Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Die Bildung von Sternen geht mit komplexen Wechselwirkungen vieler Phänomene einher, zu denen gravitativer Kollaps, Magnetfelder, Turbulenz, stellare Rückkopplung und Rotation von Wolken zählen. Das Gleichgewicht zwischen diesen Einflüssen ändert sich erheblich von Quelle zu Quelle und Astronomen haben eine statistische Methode angewandt, um die charakteristische Frühphase der Sternbildungssequenz zu verstehen. Das erste Stadium nennt man protostellare Phase. Dieses Stadium wird bei Sternen mit niedriger Masse (solche, die ungefähr Sonnenmasse besitzen) gewöhnlich in zwei Klassen unterteilt, während denen der Stern durch Akkretion von Material aus einer großen Hülle, deren Ausdehnung zwischen fünfhundert und zehntausend Astronomischen Einheiten (AE) betragen kann, in einem Prozeß wächst, der ungefähr eine halbe Million Jahre andauern kann. Allerdings gibt es beträchtliche Unsicherheiten: zum Beispiel wird viel Gas in starken Ausströmungen in das interstellare Medium zurückgestoßen.
Das Fehlen einer großen, systematischen Durchmusterung solcher Quellen hat es Astronomen schwer gemacht, die vielen beteiligten Prozesse einzuordnen. Die CfA-Astronomen Ian Stephens, Tyler Bourke, Mike Dunham, Phil Myers, Sarah Sadavoy, Katherine Lee, Mark Gurwell und Alyssa Goodman leiteten ein Team, das mit Hilfe des Submillimeter Array die größte allgemeine hochauflösende Spektralliniendurchmusterung im Submillimeterbereich für junge Protosterne zusammenstellte und veröffentlichte. Das Team beobachtete vierundsiebzig junge Objekte in der Perseus-Molekülwolke, die etwa tausend Lichtjahre entfernt ist. Das MASSES (Mass Assembly of Stellar Systems and Their Evolution with the SMA) genannte Programm beobachtete die Protosterne sowohl mit hoher als auch niedriger räumlicher Auflösung und wählte Objekte mit einer Größenordnung von ungefähr dreihundert AE bis hin zu mehr als neuntausend AE bei bis zu vierzig Moleküllinien (auch wenn nicht jede Quelle alle Linien besaß) aus.
Die Region war bereits zuvor untersucht worden und dafür bekannt, viele bipolare, protostellare Ausströmungen aufzuweisen, aber die neuen hochaufgelösten Aufnahmen zeigten eine Fülle von Eigenschaften der Ausströmungen, die größtenteils im Kohlenmonoxidgas zu sehen sind. Die Studie untersuchte sechs dieser Objekte, die so jung sind, daß sie bis jetzt nicht heiß genug sind, um ihre ursprüngliche Gaskomponente, molekularen Wasserstoff, zu spalten. Diese Protosterne sind als „Erste Kerne“ bekannt und mit dem MASSES-Programm entdeckte man bei vier von ihnen Ausströmungen und erkannte einen davon wegen seiner kompakten Natur und niedriger Ausströmungsgeschwindigkeit als vielversprechendstes Beispiel seines Typs. Diese neue Studie, die umfangreichste und vollständigste allgemeine Erhebung ihrer Art, gibt Astronomen einen neuen Datensatz zur Untersuchung der Bildung von Sternen niedriger Masse in ihrer frühesten Phase an die Hand.
Literatur:
“Mass Assembly of Stellar Systems and Their Evolution with the SMA (MASSES) – Full Data Release”
Ian W. Stephens, Tyler L. Bourke, Michael M. Dunham, Philip C. Myers, Riwaj Pokhrel, John J. Tobin, Héctor G. Arce, Sarah I. Sadavoy, Eduard I. Vorobyov, Jaime E. Pineda, Stella S. R. Offner, Katherine I. Lee, Lars E. Kristensen, Jes K. Jørgensen, Mark A. Gurwell, and Alyssa A. Goodman
The Astrophysical Journal Supplement Series, 245, 21, 2019
oder
arXiv:1911.08496v1 [astro-ph.GA] 19 Nov 2019