Ein Beobachtungsbericht von Christian Roßberg
2. März 2021 um 18:45 Uhr. Mein Auto ist gepackt und mit einer Liste potentieller Beobachtungs-Objekte im Gepäck geht es auf zum Beobachtungsplatz oberhalb von Nonrod süd-östlich von Darmstadt (350m über NN). Während ich die ersten Teile meines Dobson-Teleskops aus dem Auto auslade, fällt mir der starke Dunst bis ca. 30 Grad über dem Horizont auf.
Ich packe wieder ein und entscheide mich spontan für einen anderen Standort auf 450m Höhe unterhalb des Ortes Neunkirchen an einer alten Zufahrtsstraße. Der Platz ist nicht optimal. Die Häuser des Ortes sind beleuchtet und die Sicht ist von Osten bis Südwesten ist bis ca. 15° über den Horizont durch die Bewaldung der Neunkirchner-Höhe (650m NN) begrenzt . Aber der Standortwechsel hat sich gelohnt! Der Dunst ist deutlich geringer und passend zum Ende der astronomische Dämmerung beginne ich gegen 20:00 Uhr die kurze Beobachtungsnacht.
Um Blendung durch gelegentlich vorbeifahrende Autos zu vermeiden verwende ich ein Beobachtungstuch und entscheide mich erstmal beim Orionnebel (M42) zu bleiben. Eine Detail-Karte des Nebels hatte ich vor längerer Zeit schonmal ausgedruckt und zum Glück dabei.
Die Trapezsterne E+F sind im 16“ Dobson aufzulösen aber nicht besonders „klar“, ein Zeichen für nicht ganz optimales Seeing. Im 13mm 100° Okular bei 130x habe ich den gesamten Nebel im Überblick. Ich wandere immer wieder mit dem Teleskop von außen in das Zentrum des Nebels um indirekt weitere Details zu sehen. Dabei wechsle ich mit dem Filterschieber zwischen Klarglas, UHC und OIII Filter. Es kommen immer weitere, neue Strukturen zum Vorschein – ein wunderschöner Anblick. Nachdem ich mir einen Überblick verschafft habe, wechsle ich zum 10mm Okular und beginne mit der Suche der verschiedenen Regionen des Nebels.
Deutlich zu sehen ist die helle Huygheniana-Region, in der sich auch die Trapezsterne befinden. Diese ist im Süd-Osten durch „Frons“ scharf begrenzt. Die süd-westliche Begrenzung nennt sich Occiput, an die sich die Dunkelwolke „Sinus gentili“ anschließt. Die dunkle Region nord-östlich nennt sich „Sinus Magnus“ und wird durch den kleinen, hellen Nebelstreifen „Pons Schröteri“ überbrückt. Weitere Nebelstrukturen, auch im Randbereich der Schwingen werden sichtbar. Ich erhöhe die Vergrößerung und beobachte mit 8mm (211x) und 6mm (281x) Okular wieder mit Einsatz der verschiedenen Filter. Im 6mm Okular fällt mir auf, dass die gesamte Struktur im Zentrum stark gekräuselt ist – Wahnsinn. Wie im Nichts ist mehr als eine Stunde vergangen und es ist Zeit mal etwas im Stehen zu beobachten. Den Orionnebel zu zeichnen nehme ich mir für den Winter 2021/22 vor.
Ich fahre eine Runde spazieren um alte Bekannte zu sehen: den Rosettennebel (NGC 2237) mit Sternhaufen oder Hubbles veränderlichen Nebel (NGC 2261) im Sternbild Monoceros. Nach einem kurzen Besuch der Plejaden (M45, offener Sternhaufen mit Reflexionsnebeln). Geht es weiter in große Bärin. Ich halte beim Eulennebel (M97) an und beobachte die beiden Augen im 6mm Okular.
Ich bekomme Lust etwas zu spielen und mache mich auf dem Weg zum Doppelquasar Q0957+561. Ein aussichtsloses Objekt in unserer Gegend und mit meinem Teleskop. Dennoch wandere ich zur Galaxie NGC 3079 und suche das markante Sternenmuster ca. 10‘ im Norden, an dem sich auch der Doppelquasar befinden soll. Die schwächeren Sterne des Musters (15,2 und 15,6 Magnituden) kann ich immer wieder über längere Zeit gut halten. Ob da kurz der Doppelquasar aufgeblitzt ist? Ich bin mir unsicher…
Es ist inzwischen 22:15 Uhr. Ich messe eine Himmelshelligkeit von SQM-L 20.64, was einer visuellen Grenzgröße von ca. 5,90 Magnituden entsprechen soll. Das geht selbst in unserer Gegend nach Mitternacht noch besser, aber es ist ja auch leicht dunstig.
Ich Schwenke in das Sternbild Krebs. Der große, offene Sternhaufen Praesepe (M44) der in meinem 5″ (f/7) Apochromat immer schön anzusehen war, wirkt im 16″ Dobson leider nicht. Im 30mm Übersichtsokular (56x) ist die Vergrößerung einfach zu hoch. Das sich in ihm auch mehrere Galaxien befinden die ich hätte suchen können, fällt mir erst später wieder ein. Dafür ist der offene Sternhaufen M67 (Golden-Eye Cluster) sehr schön anzusehen und füllt das Gesichtsfeld des 10mm Okulars (169x) gut aus.
Der Himmel wird durch den demnächst aufgehenden Mond immer heller. Als letztes Ziel fällt mir in der Sternenkarte der Doppelstern Beta LMI im kleinen Löwen auf. Im 8mm Okulare lassen sich die 0,5“ entfernten Sterne immer wieder kurz trennen, im 6mm Okulare sogar dauerhaft.
Im Licht des weiter aufgehenden Mondes mache ich ein Picknick, packe das Auto und fahre nachhause. Diese kurze Beobachtungsnacht ist so ganz anders gelaufen als geplant. Die spontane Reise durch den Orion-Nebel wird mir dennoch noch lange in Erinnerung bleiben.