Bildung massereicher Sterne

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Infrarot-Aufnahme des massereichen jungen Sterns IRAS 20216+4104. (Er ist so hell, daß das Bild einige Kameraartefakte aufweist, wozu auch der rote, perlenartige Ring und das dunkle Zentrum gehören.) Neue Forschungsergebnisse zeigen, daß einige der allgemeinen Vorstellungen über die Entstehung von Sternen mit geringer Masse auf massereiche Sterne angewendet werden können. NASA Spitzer


Wie entstehen massereiche Sterne? Sterne mit mehr als etwa der achtfachen Sonnenmasse sind wohl die wichtigsten Akteure im Universum. Auch wenn sie nur Hunderte von Millionen Jahre existieren, sind sie viel heißer und viel leuchtkräftiger als die Sonne und während ihrer kurzen Lebensspanne erzeugen ihre nuklearen Brennöfen eine ganze Reihe an chemischen Elementen (das Universum entstand zu Beginn mit Wasserstoff und Helium). Bei ihrem spektakulären Tod in Form von Supernovae verteilen sie diese Elemente im Kosmos. Sie können ferner Neutronensterne oder Schwarze Löcher hinterlassen.
Die am besten verstandenen Modelle der Sternentstehung arbeiten gut bei Sternen geringerer Masse, wie diejenigen von der Größe der Sonne – ihre Geburt und Entwicklung sind vergleichs-weise langsame und verhaltene Prozesse und die verschiedenen Stadien können darüber hinaus mit modernen Teleskopen beobachtet werden. Im Gegensatz dazu sind die mit der Entstehung massereicher Sterne in Verbindung stehenden physikalischen Abläufe viel drastischer. Beispielsweise ist ein junger massereicher Stern so hell, daß der nach außen gerichtete Strahlungsdruck die Anlagerung von Materie verzögert; bei einem kleineren Stern verursacht diese Akkretion, während der Stern altert, einen kontinuierlichen Massezuwachs. Außerdem altern massereiche Sterne sehr schnell (in weniger als ein paar Hunderttausend Jahren verglichen mit Millionen Jahren von Sternen wie der Sonne). Im Ergebnis existieren zu jedem beliebigen Zeitpunkt nicht viele junge massereiche Sterne in unserer Nähe, um die mit ihrer Entstehung verbundenen Vorgänge zu untersuchen.
Die Astronomen Johnston, Keto, Robitaille und Wood entschlossen sich, ihre besten Modelle für die Bildung von Sternen mit geringer Masse auf den Fall eines massereichen, jungen Sterns anzuwenden, der etwa 5.500 Lichtjahre entfernt im Sternbild Schwan liegt. Sie wollten testen, ob kürzlich erfolgte Beobachtungen an Staub um diese Quelle (und ihrer unmittelbaren Umgebung) im infraroten und Submillimeterbereich womöglich Modelle ausschließen könnten, die im Fall eines Sterns geringer Masse verwendet wurden. In der Ausgabe 415 der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society berichten die Wissenschaftler, daß, im Gegenteil, die Modelle für geringere Massen leidlich gut arbeiten. Die Gruppe ist in der Lage, die Masse des Sterns (etwa 12 Sonnenmassen) und die Akkretionsrate von Material auf den Stern (etwa 130 Erdmassen pro Jahr) festzulegen. Sie stellen auch fest, daß der Stern von einer etwa 600 Sonnenmassen betragenden Gas- und Staubhülle sowie einer großen zirkumstellaren Scheibe mit einem Radius von 9.200 astronomischen Einheiten umgeben ist. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, daß zumindest der grundlegende Prozeß von Akkretion und Scheibenbildung auf die Bedingungen um massereiche Sterne zutrifft, auch wenn der Entwicklungsprozeß viel schneller abläuft.