Die Heliosphäre der Sonne modellieren

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)


Ein Schaubild des Sonnensystems zeigt die Heliosphäre und die Lage der Raumsonden Voyager 1 und 2. Die Astronomen waren gewohnt, sich die Heliosphäre in einer kometenartigen Form vorzustellen, doch ein neues Modell stellt in Übereinstimmung mit Beobachtungen durch Raumsonden fest, daß sie, wegen der Rolle, die von neutralen Atomen gespielt wird, die ionisiert und dann durch Magnetfelder beeinflußt werden, sehr viel kugelförmiger als bislang gedacht ist.
NASA/JPL-Caltech

Die Heliosphäre ist der blasenförmige Hohlraum um die Sonne, verursacht durch den Sonnenwind, der sich bis deutlich jenseits von Pluto erstreckt, bis der Druck des interstellaren Mediums ihn letztlich auflöst. Für Jahrzehnte vermuteten Astronomen, daß die Heliosphäre eine in groben Zügen kometenartige Form hat, etwa kugelförmig mit einem langen Schweif, geformt durch eine Mischung aus Sonnenwind, interstellarem Medium und der Sonnenbewegung durch die Galaxis. Die Missionen Voyager 1 und 2, beide 1977 gestartet, haben inzwischen die Heliosphäre durchquert und ihre Grenze (die Heliopause) zum interstellare Medium überflogen; Voyager 1 gelang dies 2012 und Voyager 2 im Jahr 2018. Entlang ihres Weges hatten sie viele Eigenschaften der Heliosphäre gemessen und zwangen Astronomen zu dem Schluß, daß das solare Magnetfeld, bis dahin vernachlässigt, eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Heliosphäre spielt und das ihre Form nicht wirklich kometenartig ist. Die 1997 zur Erforschung des Saturns gestartete Mission Cassini fand ebenfalls Hinweise, daß es keinen Schweif zur Heliosphäre gibt. Die Frage war nun, wie die Gestalt der Heliosphäre wirklich aussieht und wie sie festgelegt wird.

Die CfA-Astronomen Merav Opher und Avi Loeb sowie zwei ihrer Kollegen gingen diese Fragen mit genauer Modellierung der Heliosphäre an. Dieses Modell ist dahingehend einzigartig, da eine eigenständige Komponente, die beschleunigten Ionen im Wind, einbezogen ist. Diese Ionen sind zunächst neutrale Atome im Sonnenwind, die, wenn sie durch ultraviolette Strahlung oder durch Zusammenstöße angeregt werden, ionisiert werden; sie können dann auf magnetische Effekte reagieren. Die Mission New Horizons zum Pluto machte kürzlich die erste direkte Messung von beschleunigten Ionen im Sonnenwind; sie hatte diese bis zu einem Abstand von dreißig AU (eine AU ist die durchschnittliche Entfernung der Erde zur Sonne und die durchschnittliche Distanz des Pluto von der Sonne beträgt ungefähr vierzig AU) von der Sonne gemessen. Voyager fand, daß unweit des Terminationsschocks an der Grenze zur Heliopause, der Heliohülle, der Druck dieser Ionen genau genommen den Druck bestimmt.

Die Astronomen ließen mehrere Berechnungen für die Heliosphäre durchlaufen, um die relativ frei wählbaren Parameter für Stärke und Richtung des Magnetfelds zu erfassen und die Bildung und den Schwund der beschleunigten Ionen mit zu berücksichtigen. Sie stellen fest, daß, falls die Ionen auf neutralem Wasserstoff treffen, sie neutral, kühl und an Zahl abnehmen werden, was die Heliosphäre, in Übereinstimmung mit den Beobachtungen von Cassini, kleiner und runder macht. Das neue Modell gibt das Verhalten sowohl der beschleunigten Ionen als auch der Ionen des Sonnenwinds wieder und stimmt mit den Beobachtungen überein, die all diese Raumsonden machten. Das Modell beinhaltet jedoch keine Auswirkungen der Änderungen des Sonnenzyklus, aber zukünftige Modellverbesserungen werden dies mit einbeziehen und zusammen mit neuen Messungen sollte es möglich sein, unser Verständnis von der Heliosphäre zu verbessern.

Literatur:

„A Small and Round Heliosphere Suggested by Magnetohydrodynamic Modelling of Pick-up Ions“

Merav Opher, Abraham Loeb, James Drake, and Gabor Toth

Nature Astronomy Volume 4 Issue 7, July 2020

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Nature Astronomy Volume 4 Issue 7, July 2020