Ein gewaltiger Protocluster aus verschmelzenden Galaxien im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Eine künstlerische Darstellung des Galaxienprotoclusters SPT2349-56, eine Gruppe von mehr als einem Dutzend wechselwirkender Galaxien im frühen Universum. Astronomen haben den Protocluster in optischer, infraroter sowie Millimeterstrahlung beobachtet und festgestellt, daß einige dieser Galaxien „Submillimeter-Galaxien“ sind, unter ihnen die leuchtkräftigsten, schnell Sterne bildenden Galaxien, die man kennt.
ESO/M. Kornmesser

Submillimeter-Galaxien (SMGs) bilden eine Klasse der leuchtkräftigsten, entfernt liegenden und schnell Sterne bildenden Galaxien und können heller als eine Billion Sterne leuchten (insgesamt ungefähr einhundertmal leuchtkräftiger als die Milchstraße). Sie sind jedoch im allgemeinen im sichtbaren Licht schwer zu entdecken, da ein Großteil ihres ultravioletten und optischen Lichts durch Staub absorbiert wird, der sich dadurch aufwärmt und bei Submillimeter-Wellenlängen strahlt – der Grund für ihre Bezeichnung als Submillimeter-Galaxien. Als Energiequelle dieser Galaxien gelten hohe Raten an Sternentstehung, in der Größenordnung von eintausend Sternen pro Jahr (in der Milchstraße liegt die Rate wohl eher bei einem Stern pro Jahr). SMGs stammen normalerweise aus dem frühen Universum; sie befinden sich so weit entfernt, daß ihr Licht über zehn Milliarden Jahre, also mehr als 70% der Lebensdauer des Universums, unterwegs gewesen ist und somit aus einer Zeit von etwa 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall stammt. Da für ihre Entwicklung Zeit nötig ist, vermuten Astronomen, daß sie wahrscheinlich schon eine Milliarde Jahre früher lebhaft Sterne hervorbrachten und ihre Umgebung beeinflussten, aber über diese Phase ihrer Entwicklung ist nur sehr wenig bekannt.

SMGs sind neuerdings in Galaxienprotoclustern identifiziert worden, Gruppen von Dutzenden Galaxien im Universum, als dieses weniger als ein paar Milliarden Jahre alt war. Beobachtungen von großen SMGs in diesen fernen Protoclustern liefern wichtige Einzelheiten zum Verständnis sowohl zu ihrer frühen Entwicklung als auch zu den größeren Strukturen, zu denen sie gehören. Die CfA-Astronomen Emily Pass und Matt Ashby gehörten zu einem Team, das Infrarot- und optische Daten von Spitzer’s IRAC (Infrared Array Camera) beziehungsweise Instrumenten am südlichen Gemini-Observatorium nutzte, um einen früher entdeckten Protocluster, SPT2349-56, der aus der Zeit von nur 1.4 Milliarden Jahre nach dem Urknall stammt, zu untersuchen. Der Protocluster wurde mit dem Südpol-Teleskop bei Millimeter-Wellenlängen entdeckt und dann genauer mit Spitzer, Gemini und dem ALMA Submillimeter Array beobachtet.

Der Protocluster beherbergt eine auffällige Konzentration von vierzehn SMGs, von denen neun durch diese optischen und infraroten Beobachtungen entdeckt wurden. Die Astronomen waren in der Lage, anschließend die stellaren Massen, das Alter und den Gasgehalt dieser SMGs sowie deren Sternentstehungshistorien abzuschätzen, eine bemerkenswerte Leistung für solch entfernt gelegene Objekte. Neben anderen Eigenschaften des Protoclusters leiteten die Wissenschaftler ab, daß seine Gesamtmasse etwa eine Billion Sonnenmassen beträgt und seine Galaxien Sterne in einer Art hervorbringen, die den Sternentstehungsprozessen im heutigen Universum ähnlich ist. Sie kommen außerdem zu dem Ergebnis, daß das ganze Ensemble wahrscheinlich inmitten eines gigantischen Verschmelzungsprozesses liegt.

Literatur:

„Optical and near-infrared observations of the SPT2349-56 proto-cluster core at z = 4.3“

K. M. Rotermund, S. C. Chapman, K. A. Phadke, R. Hill, E. Pass, M. Aravena, M. L. N. Ashby, A. Babul, M. Bethermin, R. Canning, C. de Breuck, C. Dong, A. H. Gonzalez, C. C. Hayward, S. Jarugula, D. P. Marrone, D. Narayanan, C. Reuter, D. Scott, J. S. Spilker, J. D. Vieira, G. Wang and A. Weiss

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 502, 1797, 2021

oder

arXiv:2006.15345v4 [astro-ph.GA] 12 Jan 2021