Messung eines Cepheiden-Doppelsternsystems mit Röntgenlicht

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine künstlerische Darstellung des Raumfahrzeugs XMM-Newton. Astronomen haben mit Hilfe dieser Mission die Röntgen-Lichtkurve eines besonderen Cepheiden, V473 Lyr, überwacht und entdeckten, daß er einen Begleitstern geringer Masse besitzt.
XMM/ESA

Cepheiden sind veränderliche Sterne, deren Masse und Alter (gemeinsam mit einigen anderen ihrer physikalischen Größen) Helligkeitsänderungen mit einer bestimmten Periode proportional zur absoluten Leuchtkraft zur Folge haben. Diese außerordentlich hilfreiche Eigenschaft der Cepheiden, entdeckt und im Wesentlichen in Harvard von Henrietta Leavitt kalibriert, die mit dieser Arbeit 1908 begann, erlaubt es, diese zum Eichen kosmischer Entfernungen zu nutzen. Vergleicht man die absolute Leuchtkraft, aus der Periode (die einfach zu messen ist) bestimmt, mit der gemessenen Leuchtkraft, die Periode-Leuchtkraft-Beziehung, kann an sich eine genaue Entfernung abgeleitet werden. Cepheiden in benachbarten, sich von uns entfernende Galaxien liefern die Grundlage für die bekannte Abstands-Geschwindigkeits-Beziehung von Galaxien, die das Modell des sich ausdehnenden Universums (das „Urknall“-Model) untermauert. Cepheiden sind so wichtig, daß sie auch Eckpunkte zum Test unseres Verständnisses der Sternentwicklung geworden sind.

Die genaue und langjährige Lichtmessung von Cepheiden durch neue Satelliten wie Kepler und CoRoT hat Astronomen auf die Komplexität des Verhaltens der Cepheiden aufmerksam werden lassen und ganz besonders auf die Untergruppe, die mehrere Helligkeitsperioden aufweist. Der Pulsationszyklus hat in diesen Sternen Störungen sowohl in der stellaren Photosphäre als auch in der heißen Schicht direkt darüber, der Chromosphäre, zur Folge und bedingen Helligkeitsschwankungen mit mehr als einer Periode.

Der Cepheid V473 Lyr hat zur gewöhnlichen, sehr regelmäßigen Schwankung als Cepheid (in diesem Fall eine Periode von 1.49 Tage) zusätzlich langjährige Schwankungen, deren Periode annähernd 3.3 Jahre beträgt. Doch seine Schwankungen ähneln nicht den in anderen Cepheiden gefundenen Mustern. Die CfA-Astronomen Nancy Evans, Scott Wolk, Sofia Moschou, Jeremy Drake und Vinay Kashyap sowie ihre Kollegen nutzten den Röntgensatelliten XMM-Newton, um V473 Lyr zu überwachen. Sie stießen darauf, daß seine Röntgenhelligkeit im zeitlichen Verlauf relativ stabil zu sein scheint. Sie folgern, daß die langjährigen Röntgenschwankungen nicht vom Cepheiden selbst stammen, sondern höchstwahrscheinlich durch einen umkreisenden Begleiter mit ungefähr einer Sonnenmasse bei einem veranschlagten Abstand von 30 – 300 AU (eine AU ist die durchschnittliche Entfernung der Erde von der Sonne) verursacht werden. Die Autoren heben hervor, daß, wie im vorliegenden Fall, Entdeckungen von Binärsystemen im Röntgenlicht helfen werden, eine vollständigere statistische Erfassung von Binärsystemen mit Cepheiden zu liefern. Im Fall von V473 Lyr hilft das Ergebnis auch zu bestätigen, daß er der Sonne in seiner Herkunft ähnlich ist, da er wie andere Sterne in den Spiralarmen der Galaxis reich an schweren Elementen ist.

Literatur:

„X-Ray Observations of the Peculiar Cepheid V473 Lyr Identify a Low-Mass Companion“

Nancy Remage Evans, Ignazio Pillitteri, Laszlo Molnar, Laszlo Szabados, Emese Plachy, Robert Szabo, Scott Engle, Edward Guinan, Scott Wolk, H. Moritz Günther, Hilding Neilson, Massimo Marengo, Lynn D. Matthews, Sofia Moschou, Jeremy J. Drake, Vinay Kashyap, Pierre Kervella, Tamas Tordai, Peter Somogyi, and Gilbert Burki

Astronomical Journal 2020 (in press)

oder

arXiv:2001.02253v1 [astro-ph.SR] 7 Jan 2020