Ein supermassereiches Schwarzes Loch mit Rückstoß

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die Galaxie in der Bildmitte, aufgenommen vom Hubble-Weltraum-Teleskop, beherbergt eine Röntgenquelle, CID-42, die vermutlich der verschmolzene Rest eines Paars supermassereicher Schwarzer Löcher ist und die mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometer pro Stunde aus der Heimatgalaxie ausgestoßen worden ist. X-ray: NASA / CXC / SAO / F. Civano et al. Optical: NASA / STScI Optical (wide field): CFHT, NASA / STScI


 
Wenn Galaxien zusammenstoßen, werden die zentralen supermassereichen Schwarzen Löcher, die in ihren Kernen sitzen, sich letztlich in einem Binärsystem umkreisen, zumindest derzeitigen Simulationen zufolge. Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, daß Massen in einem Binärsystem Gravitationswellen abstrahlen sollten, vergleichbar den beschleunigten elektrischen Ladungen, die elektromagnetische Wellen abstrahlen, aber um vieles schwächer.
Während sie ihre Energie durch diese Gravitationswellen abstrahlen, werden sich umkreisende Schwarze Löcher schrittweise näher kommen, bis sie letztlich verschmelzen, ein Ereignis, das voraussichtlich mit einem heftigen Ausbruch an Gravitationswellen einhergeht. Die Relativitätstheorie sagt vorher, daß die Gravitationsstrahlung bei der Verschmelzung Schwarzer Löcher bevorzugt in eine Richtung abgestrahlt wird, die vom Verhältnis an Eigendrehimpuls und Masse der beiden Schwarzen Löcher abhängt. Um den Impuls zu erhalten, wird das neu entstandene, einzelne supermassereiche Schwarze Loch deshalb einen Rückstoß erfahren. In der Tat werden supermassereiche Schwarze Löcher mit einem Rückstoß als eine der wichtigsten beobachtbaren Belege für solche Verschmelzungen vorhergesagt. Während sie aus dem Zentrum der Galaxie herausschießen, sollen sie ihre lokale Umgebung (die Scheiben und Regionen aus heißem Gas) mitreißen.
Erstaunlich, doch einige dieser seltsamen, mit Rückstoß ausgestatteten Kandidaten sind offenbar glücklicherweise entdeckt worden (sie sind bislang nur Kandidaten, da ihr Charakter noch nicht bestätigt ist). Einer dieser Kandidaten ist die Röntgenquelle CID-42, die das Hubble-Weltraum-Teleskop in zwei helle Komponenten aufgelöst hat, die durch nur wenige Tausend Lichtjahre voneinander getrennt sind (eine recht kleine Entfernung im galaktischen Maßstab). Francesca Civano, Xiawei Wang, Avi Loeb und Martin Elvis vom CfA haben mit ihren Kollegen das Very Large Array Radio-Observatorium genutzt, um die Radiostrahlung zu untersuchen, die durch geladene Teilchen abgestrahlt wurde, als sie von den Schwarzen Löchern in CID-42 beschleunigt wurden. Die Astronomen prüften ihre Daten zusammen mit Daten anderer Einrichtungen in dem Bemühen, es als Objekt mit Rückstoß zu bestätigen. Sie stellten fest, daß die gesamte Radiostrahlung eine der beiden hellen Komponenten zugeordnet werden kann, die auch die Quelle der Röntgenstrahlung ist. Diese Quelle, so das Ergebnis ihrer Untersuchung (wenn auch noch nicht zweifelsfrei), könnte tatsächlich ein lang gesuchtes Beispiel für ein Schwarzes Loch mit Rückstoß sein. Die neue Forschungsarbeit ist ein großer Schritt, um die Existenz dieser exotischen Objekte zu bestätigen, aber weitere Beobachtungen werden dennoch benötigt.
Literatur:
„New Insights from Deep VLA Data on the Potentially Recoiling Black Hole CID-42 in the COSMOS Field“
Mladen Novak, Vernesa Smolcic, Francesca Civano, Marco Bondi, Paolo Ciliegi, Xiawei Wang, Abraham Loeb, Julie Banfield, Stephen Bourke, Martin Elvis, Gregg Hallinan, Huib T. Intema, Hans-Rainer Klockner, Kunal Mooley, and Felipe Navarrete
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 447, 1282–1288 (2015)