Dunkle Materie in einer Galaxie

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarben-Infrarotbild der lichtschwachen, Edge-on-Galaxie UGC 7321, fotografiert mit der IRAC-Kamera des Spitzer-Weltraum-Teleskops. Astronomen, die die Galaxie nachbilden, haben gefolgert, daß Dunkle Materie eine wichtige Rolle bei der Untersuchung der Dynamik sowohl der inneren als auch der äußeren Regionen in dieser Galaxie spielt. NASA und Lynn Matthews / Kenneth Wood


 
Sterne, die bekanntesten Objekte am Nachthimmel, machen nur einen sehr kleinen Prozentsatz am gesamten Anteil der Materie im Universum aus – etwa 2%. Näherungsweise weitere 8% der Materie steckt in Objekten, die nie direkt gesehen worden sind, weil sie zum Beispiel zu kalt sein könnten, um viel sichtbares Licht auszustrahlen; die Forscher schätzen diesen Prozentsatz auf indirektem Weg aus der relativen Häufigkeit von Wasserstoff- und Heliumgas sowie anderen empfindlichen Gradmessern über die Existenz anderer Atomsorten ab.
Der größte Anteil an der Materie jedoch, insgesamt nahezu 90%, besteht aus einer unbekannten Form. Ihre Anwesenheit wird aus den Bewegungen der Galaxien abgeleitet: ihre Rotationen, ihre Bewegungen als Mitglieder von Galaxienclustern und ihr Verhalten im sich ausdehnenden Universum. Diese beherrschende und rätselhafte Art von Materie ist „Dunkle Materie“ genannt worden. Wir wissen nicht, was Dunkle Materie ist, nur, daß es nicht die Teilchen sind, aus denen normale Atome bestehen. Hinweise auf ihre Natur könnten dennoch dort gefunden werden, wo sie aufgespürt wird und wie sie verteilt ist. Daher suchen Astronomen Galaxien eingehend nach diesen schwer zu fassenden Hinweisen ab.
Die Galaxie UGC 7321 ist eine von der Kante her zu sehende Spiralgalaxie mit einer stark abgeflachten Sternscheibe, aber ohne zentrale Verdickung, die gemeinhin in vielen Galaxien zu sehen ist. Viele Studien haben Dunkle Materie auf Grundlage der Art und Weise gestaltet, wie ihre Gravitation die Rotation der galaktischen Scheibe bei Radien beeinflusst, die weit vom Zentrum entfernt gelegen sind; nun haben Astronomen versucht zu untersuchen, wie Dunkle Materie das Verhalten von Materie senkrecht zur galaktischen Scheibe beeinflussen könnte. Hierzu nutzten Arunima Banerjee, Lynn Matthews (SAO) und Chanda Jog die Spiralgalaxie UGC 7321, um den Einfluß in der Vertikalen erstmals in einer lichtschwachen, dünnen Galaxie zu untersuchen.
Die Astronomen stellten Sterne und Gas der Galaxie mit einem Halo aus Dunkler Materie nach, deren Gravitation die radiale wie die senkrechte Form des Systems beschränkt. Sie kommen zu dem Schluß, daß ein in sich logisches Bild mit einem Halo aus Dunkler Materie entsteht, dessen durchschnittliche Dichte etwa 500 Erdmassen pro Kubiklichtjahr beträgt und dessen Gegenwart sogar innerhalb der inneren Spiralbereiche der Galaxie ihren Einfluß ausübt (einige tausend Lichtjahre); dies steht im im Gegensatz zum Fall der leuchtkräftigeren, massereichen Galaxien, wo überwiegend Sterne und Gas die Dynamik der inneren Regionen beherrschen. Die neuen Resultate bedeuten, daß Dunkle Materie eine Galaxie durchdringt und nicht darauf beschränkt ist, in den kalten äußeren Regionen des intergalaktischen Raums vorzukommen. Obwohl dies keine überraschende Schlußfolgerung zu sein scheint, ist jede Kleinigkeit an Information über die rätselhafte Dunkle Materie wertvoll.