Astronomie ohne Teleskop – Viel Lärm um Nichts

Eines der erstaunlichsten Dinge in der Kosmologie ist der leere Raum – und daß die heute auffallende räumliche Leere vor dem Urknall augenscheinlich nicht existierte. Auch wenn die klassische Physik es gerne hätte, daß Energie weder erzeugt noch zerstört werden kann, wird der leere Raum allerdings während der Ausdehnung des Universums im Überfluß erzeugt.
Durch diesen leeren Raum kann man sich bewegen, obwohl Bewegung etwas ist, das man nur in Verbindung mit Zeit machen kann und so sollte man besser von Raumzeit sprechen. Es gab keine Zeit vor dem Urknall, dessen Ausdehnung auch den Raum erschuf – und von diesem Augenblick an sind Raum und Zeit zusammen vorangeschritten.
Aus Sicht der Quantenphysik ist ein Vakuum ein Nullpunktfeld – der Grundzustand eines quanten-mechanischen physikalischen Systems. Einstein und Stern führten die Idee einer Nullpunktsenergie ein, eine Restenergie, die sogar beim absoluten Nullpunkt in einem System verbleibt. Unterstützt wird diese Vorstellung durch die Erkenntnis, daß Vakuumenergie in einem Labor meßbar ist, wenn auch nur im Nanobereich (zum Beispiel der Casimir-Effekt).
Bild: Casimir-Effekt
Der Casimir-Effekt – zwei Metallplatten ohne Ladung werden in einem Vakuum, nur Nanometer von-einander entfernt, aufgestellt. Quantenvakuumfluktuationen sind zwischen den Platten beschränkt, außerhalb der Platten nicht. Dies führt zu einem Ungleichgewicht der Kräfte. Dies führt dazu, daß die Platten aufeinander zugeschoben werden. Dieses ungewöhnliche Phänomen hilft aber wenig bei der Erklärung, warum sich das Universum ausdehnt.
Doch versucht man, diese Vorstellung auf kosmische Größenordnungen zu übertragen, erleidet man Schiffbruch. Die Quantenfeldtheorie sagt eine Dichte der Nullpunktsenergie voraus, die 120 Größen-ordnungen über der beobachteten liegt. Dieses Ergebnis ist als die Vakuumkatastrophe bekannt, ein Begriff, der aufhorchen läßt und an die Ultraviolettkatastrophe der klassischen Physik erinnert. Dort wurde vorausgesagt, daß
die Schwarzkörperstrahlung bei kurzen Wellenlängen unendliche Energien erreichen sollte. Die Lösung dieses Problems durch Max Planck bildete die Grundlage der Quantenphysik. In der Kosmologie wird die Vakuumkatastrophe als Problem der kosmologischen Konstanten erneut überdacht. Denn wenn die kosmologische Konstante der Vakuumenergie des Universums entspricht, dann sollte sie den gleichen, von der Quantenfeldtheorie vorhergesagten Betrag besitzen anstatt des viel, viel niedrigeren Werts, den sie haben muß, damit sich die Einsteinschen Feldgleichungen mit den beobachteten Daten decken.
Man kann das anthropische Prinzip zur Unterstützung der Quantentheorie beschwören, indem man vorschlägt, daß die Vakuumenergie auf lokaler Ebene veränderlich ist, während auf einer größeren Ebene die Gesamtenergiedichte weiterhin die Theorie erfüllt. Dabei meint „lokal“ die Größenordnung unseres beobachtbaren Universums. Wir leben somit in einer lokal abwärts gerichteten Fluktuation, in der Galaxienbildung und Evolution von intelligentem Leben möglich ist. So blicken wir aus unserer kleinen Ecke des Universums hinaus und vermuten in unserer naiven Weltsicht, daß etwas mit der Quantentheorie nicht in Ordnung sei.
Die Stringtheorie erhöht offenbar die Möglichkeit sich wiederholender Zyklen aus Big Bangs und Big Crunches mit hohen Energie/Masse-Dichten, die eine ursprüngliche kosmologische Konstante letztlich auf das niedrige Niveau heruntergedrückt haben, das wir im gegenwärtigen Universum beobachten.
Andererseits kann jemand, der mit den Einsteinschen Feldgleichungen arbeitet, darauf verweisen, daß Einstein die kosmologische Konstante in seine Formeln nur zu dem Zweck einführte, um ein sich ausdehnendes (oder zusammenziehendes) Universum zu vermeiden, als ob Expansion eine angeborene Eigenschaft der Raumzeit ist. Man kann die Einsteinschen Feldgleichungen auf ein hypothetisches Universum bar jeder Masse oder Energie anwenden und es wird dennoch expandieren.
Der leere Raum ist ein Rätsel und die augenblickliche Diskussion über die Dunkle Energie spiegelt nur vor, wir hätten darüber mehr Kenntnisse als in Wirklichkeit wahr ist. Sicher, Dunkle Energie ist dunkel, aber es scheint ein bißchen unwahrscheinlich, daß es Energie ist, es sei denn, daß es eine Energieform ist, die irgendwie anderen, nicht meßbaren Erscheinungen unterworfen ist. Sollten wir die Dunkle Energie nicht besser heW! (für hier endet Wissen) nennen, bis wir mehr Daten in Händen halten?
Von Steve Nerlich in Universe Today. Übersetzt von Harald Horneff