durch überschallschnelle Gasbewegungen (verursacht zum Beispiel durch Zusammenstöße von Wolken), die helfen können, die Wolke gegen einen Kollaps zu stützen. Und in der Tat schienen zahlreiche Beobachtungsergebnisse die Anwesenheit von überschallschnellen Gasbewegungen zu bestätigen, zumindest in Regionen, in denen Sterne mit hoher Masse gebildet werden.

Die CfA-Astronomen Shanghuo Li, Qizhou Zhang, Howard Smith und Joe Hora leiteten ein Team, das mit ALMA die Sternbildung in einer massereichen, dunklen filamentartigen Wolke in dem als NGC 6334 bekannten Komplex untersuchte. Sie beobachteten neunundvierzig kleine, dichte Kerne entlang des Filaments – scheinbar Orte zukünftiger Sterne geringer Masse – in der Strahlung von H13CO+ und NH2D, die als Anhaltspunkt für Regionen mit relativ hoher Dichte und niedrigen Temperaturen dienen. Die Masse der Kerne selbst reichen von circa 0.17 bis 14 Sonnenmassen. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Projekts war die exzellente räumliche Auflösung von ALMA, die bei der Entfernung dieser Wolken bei 0.07 Lichtjahren liegt, viel kleiner als auf diesem Forschungsgebiet typisch, und die es den Wissenschaftlern erlaubt, die einzelnen Kerne sorgfältig zu vermessen, ohne das angrenzendes Material mit vermessen wird.

Aufnahmen der dunklen, filamentartigen Wolke im Licht dieser beiden Moleküle enthüllten das Vorhandensein der Kette an dichten Kernen und Geschwindigkeitsmessungen offenbarten, daß die Gasbewegungen innerhalb der Kerne nicht überschallschnell waren. Die Autoren folgern, daß der Großteil der Strukturen gravitativ instabil und vermutlich zu Sternen kollabieren wird. Sie warnen, daß die früheren Folgerungen über überschallschnelle Turbulenz durch den Einsatz größerer Teleskopöffnungen, die Gasbewegungen einbezogen, die mit einzelnen sternbildenden Kernen nicht in Verbindung standen, einseitig beeinflußt gewesen sein können.

Literatur:

„ALMA Observations of NGC 6334S I: Forming Massive Stars and Cluster in Subsonic and Transonic Filamentary Clouds“

Shanghuo Li, Qizhou Zhang, Hauyu Baobab Liu, Henrik Beuther, Aina Palau, Josep Miquel Girart, Howard Smith, Joseph L. Hora, Yuxing Lin, Keping Qiu, Shaye Strom, Junzhi Wang, Fei Li, and Nannan Yue

The Astrophysical Journal (in press) 2020