Der Antrieb massereicher galaktischer Ausströmungen mit supermassereichen Schwarzen Löchern

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein Bild des Chandra-Röntgen-Observatoriums vom Zentrum des Perseus-Galaxienclusters. Mit dem zur Messung von Millimeterstrahlung ausgelegten Teleskopverbund ALMA untersuchten Astronomen Unterdrückungsmechanismen in AGN und die molekularen Filamentstrukturen in zwölf Galaxienclustern.
NASA/CXC/IoA/A. Fabian et al.

Aktive galaktische Kerne (engl. active galactic nuclei = AGN) sind supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien, die Material auf ihre heißen, zirkumnuklearen Scheiben akkretieren und die Energie in Ausbrüchen an Strahlung oder Teilchenjets, die sich nah an der Lichtgeschwindigkeit bewegen, freisetzen. Diese energiereichen Ausbrüche wiederrum treiben Ausströmungen von ionisiertem, neutralem und molekularem Gas an, die sich über Tausende Lichtjahre erstrecken und sich mit Geschwindigkeiten von Hunderten Kilometern pro Sekunde bewegen können. Die Gasströme können direkt in der heißen Akkretionsscheibe in Gang gesetzt werden, allerdings durch Strahlungsdruck auf den Staub, mit dem das Gas vermischt ist, durch heiße thermische Winde oder andere Mechanismen, die heiße Gasblasen erzeugen. Durch das Austreiben des Gases aus der Galaxie schränkt ein aktiver Kern das verfügbare Material für die weitere Sternbildung ein und verlangsamt das Wachstum der Galaxie. Der Mechanismus ist des Weiteren selbstbegrenzend, da er im Ergebnis Gasakkretion in das Schwarze Loch unterdrückt. Astronomen, welche die Rate der Sternentstehung über die kosmische Zeit verfolgen, vermuten, daß dieser Prozeß, Quenching (= Unterdrückung) genannt, für den dramatischen Abfall bei der Sternentstehung seit dem Maximum der Sternentstehungsaktivität vor ungefähr zehn Milliarden Jahren verantwortlich ist.

Paul Nulsen, Astronom am CfA, und seine Kollegen nutzten neue und archivierte Daten den zur Messung von Millimeterstrahlung ausgelegten Teleskopverbund ALMA, um Ausströmungen von molekularem Gas in zwölf massereichen Galaxien in den Zentren von Galaxienclustern zu untersuchen. Das heiße Gas, das die Galaxien in diesen massereichen Clustern umgib, sollte abkühlen, zurück auf die Galaxien fallen, weitere neue Sterne bilden und der Rückkopplungskreislauf seine Fortsetzung finden. Die hohe räumliche Auflösung der ALMA-Bilder, aufgenommen in der Emissionslinie von Kohlenmonoxidgas, ermöglichte den Wissenschaftlern, die Prozesse im Detail zu untersuchen, insbesondere die filamentartigen Strukturen, die den Großteil des Gases in diesen zentralen Clustergalaxien prägen. Die Wissenschaftler fanden heraus, daß sich riesige molekulare Filamente und Wolken allem Anschein nach bilden, wenn sich die heißen Blasen aus dem entkommenen Gas beginnen abzukühlen und das diese Ausströmungen auf lange Sicht zum Stillstand kommen und in der Galaxie wieder in Umlauf gebracht werden. Sie fanden auch eine Entwicklung zwischen der Masse des molekularen Gases direkt um den zentralen AGN und der Stärke der Jets.

Literatur:

„Driving Massive Molecular Gas Flows in Central Cluster Galaxies with AGN Feedback“

H. R. Russell, B. R. McNamara, A. C. Fabian, P. E. J. Nulsen, F. Combes, A. C. Edge, M. Madar, V. Olivares, P. Salome and A. N. Vantyghem

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 490, 3025, 2019

oder

arXiv:1902.09227v2 [astro-ph.GA] 25 Sep 2019