Die Lebensdauer des solaren Nebels

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Aufnahme eines Angrit-Meteors, einer Klasse sehr alter und ursprünglicher Meteorite, die aus der Zeit der Bildung des Sonnensystems stammen. Neue Messungen der Magnetfeldstärke in Angrit-Proben zeigen, daß die Feldstärken sehr schwach sind und deuten an, daß das Feld und der solare Nebel selbst sich ungefähr 4 Millionen Jahre nach der Bildung des Nebels aufgelöst hatten. Das Ergebnis hilft, die Zeit einzugrenzen, die für die Bildung von Planeten verfügbar ist.
John Kashuba, Meteorite Times Magazine

Sehr junge Sterne weisen Gasnebel und protoplanetare Scheiben auf, wo sich Planetensysteme bilden. Die Lebensdauer dieser Scheiben gibt eine wichtige Einschränkung für den Zeitraum der Planetenentstehung vor, schließt die am Ende stehende Größe und Exzentrizität der aus Gestein bestehenden terrestrischen Planeten mit ein und ist somit eine wichtige Größe in den Modellen. Beobachtungen nahgelegener, junger stellarer Objekte deuten darauf hin, daß der Zeitraum für gewöhnlich kurz ist und weniger als fünf Millionen Jahre beträgt, doch sind solch kurze Zeiten überraschend, da sie einen höchst leistungsfähigen Mechanismus (oder mehrere) voraussetzen, um Material zu transportieren und die Scheibe aufzulösen. Wie diese funktionieren ist ungewiß.

Entwicklung und Auflösung des Gasnebels sind eng mit dessen Magnetfeldern verbunden. Die Magnetfelder transportieren Drehmoment, treiben Akkretion von der Scheibe auf den zentralen Stern an. Diese Prozesse legen sowohl die Struktur des solaren Nebels als auch das Niveau der Turbulenz der Scheibe fest und beeinflussen sehr stark viele Abschnitte der Planetenentstehung. Information über die Magnetfelder des Nebels können in stabilen Einschlüssen bewahrt bleiben, die die Bausteine von Planeten und Asteroiden sind und durch eine Untersuchung bestimmter Meteorite können die Magnetfelder wiedererlangt werden und so Grenzen für die Lebensdauer des solaren Nebels vorgeben.

Angrite gehören zu den ältesten und ursprünglichsten bekannten Exemplaren für Meteorite, die sich nach Bildung des Sonnensystems schnell abkühlten. Sie enthalten ferromagnetische Körner, die eine dauerhafte Magnetisierung erworben haben sollten, falls ein Magnetfeld zum Zeitpunkt ihrer Kristallisation vorhanden war und nun genutzt werden können, um direkte, genau datierte Messungen der Feldstärke im Nebel am Entstehungsort der terrestrischen Planeten zu erlangen. CfA-Astronom Xue-Ning Bai untersuchte mit Kollegen drei Angrit-Proben und entdeckten, daß ihre Magnetfelder sehr schwach waren; dies läßt darauf schließen, daß zu der Zeit, als sich die Angrite bildeten, das Feld im solaren Nebel auf weniger als 10% seines ursprünglichen Werts (der aus verschiedenen meteoritischen Proben ermittelt wurde) abgefallen war. Die Entstehung des solaren Nebels wird auf eine Zeit von vor 4567.30 (±0.16) Millionen Jahren bestimmt und beruht auf der Kristallisation von Mineralien in bestimmten Meteoriten. Die radioaktive Datierung der Angrite zeigt, daß sie ein Alter von 4563.5 (+-0.1) Millionen Jahre besitzen und dies bringt mit sich, daß das Magnetfeld – und vermutlich der Nebel selbst – sich in weniger als 4 Millionen Jahren aufgelöst hat. Dieses bedeutsame Ergebnis gibt folglich den wichtigen zeitlichen Rahmen für Planetenbildung und Planetenwanderung in unserem Sonnensystem vor.

Literatur:

„Lifetime of the Solar Nebula Constrained by Meteorite Paleomagnetism“

Huapei Wang, Benjamin P. Weiss, Xue-Ning Bai, Brynna G. Downey, Jun Wang, Jiajun Wang, Clément Suavet, Roger R. Fu, Maria E. Zucolotto

Science 10 Feb 2017: Vol. 355, Issue 6325, pp. 623-627