Hochgeschwindigkeitsjets aus einer möglicherweise neuen Klasse von Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die Seyfert-Galaxie NGC 5033. Wie alle Seyfert-Galaxien hat auch diese einen sehr hellen Kern und beeindruckende, doch vergleichsweise lichtschwache Spiralarme. Die Strahlung in Seyfert-Galaxien wird vermutlich durch ein supermassereiches Schwarzes Loch angetrieben und neue Beobachtungen einer entfernten, radiohellen Seyfert-Galaxie haben Röntgenstrahlung von sich schnell bewegenden, geladenen Teilchen in Jets aus der Umgebung ihres Schwarzen Lochs offenbart. Adam Block, Mt. Lemmon SkyCenter, University of Arizona


 
Seyfert-Galaxien gleichen Spiralgalaxien, außer daß sie einen besonders auffälligen, hellen Kern besitzen, der manchmal so leuchtkräftig wie 100 Milliarden Sonnen ist. Ihre gewaltigen Energien sollen erzeugt werden, wenn Materie in Richtung eines zentralen, supermassereichen Schwarzen Lochs fällt und auf eine das Loch umgebende Scheibe akkretiert. Beobachtungen halten zwei Arten von Seyfert-Galaxien auseinander: jene, deren Strahlung aus dem Kern geringfügig abgeschwächt zu sein scheint, werden für das Ergebnis eines Blicks auf die Kante der Galaxie (Edge-on) durch eine verdunkelnde Scheibe gehalten, und jene, die einen Blick von oben ohne Störung auf die ganze Galaxie (Face-on) erlauben.
Bipolare Jets aus geladenen Teilchen, die sich mit relativistischen Geschwindigkeiten bewegen, sind die machtvollste Manifestation der Energiefreisetzung durch supermassereiche Schwarze Löcher. Bei ungefähr 15% der Objekte liegt die Akkretionsscheibe an der Basis einer bipolaren Abströmung eines solch nahezu lichtschnellen Plasmas. Die Jets können sich bis weit außerhalb der Heimatgalaxie erstrecken und erzeugen beeindruckende Plasmakeulen, die am deutlichsten bei Radiowellenlängen meßbar, aber über das gesamte elektromagnetische Spektrum nachweisbar sind. In den Fällen, in denen die Galaxie von oben ohne Störung (Face-on) zu sehen und die Achse des Jets genau auf unsere Sichtlinie ausgerichtet ist, machen relativistische Effekte die Jetstrahlung außergewöhnlich intensiv und spektakulär, mit extrem hochenergetischem Röntgen- und Gammalicht. Da starke Radiogalaxien normalerweise in Kantenlage (Edge-on) beobachtet werden (oder bei etwas größeren Winkeln mit voller Ausdehnung der Abströmung am Himmel beobachtbar), wird nur ein kleiner Bruchteil an Radiogalaxien beobachtet, die hochenergetische Gammastrahlung besitzen.
2008 entdeckte der Satellit Fermi hochenergetische Gammastrahlung, die von der radiohellen, auf Kante stehenden Seyfert-Galaxie PMN J0948+0022 kam und die Existenz einer möglichen neuen Klasse eines supermassereichen Schwarzen Lochs in einem galaktischen Kern andeutete. Seither sind vier weitere Beispiele gefunden worden. Eine große Gruppe von Wissenschaftlern, zu der die Astronomen Wystan Benbow, Matteo Cerruti, Pascal Fortin und Emmet Roache vom CfA gehörten, untersuchten PMN J0948+0022 im Gammastrahlenbereich mit VERITAS, einem Teleskop des CfA. Daneben führten sie mit anderen Teleskopen Beobachtungen vom Röntgen- bis zum sichtbaren Bereich durch. Während einer Beobachtungsperiode im Januar 2013 brach die Quelle in einer hellen Eruption bei optischen, ultravioletten und Röntgenwellenlängen aus. VERITAS beobachtete die Quelle ungefähr eine Woche später, konnte sie aber nicht aufspüren. Durch Kombination der verschiedenen Ergebnisse und Beachtung von Einschränkungen ist die Gruppe in der Lage, die Strahlung zu modellieren, so als ob sie von geladenen Teilchen stammt, die sich mit fast Lichtgeschwindigkeit (nur 1:10 Millionen langsamer) aus der Umgebung eines Schwarzen Lochs von etwa 150 Millionen Sonnenmassen heraus in einem Magnetfeld bewegen, das ungefähr viermal stärker ist als das Magnetfeld der Erde. Obwohl die Ergebnisse eindrucksvoll sind, werden jetzt weitere Beobachtungen erforderlich, um zu bestätigen, ob diese Galaxie eine neue Klasse von Objekten darstellt.
Literatur:
„The Most Powerful Flaring Activity from the NLSy1 PMN J0948+0022“
F. D’Ammando et al.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 446, 2456–2467 (2015)