Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)
Galaxien im beobachtbaren Universum zeigen eine bemerkenswerte Vielfalt in ihrem Aufbau und ihren Eigenschaften, zumeist auf Grund der vielen unterschiedlichen Wege, auf denen sich ihre Sterne bilden und entwickeln. Das Wachstum von Galaxien erfolgt üblicherweise durch die Akkretion von Gas oder durch Verschmelzungen von Galaxien. Ihre Sternentstehungsaktivität wird durch Turbulenzen und Rückkopplung im Gas beeinflußt und kann durch Schockwellen oder Winde von Supernovae oder aktive galaktische Kerne unterdrückt sein. Die vielschichtige Geschichte der wachsenden Zahl an Sternen umfaßt physikalische Prozesse, die sich über einen großen Bereich an Zeitskalen auswirken. Auf den kürzesten Zeitskalen, weniger als etwa einige zehn Millionen Jahre, gehören ionisierende Strahlung oder Zusammenstöße von Molekülwolken zu den vorherrschenden Prozessen; längerfristig betrachtet, bis zu ein paar hundert Millionen Jahren, beziehen Prozesse Sternentstehungsausbrüche, stellare Rückkopplung, Entwicklung von Magnetfeldern und galaxienweite Winde mit ein; auf den längsten Zeitskalen von zig Milliarden Jahren gehören zu den wichtigen Prozessen Galaxienverschmelzungen und die Entwicklung der Häufigkeit der Elemente. Deshalb ist die Beobachtung einer Galaxie eine Momentaufnahme der Gesamtwirkung all dieser Prozesse. Könnte es möglich sein, die Geschichte der Sternentstehung einer Galaxie aus einer Beobachtung dieser komplizierten, sich überlagernden Mischung aus unterschiedlichen Phänomenen abzuleiten?
Die CfA-Astronomen Sandro Tacchella, Lars Hernquist und Benedikt Diemer haben mit ihren Kollegen eine Methode entwickelt und erfolgreich getestet, um dieses schwierige Problem anzugehen. Mit acht verschiedenen Computersimulationen zur Galaxienentwicklung betrachteten die Forscher die Chroniken von deren Sternentstehung über Zeitspannen von einhundert Millionen Jahren (100 Myr). Sie nutzten statistische Methoden, um die Entwicklung der Sternentstehung über die galaktische Zeit in eine Messung der Sternentstehungsaktivität über die Zeitintervalle umzuwandeln. Eine Galaxie beispielsweise, die Sterne mit einer Rate hervorbringt, die über ihre Lebensdauer in Zyklen von 500 Myr fortlaufend pendelt, würde, bei einer Auswertung des Zeitintervalls, eine deutliche Spitze bei 500 Myr, bei anderen Intervallen jedoch nichts zeigen.
Die Astronomen fanden, daß ihre Analysemethode, auf ihre diversen Simulationen angewandt, mit Erfolg beides konnte: die Art der Sternbildungsaktivität beschreiben und die Stärke ihrer Schwankungen beziffern. Sie folgern, daß zufällige Aktivität ein allgemeines, charakteristisches, statistisches Verhalten zeigt, daß zwischen Galaxien etwa gleich ist, gerade so wie die einzelnen Zeitskalen variieren, obwohl sie sich auf identifizierbaren Wegen, beispielsweise abhängig von Sternmasse oder anderen Parametern, verändert. Deutlich konnte das Team auch Unterschiede im statistischen Verhalten der Sternentstehungsraten in ihren verschiedenen Simulationen erkennen. Sie schließen mit der Bemerkung, daß sie jetzt diese Technik auf Beobachtungen von Galaxien anwenden können und, wenn mit Simulationen verglichen, die Ergebnisse nutzen, um das Verständnis für die komplexe Geschichte der Sternentstehung in Galaxien zu verbessern.
Literatur:
“The Diversity and Variability of Star Formation Histories in Models of Galaxy Evolution”
Kartheik G. Iyer, Sandro Tacchella, Shy Genel, Christopher C. Hayward, Lars Hernquist, Alyson M. Brooks, Neven Caplar, Romeel Dave, Benedikt Diemer, John C. Forbes, Eric Gawiser, Rachel S. Somerville and Tjitske K. Starkenburg
oder
arXiv:2007.07916v1 [astro-ph.GA] 15 Jul 2020