Astronomie ohne Teleskop – Hausgemachte Quark-Gluon-Suppe

 


Der energiereichste, in Betrieb befindliche Schwerionen-Beschleunigerring der Welt, der Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC, soviel wie Beschleunigerring für relativistische Schwerionen), erreichte kürzlich die höchste, je in einem irdischen Labor erzeugte Temperatur: 4 Billionen Kelvin. Erreicht wurde diese Temperatur über fast mit Lichtgeschwindigkeit kollidierende Goldionen. Die Kollision mündete in der kurzzeitigen Existenz einer Quark-Gluon-Suppe – etwas, das erstmals ungefähr nach 10-12 Sekunden innerhalb der ersten Sekunde nach dem Urknall auftrat.
Soviel ist sicher: der Large Hadron Collider (LHC) wird demnächst der energiereichste Schwerionen-Beschleuniger der Welt sein (auch wenn er die meiste Zeit zur Untersuchung von Proton-Proton-Kollisionen eingesetzt wird). Sicher, es kann sein, dass er spektakuläre 574 Tera-Elektronenvolt (TeV) erreicht, wenn in ihm die ersten Bleiionen zusammenprallen. Aber man muss erst den Bär erlegen, bevor man ihm das Fell abziehen kann.
Doch wo es angebracht ist, muss man Anerkennung zollen und der LHC ist nun einmal der energie-reichste Teilchen-Beschleuniger der Welt – er erreichte Ende 2009 Kollisionsenergien bei Protonen von 2.36 TeV. Und er wird schliesslich, voraussichtlich 2012, Protonen-Kollisionsenergien von 14 TeV erreichen, wenn die vorgesehenen Instandhaltungsarbeiten abgeschlossen sind, bevor er dann in 2013 die volle geplante Kapazität erreicht. Zwar ist schon ein Strahl aus Bleiionen zirkuliert – aber man muss noch warten, bis der Zusammenstoss schwerer Ionen am LHC endlich erfolgt.
Bis dahin macht aber noch der RHIC das Rennen. Anfang März 2010 erzeugte er den schwersten, je gefundenen negativ geladenen Kern – also Antimaterie, da man Kerne aus Materie nur aus Protonen, die immer eine positive Ladung tragen, und Neutronen, die elektrisch neutral sind, aufbauen kann.
Dieser Antimateriekern enthielt ein Antistrange-Quark. Und da die einzige Kernmaterie, die Strange-Quarks enthält, sogenannte Hyperkerne sind, hat man am RHIC sogar einen Antihyperkern erzeugt.
Und nun zur Geschichte der Quark-Gluon-Suppe. Frühere Experimente am RHIC zeigten, dass sich dieses superheisse Plasma wie eine Flüssigkeit mit sehr niedriger Viskosität (Zähigkeit) verhält – und das ist es, woraus das Universum in seinen allerersten Momenten wohl bestand. Es gab eine gewisse Erwartung, dass geschmolzene Protonen und Neutronen so heiss sein würden, dass man ein Gas erhält – aber wie im frühen Universum, wo alles in einem winzigen Volumen verdichtet ist, erhält man eine superheisse Flüssigkeit (d.h. die Suppe).
Mit dem LHC hofft man das Higgs-Teilchen, vielleicht ein Teilchen der Dunklen Materie, sowie Anti-materie und winzige Schwarze Löcher zu erzeugen. Und danach ist die Rede vom Bau des Very Large Hadron Collider, der verspricht, noch grösser, noch energiereicher und noch teurer zu werden.
Aber wenn dieses Projekt (da ja noch teurer) nichts wird, kann man die existierenden Beschleuniger immer noch verstärken. Will man die Leistung eines Teilchenbeschleunigers erhöhen, spielt dessen Luminosität eine Rolle, bei der ein stärker mit Ionen angereicherter und noch intensiver gebündelter Teilchenstrahl das gewünschte Resultat liefert – also eine steigende Energiedichte, die man über die Erhöhung der Teilchendichte im Querschnitt des Strahls erreicht, den man im Teilchenbeschleuniger herumschickt.
Sowohl für den RHIC als auch den LHC bestehen Pläne, die Beschleuniger nachzurüsten, um eine Steigerung ihrer gegenwärtigen Luminosität um den Faktor 10 zu erreichen. Wenn dies erfolgreich ist, darf man der Inbetriebnahme des RHIC II und des Super Large Hadron Collider irgendwann um 2020 erwarten.
Von Steve Nerlich in Universe Today. übersetzt von Harald Horneff