Die kosmische Irritation des Mikrowellen-Hintergrunds

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein Bild vom Herzstück der “SPTpol”-Instrumente des Südpol-Teleskops, das 768 Bildpunkte und 1536 Detektoren umfaßt und in der Lage ist, die Polarisation der eintreffenden Millimeterstrahlung zu messen. Das SPT-Team hat mit SPTpol festgestellt, daß die vereinte polarisierte Strahlung ferner Galaxien nicht stark genug ist, um die Suche nach Polarisationseffekten im kosmischen Mikrowellen-Hintergrund zu verdecken.
SPT collaboration; DOE

Etwa 380,000 Jahre nach dem Urknall, vor ungefähr 13.7 Milliarden Jahren, kühlte die Materie (größtenteils Wasserstoff) stark genug ab, um neutrale Atome zu bilden, und Licht konnte den Raum ungestört durchqueren. Dieses Licht, die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (engl.: cosmic microwave background radiation = CMBR) kommt aus jeder Himmelsrichtung gleichförmig zu uns, mit Ausnahme eines schwachen Auf und Ab der Helligkeitsschwankungen von nur ein paar hunderttausendstel, die Saat zukünftiger Strukturen wie etwa Galaxien.

Astronomen vermuteten, daß diese kleinen Unregelmäßigkeiten auch Spuren eines anfänglichen Ausbruchs an Ausdehnung – die sogenannte Inflation – enthalten, der das neue Universum um dreiunddreißig Größenordnungen in kaum 10-33 Sekunden aufblähte. Belege für die Inflation sollten sich äußerst schwach in der Art zeigen, wie diese Unregelmäßigkeiten gekräuselt sind, ein Effekt, der nach allgemeiner Erwartung vielleicht einhundert Mal schwächer ist als die winzigen Unregelmäßigkeiten selbst. CfA-Astronomen und ihre Kollegen, die am Südpol forschen, haben daran gearbeitet, Hinweise auf solch eine Kräuselung, die „B-Mode-Polarisation“, zu finden.

Spuren dieses winzigen Effekts sind nicht nur schwer zu messen, sie können durch damit nicht in Zusammenhang stehende Phänomene verdeckt sein, die diese Effekte verzerren oder sogar überlagern. CfA-Astronom Tony Stark gehört dem großen Südpol-Teleskop (SPT) Konsortium an, eine Arbeitsgemeinschaft, die Galaxien und Galaxiencluster im fernen Universum mittels Mikrowellen untersucht hat. Einzelne kosmische Quellen werden im Allgemeinen entweder von Kernen mit aktiven supermassereichen Schwarzen Löchern beherrscht, die über Jets geladener Teilchen, die aus den Regionen um die Schwarzen Löcher herum ausgestoßen werden, Strahlung aussenden, oder durch Sternentstehung dominiert, deren Strahlung von warmem Staub stammt. Diese Strahlung ist vermutlich ebenfalls polarisiert und könnte eine positive Identifizierung der Strahlungssignale der B-Mode in der CMBR erschweren. Das SPT-Team verwendete eine neue Analysemethode, um die gemeinsame Polarisationsstärke aller Strahlungsquellen im Millimeter-Wellenlängenbereich zu untersuchen, die sie in einem 500 Quadratgrad großen Feld am Himmel gefunden haben – circa viertausend Objekte. Die Arbeitsgruppe kommt zu dem Ergebnis – und dies sind gute Neuigkeiten für CMBR-Forscher – daß die extragalaktischen Vordergrundeffekte kleiner sind als zu erwartende Signale durch die B-Mode, zumindest über eine breite Palette an räumlichen Skalen.

Literatur:

„Fractional Polarization of Extragalactic Sources in the 500 deg2 SPTpol Survey“

N. Gupta et al.

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 490, 5712, 2019

oder

arXiv:1907.02156v2 [astro-ph.CO] 17 Jan 2020