Auffinden optischer Gegenstücke hochenergetischer Blazare

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine künstlerische Darstellung eines Blazars, die häufigste Art von Quelle, die durch den Fermi-Gammastrahlen-Satelliten der NASA entdeckt wurde. Eine helle Gammastrahlenquelle jedoch mit einem Blazar in Verbindung zu bringen ist schwierig, da Fermi ein großes Blickfeld abdeckt und dieses viele mögliche Quellen umfaßt. Astronomen haben ein neues statistisches Verfahren entwickelt, das die wahrscheinlichste Zuordnung basierend auf Vergleiche mit der Infrarot- und Radiostrahlung dieser Objekte ermittelt.
M. Weiss / CfA

Ein Blazar ist eine Galaxie, deren zentraler Kern über das Spektrum, von niederenergetischen Radiowellen bis zur hochenergetischen Gammastrahlung wie diejenige, die durch das Fermi-Gammastrahlen-Weltraum-Teleskop beobachtet wird, hell ist. Astronomen nehmen an, daß der Kern eines Blazars ein supermassereiches Schwarzes Loch beherbergt, das Jets aus geladenen Teilchen antreibt, während Materie in seine nähere Umgebung fällt. Obwohl die Kerne anderer Galaxien ebenfalls Teilchenjets aussenden, vermutet man, daß die Klasse der Blazare sich aus unserem einzigartigen Blickwinkel ergibt: wir blicken nahezu direkt hinab in den Schlund der Jets. Zwei Blazare prägende Eigenschaften, starke Radiostrahlung und hohe Variabilität, sind das Ergebnis von Akkretion und Jets.

Als Fermi den Himmel durchmustert, entdeckt er viele energiereiche Gammastrahlenquellen, doch ist sein Blickfeld sehr groß, doppelt so viel wie der Winkeldurchmesser des Mondes, und er ist nicht in der Lage, sich einer räumlichen Ortsangabe zu bedienen, um eine einzelne, für die Strahlung verantwortliche Galaxie zu erkennen; indirekte Belege sind aus Ähnlichkeiten von Helligkeit, Variabilität und anderen Folgerungen herangezogen worden. Astronomen vermuten, daß es sich bei vielen dieser Quellen um Blazare handeln sollte und der neueste Katalog mit rund 5100 Quellen listet etwa 3000 Blazare auf, aber einem Viertel der Quellen fehlt bislang ein klares Gegenstück.

CfA-Astronom Raffaele D’Abrusco gehörte einem Team an, das eine neue statistische Methode entwickelte, um Gammastrahlenquellen von Fermi mit Gegenparts im optischen, infraroten oder Radiobereich zu verknüpfen. Die Methode des Wahrscheinlichkeitsverhältnisses (auch Methode des Wahrscheinlichkeits- oder Plausibilitätsquotienten genannt), oft eingesetzt, um Gegenstücke von hochenergetischen Quellen auszumachen, setzt üblicherweise auf Winkelabstand zwischen Gammastrahlenquelle und Gegenpart bei einer rein geometrischen Herangehensweise (d.h., die physikalischen Eigenschaften des möglichen Gegenstücks werden vernachlässigt), um für den Gegenpart eine Wahrscheinlichkeit zu berechnen, inwieweit diese ihn mit der Gammastrahlenquelle in Zusammenhang bringt. Die neue Variante dieser Methode baut hingegen auf Flüsse und Farben der Durchmusterungen des Infrarot- und Radiohimmels. Durchmusterungen im Infraroten sind bei der Entdeckung (die durch das gleiche Forscherteam gemacht wurde), daß mit Gammastrahlen gefundene Blazare einzigartige Infrarotfarben aufweisen, die sie klar von anderen extragalaktischen Quellen unterscheiden, entscheidend gewesen. Das neue Verfahren nutzt den Vorteil dieses starken Korrelation zwischen Infrarotfarben und spektralen Eigenschaften der Gammastrahlung bei bekannten Blazaren.

Wenn auf die annähernd tausend nicht zugeordneten Fermi-Quellen mit möglichen infraroten Gegenstücken angewandt, liefert die Methode 743 neue Zuordnungen mit einer mehr als 99% Sicherheit und erhöht der Zahl der Gammastrahlen-Blazare mit vermutlich niederenergetischen Gegenparts erheblich. Die Zuordnung wird durch optische Spektren die endgültige Bestätigung der Natur dieser möglichen Blazare erlauben. Die Zunahme an bestätigten Gammastrahlen-Blazaren wird bei Untersuchungen der Motoren genutzt, die die relativistischen Jets in Blazaren erzeugen und wird für das Eingrenzen der Bevölkerungsstatistik dieser schwer faßbaren Klasse an aktiven galaktischen Kernen hilfreich sein.

Literatur:

„On the Physical Association of Fermi-LAT Blazars with Their Low-energy Counterparts“

Raniere de Menezes, Raffaele D’Abrusco, Francesco Massaro, Dario Gasparrini, and Rodrigo Nemmen

The Astrophysical Journal Supplement Series 248, 23, 2020

oder

arXiv:2004.11236v1 [astro-ph.HE] 22 Apr 2020