Staubkörner aus Supernovae

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Eine optische Aufnahme vom Pferdekopf-Nebel im Sternbild Orion, dessen Staub das leuchtende Gas dahinter verdunkelt. Lange glaubte man, daß interstellare Staubkörner in den Auswürfen von Supernovae gebildet werden, aber Körner können durch Supernovae auch zerstört werden. Astronomen haben ausführliche, neue Berechnungen über Stauberzeugung und Zerstörung mit Hilfe von Daten des Supernova-Überrests Cassiopeia A durchgeführt. Sie ziehen den Schluß, daß unter geeigneten Bedingungen Supernovae tatsächlich wichtige Quellen von interstellarem Staub sein können.
NASA/Hubble, and Nigel A. Sharp, NOAO/AURA/NSF

Staubkörner im interstellaren Medium sind für die spektakulären Formen verantwortlich, die das Erscheinungsbild von hellen Nebeln verdunkeln, wie zum Beispiel der Pferdekopf-Nebel. Die Körner absorbieren ultraviolettes und optisches Licht, und wenn sie sich in Molekülwolken oder anderen Regionen hoher Dichte anhäufen, blockieren sie unsere Sicht auf das Hintergrundlicht. Etwa ein Prozent der Masse des interstellaren Mediums liegt in Form von Staub vor, während der Rest aus Gas, hauptsächlich Wasserstoff, besteht. Staub spielt auch in den Lebenszyklen von Sternen und Galaxien eine wichtige Rolle. Staub und Moleküle kühlen das Gas und fördern den Sternbildungsprozeß. Die Körner unterstützen die Bildung von Molekülen, da Atome aus dem Gas an ihren kalten Oberflächen gebunden werden und dann untereinander reagieren; bei Anwesenheit von ionisierender Strahlung schützen die Körner die Moleküle auch vor Zerstörung. Nicht zuletzt strahlt der Staub thermische Energie bei infraroten Wellenlängen ab, und leucht-kräftige Galaxien werden oft von dem Infrarotlicht beherrscht, das von ihrem durch Strahlung aufgewärmten Staub abgegeben wird.

Staubkörner bilden sich aus Elementen, die in Sternen entstehen, hauptsächlich Silizium und Kohlenstoff; überdies können ihre Oberflächen mit Schichten aus Wassereis oder anderen Arten gefrorener Moleküle bedeckt sein. Staub ist daher ein Lager für Elemente in einer Galaxie und hilft, deren Fülle und Transport zu regulieren. In den ersten Milliarden Jahren des Universums, und besonders in dem Zeitalter, als Sternentstehung am aktivsten war, machten all diese Effekte die Rolle von Staub besonders wichtig. Woher stammt der Staub? Man weiß, daß sich die Kerne von Staubkörnern in den dichten Auswürfen von Supernovae und in den langsamen, dichten Winden von entwickelten Riesensternen formen. Doch können Körner auch durch Strahlung oder heißes Gas, insbesondere durch Schockwellen und Korn-Korn-Zusammenstöße, die beide üblicherweise ebenfalls durch Supernovae hervorgerufen werden, zerstört werden. Infolgedessen bestand in der Theorie eine fortwährende Unsicherheit über ein offensichtliches Ungleichgewicht zwischen Zerstörungs- und Bildungsraten der Körner. Eine vorgeschlagene Lösung regte an, daß Akkretion von Gas auf schon vorhandene Kornkerne hilft, die Staubhäufigkeit aufrecht zu erhalten, aber dieser Gedanke erfordert trotzdem, daß Kornkerne mit ausreichend hohen Raten eingespeist werden.

CfA-Astronom Jonathan Slavin leitete eine Gruppe von Astronomen, die untersuchte, wie viel in Supernovae erzeugter Staub in das interstellare Medium freigesetzt werden kann. Sie schlossen neue hydrodynamische Berechnungen über die Entwicklung von Staubkörnern ab, angelehnt an Beobachtungen des Supernova-Überrests Cassiopeia A, der rund elftausend Lichtjahre entfernt ist. Sie verfolgen die Entwicklung der Körner von der Bildung im dichten Auswurfmaterial bis zu ihrer Erfahrung mit Schockwellen und anderen zerstörerischen Prozessen. Sie finden heraus, daß größere Körner überleben können (solche mit Radien, die geringfügig kleiner sind als eine Wellenlänge des Lichts für Körner, die aus Silikat aufgebaut sind, und einer halben Wellenlänge für Körner, die auf Kohlenstoff beruhen), während kleinere zerstört werden. Nachdem diese größeren Körner in das interstellare Medium hinauskatapultiert sind, machen sie ihre hohen Geschwindigkeiten für Zerstörung durch Kollisionen anfällig, aber die Wissenschaftler stellen fest, daß ungefähr 10% – 20% der Körner aus Silikat überleben (30% – 50% sind es bei den mit Kohlenstoff aufgebauten Körnern). Die Gruppe kommt zu dem Ergebnis, daß Supernovae in der Tat bedeutende Lieferanten für den Staub sein können, wobei die Supernova eines Sterns mit neunzehn Sonnenmassen ungefähr ein Zehntel Sonnenmasse an Staub erzeugt.

Literatur:

„The Dynamics, Destruction, and Survival of Supernova-formed Dust Grains“

Jonathan D. Slavin, Eli Dwek, Mordecai-Mark Mac Low, and Alex S. Hill

The Astrophysical Journal 902, 135, 2020

oder

arXiv:2009.01895v1 [astro-ph.HE] 3 Sep 2020