Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Paradoxerweise werden Schwarze Löcher, die auf Grund ihrer starken Gravitationsfelder kein Licht abstrahlen, oft durch helle Röntgenstrahlung entdeckt, wenn Material auf den Torus um ein Schwarzes Loch stürzt und den Torus auf hohe Temperaturen heizt. Tausende Schwarzer Löcher, die Röntgenstrahlung aussenden, sind bekannt, und schwanken größenmäßig zwischen supermassereichen Monstern in den Herzen von Galaxien (wie der kürzlich abgebildete Schatten des Riesen in M87 mit nahezu einer Milliarde Sonnenmassen) und kleineren Schwarzen Löchern von stellarer Masse. Die bemerkenswerten Messungen der Abstrahlung von Gravitationswellen verschmelzender dichter Objekte, darunter auch Schwarze Löcher, verdeutlichen, wie Strahlung aus nichtelektromagnetischer Herkunft genutzt werden kann, um Schwarze Löcher ausfindig zu machen. Allerdings vermuten Astronomen, daß viele, und vielleicht sogar die meisten Schwarzen Löcher, weder Material akkretieren noch am Ende einer Verschmelzung stehen. Wie sie dann aufspüren, wenn sie nicht strahlen?
Das erste Schwarze Loch stellarer Masse, das keine irgendwie meßbare Strahlung abgibt, ist nun höchstwahrscheinlich von einem Team aus Wissenschaftlern entdeckt worden, unter ihnen die CfA-Astronomen Dave Latham, Allyson Bieryla, Gilbert Esquerdo, Perry Berlind und Michael Calkins. Ihre Methode lief darauf hinaus, einen Stern zu suchen, dessen Pendelbewegung darauf schließen ließ, daß sich der Stern und ein massereicher, unsichtbarer Begleiter, vermutlich ein Schwarzes Loch, umkreisen. Diese Methode, die Geschwindigkeit des Sternwackelns zu messen (die Radialgeschwindigkeitsmethode), ist die gleiche, die bei der Suche nach Planeten um andere Sterne benutzt wird, eine Technik, der CfA-Astronomen geholfen hatten, den Weg zu bereiten.
Der Stern 2MASSJ05215658+4359220 (sein langer Name enthält seine Koordinaten am Himmel) ist ein Riese, der im Sternbild Fuhrmann liegt und ungefähr zwölftausend Lichtjahre entfernt ist. Das Team entdeckte, daß der Stern mit einer Periode von etwa dreiundachtzig Tagen und einer Geschwindigkeitsänderung von circa achtzig km/s hin- und herpendelte. Das eigenartige Verhalten des Sterns wurde am Anfang mittels Infrarot-Spektroskopie durch das Apache Point Observatory Galactic Evolution Experiment (APOGEE) beobachtet, dem eine Suche nach Licht-änderungen (gegen die Geschwindigkeit) mit dem All-Sky Automated Survey for Supernovae (ASAS-SN) Instrument und genauerer Spektroskopie durch den Tillinghast Reflector Echelle Spektrograph (TRES) am Fred L. Whipple Observatory der SAO folgte.
Die Verknüpfung der Datensätze dieser Kampagnen erlaubte es den Wissenschaftlern, die Masse des Sterns auf ungefähr 3.2 Sonnenmassen festzulegen; die Masse des nicht akkretierenden, unsichtbaren Begleiters hat (da die Inklination der Umlaufbahn nicht bekannt ist) eine niedrigere Massegrenze, die aber ebenfalls bei circa 3.3 Sonnenmassen liegt. Die Größe dieses Schwarzen Lochs ist für sich genommen schon eine wichtige Entdeckung, da seine Masse in die sogenannte „Masselücke“ kompakter Objekte zwischen allgemeiner bekannten Neutronensternen und der typischen Größe Schwarzer Löcher stellarer Masse fällt. Das unsichtbare Objekt könnte vom Grundsatz her ein Neutronenstern sein, aber da seine Masse höher ist als die höchste bekannte Masse eines Neutronensterns (2.0 Sonnenmassen) und die Größe mit einigen Modellen zum Umfang der Masse Schwarzer Löcher verträglich ist, folgert das Team, daß das unsichtbare Objekt vermutlich ein Schwarzes Loch ist, das erste, das entdeckt wurde, ohne direkt sichtbar zu sein.
Literatur:
“A Noninteracting Low-Mass Black Hole–Giant Star Binary System”
Todd A. Thompson, Christopher S. Kochanek, Krzysztof Z. Stanek, Carles Badenes, Richard S. Post, Tharindu Jayasinghe, David W. Latham, Allyson Bieryla, Gilbert A. Esquerdo, Perry Berlind, Michael L. Calkins, Jamie Tayar, Lennart Lindegren, Jennifer A. Johnson, Thomas W.-S. Holoien, Katie Auchett, Kevin Covey