Die Masse der Milchstraße

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die Hubble-Aufnahme eines Teils der Andromeda-Galaxie, einer benachbarten Spiralgalaxie, die weitgehend der Milchstraße gleicht. Astronomen haben eine neue Methode vorgeschlagen, um die Gesamtmasse der Milchstraße mit Hilfe von Hyperschnellläufern zu messen. NASA, ESA, J. Dalcanton, B.F. Williams, L.C. Johnson (University of Washington), the PHAT team, and R. Gendler

Sowohl die physikalischen Eigenschaften als auch die Entwicklungsgeschichte der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, sind Schlüssel zum Verständnis der Geschichte der Galaxienbildung im gesamten Universum und tragen zum Wissen über Details wie dem Wirkungsgrad der Verwandlung von Atomen in Sterne, der Entwicklung von Begleitgalaxien wie die Magellanschen Wolken und noch vieles mehr bei. Eine Größe, die Gesamtmasse der Milchstraße, ist besonders wichtig, aber bislang recht zweifelhaft. Sie ist schwierig zu messen, nicht nur, weil wir tief im Inneren der Galaxis selbst liegen, sondern auch, weil die meiste Masse in Form von Dunkler Materie vorliegt, die nicht strahlt. Gegenwärtige Schätzungen der Gesamtmasse unserer Galaxis beruhen auf den Bewegungen der Gezeitenströme von Gas sowie Kugelsternhaufen, den beide werden durch die gravitative Masse der Galaxis beeinflußt und die Schätzungen reichen von einer bis zu mehreren Billionen Sonnenmassen.

CfA-Astronom Abraham Loeb und sein Kollege G. Fragione von der Universität in Rom haben eine neue und erfolgversprechende Methode zur Abschätzung der Gesamtmasse der Milchstraße entwickelt: das Modellieren der Bewegungen von Hyperschnellläufern – Sterne, die als Ergebnis der Wechselwirkungen von Doppelsternsystemen mit dem supermassereichen Schwarzen Loch in unserem galaktischen Zentrum aus der Galaxis katapultiert worden sein sollen. Bislang sind mehr als zwanzig dieser Sterne entdeckt worden, die sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 700 km/s und in Entfernungen von mehr als hundertfünfzigtausend Lichtjahren zum galaktischen Zentrum bewegen. Obwohl der genaue Mechanismus, der diese Sterne hervorruft, noch immer diskutiert wird, sind ihre Umlaufbahnen vollständig durch das Gravitationsfeld der Galaxis, das abgeleitet werden kann, festgelegt.

Die beiden Astronomen setzten für diese beobachteten Hyperschnellläufer eine Reisezeit von 330 Millionen Jahre an, die ihrer durchschnittlichen Lebensdauer beim Verbrauch des Wasserstoffs entspricht. Zusammen mit weiteren, aus der Bewegung dieser Sterne erhältlichen Informationen berechneten Loeb und Fragione, daß die Masse der Milchstraße zwischen 1.2 und 1.9 Billionen Sonnenmassen liegt – eine nicht unerhebliche Steigerung der Genauigkeit gegenüber früheren Abschätzungen.

Literatur:

„Constraining Milky Way Mass with Hypervelocity Stars“

G. Fragione and A. Loeb

New Astronomy 55 (2017) 32–38