Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Heterocyclische Moleküle sind in einer Ringstruktur angeordnete Atome aus mindestens zwei unterschiedlichen Elementen (plus Wasserstoff). Stickstoffhaltige heterocyclische Verbindungen sind wichtige Bestandteile in den biologischen Nukleinsäuren und nach den Theorien über den Ursprung biogener Moleküle wurden sie aus reichlich vorhandenen, einfachen stickstoffhaltigen Molekülen wie Cyanwasserstoff, HCN, aufgebaut. Man vermutet, daß sich Adenin, eine von vier Basen der Nukleinsäuren und eine von zwei bekannten, aus zwei Ringen aufgebauten stickstoffhaltigen Heterocyclen, aus Glycolnitril (HOCH2CN) aufgebaut hat. Glycolnitril könnte sich im kalten interstellaren Medium des Weltraums an den Oberflächen der eisigen Körnchen durch Reaktionen zwischen Formaldehyd (H2CO) und Cyanwasserstoff gebildet haben. Astronomen haben ausgearbeitet, daß Glycolnitril dann durch ultraviolettes Licht aufgebrochen worden sein könnte und eine Vielfalt an einfachen stickstoffhaltigen Moleküle zurückgelassen hat, von denen einige in den Molekülwolken des Weltraums entdeckt worden sind. Über eine Entdeckung des Glycolnitrils selbst ist nichts veröffentlicht worden und so ein Schritt in der Theorie zur Bildung von Nukleinsäuren unbestätigt geblieben.
CfA-Astronom Rafael Martin-Domenech und seine Kollegen suchten mit ALMA in dem jungen, sonnenartigen Protostern IRAS16293–2422 B nach Glycolnitril. Dieses gut untersuchte Objekt liegt ungefähr fünfhundert Lichtjahre entfernt im Sternbild Ophiuchus. Er hat eine kalte äußere Hülle aus Gas und Staub sowie eine heißere innere Region, die durch den Stern aufgeheizt wird und sich bis auf ungefähr einhundert Astronomische Einheiten ausdehnt. Zahlreiche, einfache organische Moleküle sind bereits in dieser warmen Zone beobachtet worden. Das Team suchte nach charakteristischen spektralen Fingerabdrücken von Glycolnitril bei drei Frequenzbändern von ALMA und entdeckte fünfunddreißig eindeutig zuordenbare Übergänge. Sie modellierten die Daten, um zwei Bestandteile bei zwei Temperaturen, ungefähr 24 K und 158 K, zu erkennen, die demgemäß von Material sowohl der kalten äußeren Hülle des Sterns als auch seiner heißeren inneren Zone herrühren. Ihre chemische Untersuchung sagt sowohl für die kalte als auch warme Komponente eine geringere Häufigkeit der Teilchen vorher als tatsächlich zu beobachten, wobei eine Vielzahl an vermutlichen Bedingungen, darunter auch die Ionisationsrate durch kosmische Strahlung, berücksichtigt wurde. Das Team folgert, daß einige andere chemische Reaktionswege ablaufen müssen, aber daß dieses entscheidende Molekül jetzt gemessen worden ist zeigt, daß die Theorie eigentlich auf der richtigen Spur ist.
Literatur:
“First Detection of the Pre-biotic Molecule Glycolonitrile (HOCH2CN) in the Interstellar Medium”
S. Zeng, D. Quénard, I. Jimenez-Serra, J Martín-Pintado, V. M. Rivilla, L. Testi, and R. Martin-Domenech
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters 484, L43–L48 (2019)