Die Massen der supermassereichen Schwarzen Löcher

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Die Galaxie NGC 5548 beherbergt in ihrem Kern ein supermassereiches Schwarzes Loch (ein supermassereiches Schwarzes Loch hat eine Masse, die eine Million Sonnenmassen übertrifft). Astronomen hatten berichtet, daß die Massen von zentralen Schwarzen Löchern mit den Massen der Sterne ihrer Heimatgalaxien in Beziehung stehen, ein Hinweis darauf, daß sie sich irgendwie gemeinsam entwickeln, doch beruhten diese Untersuchungen vornehmlich auf Mittelwerten von Galaxien. Eine neue Untersuchung der Röntgenstrahlung einzelner Galaxien zieht den Schluß, daß diese zentralen Schwarzen Löcher und die stellaren Massen sich in der Tat gemeinsam entwickeln und das einige frühere Folgerungen durch Auswahleffekte beeinflußt waren.
ESA/Hubble and NASA Acknowledgement: Davide de Martin

Man vermutet, daß die meisten Galaxien in ihrem Kern ein supermassereiches Schwarzes Loch (englisch: supermassive black hole = SMBH) beherbergen, ein Objekt mit einer Masse, die eine Million Sonnenmassen übertrifft. Unsere Milchstraße hat ein Schwarzes Loch von vier Millionen Sonnenmassen in ihrem Zentrum, und die extremsten Exemplare schätzt man auf bis zu zehn Milliarden Sonnenmassen. Aktive als auch inaktive Galaxien haben SMBHs, wobei die ersteren lebhaft Material akkretieren und aus ihrer heißen Umgebung Strahlung aussenden. Die Massen dieser Monster werden für gewöhnlich unmittelbar aus den Bewegungen von Gas oder Sternen bestimmt, die sich unter dem Einfluß der starken Schwerkraftpräsenz des Kerns bewegen. Man kann auch indirekte Messungen mittels zusätzlicher Beziehungen vornehmen, die man gefunden hat; die Massen von SMBHs scheinen beispielsweise eng mit den stellaren Massen von Galaxien und der beobachteten Bandbreite der Bewegungen (die „Geschwindigkeitsdispersion“) in den galaktischen Gastgebern in Beziehung zu stehen. Da Schwarze Löcher gewöhnlich mit der Zeit wachsen, deuten diese Beziehungen darauf hin, daß es eine Art Koevolution mit der Galaxie gibt, doch um was es sich dabei handelt und wie es sich entwickelt, ist nicht verstanden. Zum Beispiel zeigen inaktive Galaxien manchmal eine andere Beziehung als aktive Galaxien; vielleicht beruht dies auf Vorlieben bei der Auswahl. Einige Wissenschaftler haben gefolgert, daß die Verbindung mit der stellaren Masse lediglich als Nebenprodukt aus grundlegenderen Beziehungen mit der Geschwindigkeitsdispersion folgt.

Die CfA-Astronomin Francesca Civano ist Mitglied in einem Team von Astronomen, die Daten des Chandra-Röntgen-Observatoriums und anderer Röntgenmissionen nutzte, um die wichtige Frage zu untersuchen, ob Auswahleffekte bei Beobachtungen zu dem Auftreten einer Beziehung führt. So begünstigen die begrenzten Möglichkeiten moderner Teleskope zwangsläufig Galaxien, deren Gas und Sterne die größten Bewegungen aufweisen, und Computersimulationen haben gezeigt, daß dieser Effekt alleine für das Auftreten einer Beziehung verantwortlich sein könnte. Die Wissenschaftler betrachteten stattdessen die Röntgenleuchtkraft einer Stichprobe von Galaxien, also eine Messung der Akkretion in deren SMBHs, die ihrerseits wieder eine Messung von deren Massen und deren Effizienz bei der Strahlungsproduktion ist. Die Methode der Astronomen nutzte Röntgenergebnisse von einzelnen Galaxien, um Massen zu erhalten; dieses Verfahren ist zuverlässiger als ähnliche, ältere Versuche, die kombinierte Röntgenmittelwerte benutzten.

Die Astronomen stellen fest, daß die Sternmassen von Galaxien und die Massen ihrer SMBHs in den Kernen gemeinsam zu wachsen scheinen und das diese Beziehung nahezu unabhängig von der galaktischen Epoche bis in die Vergangenheit von vor ungefähr zehn Milliarden Jahren ist. Dieses Ergebnis liefert einen unabhängigen Beweis, daß frühere Beziehungen durch Auswahleffekte verfälscht wurden, zumindest für jene, die aus Bewegungen abgeleitet wurden. Das Team berichtet darüber hinaus von einer Überraschung: die Effektivität der Strahlungsentstehung auf Grund der Akkretion liegt offenbar bei fünfzehn Prozent, nahezu zehn Mal höher als aus der Theorie abgeleitet und besagt, daß sich die Schwarzen Löcher schnell drehen, denn rotierende Schwarze Löcher sollten leistungsfähigere Strahler sein.

Literatur:

„Probing Black Hole Accretion Tracks, Scaling Relations, and Radiative Efficiencies from Stacked X-ray Active Galactic Nuclei“

Francesco Shankar et al.

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 493, 1500, 2020

oder

arXiv: 1912.06153v1 [astro-ph.GA] 12 Dec 2019