Die kosmischen Keimzellen der Schwarzen Löcher

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Simulation des Zusammensturzes von Gas zu einem kleinen Schwarzen Loch im sehr jungen Universum; es ist der erste Schritt zur Erzeugung eines massereichen Schwarzen Lochs, das die Keimzelle für die zukünftige Entwicklung einer Galaxie sein wird. (Die Abmessung des Bildes beträgt 20 AE; eine AE – Astronomische Einheit – ist die durchschnittliche Entfernung der Erde von der Sonne.) Becerra


 
Supermassereiche Schwarze Löcher mit Millionen oder Milliarden Sonnenmassen an Material werden in den Kernen der meisten Galaxien gefunden. Es wird vermutet, daß sie während der embryonalen Entwicklungsphasen dieser Galaxien eine wichtige Rolle spielen, indem sie als Kristallisationskeime wirken, um die sich herum Material ansammelt. Während der späteren Lebensspanne von Galaxien können sie spektakuläre, nach außen abströmende Jets an Material (neben anderen Phänomenen) antreiben, wenn einfallender Staub und Gas auf die Scheiben akkretieren, welche die Schwarzen Löcher gewöhnlich umgeben. Diese aktiven, späteren Phasen supermassereicher Schwarzer Löcher können dazu führen, Galaxien in extrem helle Objekte, etwa Quasare, zu verändern, deren Leuchtkräfte es erlauben, sie auf kosmische Entfernungen zu sehen. Tatsächlich sind kürzlich Quasare entdeckt worden, die aus Epochen von weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall stammen.
Aber woher kommen all diese Schwarzen Löcher – insbesondere diejenigen, die schon im frühen Universum gegenwärtig sind!? Bis zum explosiven Tod eines massereichen Sterns, ein eher symbolischer Weg, kann es viele Hundert Millionen Jahre dauern, in denen der Stern umgebendes Gas auf sich vereinigt und sich entwickelt; danach muß Material der Keimzelle des Schwarzen Lochs zugeführt werden, um zu einem supermassereichen Monster anzuwachsen. Es ist unklar, ob es im frühen Universum genügend Zeit für solch einen Ablauf gibt. Eine zweite Möglichkeit ist für die Entstehung dieser kosmischen Keimzellen vorgeschlagen worden: der direkte Kollaps von uranfänglichem Gas zu Keimen, die sehr viel massereicher sind – etwa zehntausend Sonnenmassen – als diejenigen, welche in den Aschen stellarer Überreste vorhanden sind.
Computersimulationen haben sich über Jahre bemüht, vorhersagen zu können, was bei einem direkten Kollaps abläuft; jedoch mit wechselhaftem Erfolg. Die Astronomen Fernando Becerra, Thomas H. Greif und Lars E. Hernquist vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics sowie Volker Springel vom Heidelberger Institut für Theoretische Studien haben jetzt die detailreichste 3-D-Simulation dieses Ablaufs im jungen Universum veröffentlicht; und das mit einer erstaunlich feinen räumlichen Auflösung – so klein wie das Sonnensystem. Dabei umfaßt die räumliche Ausdehnung einen Faktor von mehr als zehn Billionen und die Gasdichte gar einen Faktor von mehr als 20 Größenordnungen (über einhundert Million Billion). Sie stellen fest, daß sich ein kleiner, protostellarähnlicher Kern von nur 0.1 Sonnenmassen in nur wenigen Jahren aus einer geeigneten Umgebung entwickeln und dann in nur Millionen von Jahren zu einem supermassereichen Schwarzen Loch anwachsen kann. Im Besonderen stellen sie fest, daß eine Fragmentierung, von der vorhergesagt wurde, sie unterbreche das Wachstum dieser Keimzellen, kein ernsthaftes Problem darstellt. Das Ergebnis dieser Gruppe ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg für eine Erklärung zur Herkunft der Saatkörner von Galaxien.
Literatur:
„Formation of Massive Protostars in Atomic Cooling Haloes“
Fernando Becerra, Thomas H. Greif, Volker Springel, and Lars E. Hernquist
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 446, 2380-2393, (2015)