Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff
Die Bildung von Elementen in Supernova-Explosionen wird heute gemeinhin als erwiesen angesehen. Aber es bleibt weiterhin unklar, wo und wann genau diese Nukleosynthese stattfindet – und Versuche, Kernkollaps-Szenarien mittels Computermodelle zu berechnen, bringen gegenwärtig die Kapazitäten auch der besten Computer an ihre Grenzen.
Kernfusion in den Sternen der Hauptreihe kann ungefähr Elemente bis einschließlich Eisen erzeugen. Die Erzeugung schwererer Elemente kann mit gewissen Ausgangselementen weitergehen. Neutronen werden eingefangen und dadurch Isotope der Ausgangselemente gebildet. Durch Beta-Zerfall der ein-gefangenen Neutronen entsteht ein Kern, der nun ein oder mehrere Protonen mehr als der Ausgangs-kern enthält. Ein neues Element mit einer höheren Ordnungszahl (die Ordnungszahl gibt die Zahl der Protonen im Kern an) ist entstanden.
Dieser „langsame“ oder s-Prozeß (von slow) zum Aufbau schwerer Elemente (z. Bsp. aus Eisen mit seinen 26 Protonen) findet am häufigsten in Roten Riesen statt (es entstehen Elemente wie Kupfer mit 29 Protonen oder eben auch Thallium mit 81 Protonen).
Doch gibt es auch den schnellen oder r-Prozeß (von rapid), der in Sekunden bei einer Kernkollaps-Supernova abläuft (Dies sind Supernovae vom Typ Ib, Ic oder II). Im Gegensatz zu dem ruhigen, über Jahrtausende ablaufenden, stufenweisen Aufbau der Elemente im s-Prozeß dringen bei einer Super-nova in kürzester Zeit viele Neutronen in die Atomkerne der Ausgangselemente ein. Gleichzeitig sind diese aber auch der zerstörerischen Gammastrahlung ausgesetzt. Das Zusammenspiel dieser Kräfte baut eine große Zahl an leichten und schweren Elementen auf, in besonderem Maß die sehr schweren Elemente Blei (82 Protonen) bis Plutonium (94 Protonen), die nicht über den s-Prozeß gebildet werden können.
Vor einer Supernova-Explosion verbrennen die Fusionsreaktionen in einem massereichen Stern der Reihe nach Wasserstoff, dann Helium, Kohlenstoff, Neon, Sauerstoff und letztendlich Silizium. Von diesem Punkt an entwickelt sich ein Eisenkern. Das Eisen kann jedoch keine Fusion eingehen, da es den energetisch günstigsten Kern aller Elemente bildet. Daher wächst der Eisenkern immer weiter an. Sobald der Kern auf 1.4 Sonnenmassen (die Chandrasekhar-Grenze) angewachsen ist, stürzt er mit fast einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit zusammen, da die Eisenkerne selbst kollabieren.
Sofort stürzt auch der Rest der Sterns nach innen, um den freigewordenen Raum auszufüllen. Aber der innere Kern prallt nach außen zurück, weil die Hitze, die bei seinem Kollaps erzeugt wurde, ihn zum „Kochen“ bringt. Der Zusammenprall von Kern und nachstürzenden Sternschichten ruft eine Schockwelle hervor, ähnlich einem Donnerschlag, nur um viele Größenordnungen gigantischer. Dies markiert den Beginn der Supernova-Explosion. Die Schockwelle bläst die umgebenden Schichten des Sterns weg, und mit Beginn der Ausdehnung kühlt das Material auch schon ab. Es ist unklar, ob der r-Prozeß der Nukleosynthese an diesem Punkt stattfindet.
Der kollabierte Eisenkern aber wird weiter „verarbeitet“. Denn die während des Zusammensturzes freigesetzte Energie zerlegt viele Eisenkerne in Heliumkerne und Neutronen. Außerdem beginnen sich die Elektronen mit den Protonen unter Bildung von Neutronen zu verbinden, so daß der Sternkern nach dem Rückprall einen neuen Gleichgewichtszustand (den für zusammengepresste Neutronen) erreicht – in der Tat also ein Proto-Neutronenstern. Dieser kann sich weiter stabilisieren, indem er in einem gewaltigen Ausbruch Neutrinos freisetzt, die dem Kern weitere Wärme entziehen.
Es ist diese Flut an Neutrinos, die den weiteren Explosionsablauf antreibt. Der Neutrinosturm holt die inzwischen durch die Schockwelle weggeblasenen äußeren Schichten des Vorläufersterns ein, schlägt dort ein, heizt das Material wieder auf und überträgt einen nach außen gerichteten Impuls. Es ist vor-geschlagen worden [1], daß dieser Neutrinoaufprall den Ort des r-Prozesses markiert.
Man vermutet, daß der r-Prozeß wahrscheinlich innerhalb von Sekunden zu Ende ist, aber es kann eine Stunde und mehr dauern, bis die Überschall-Explosionsfront durch die Oberfläche des Sterns bricht und dem Universum eine neue Ladung an Elementen übergibt.
Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):
[1] Arcones A. and Janka H.
In historischem Kontext, die für dieses Gebiet bahnbrechende Arbeit (bekannt als B2FH):
E. M. Burbidge, G. R. Burbidge, W. A. Fowler, and F. Hoyle,
Synthesis of the Elements in Stars, Rev Mod Phy 29 (4): 547 (1957)
(Vor dieser Arbeit glaubte beinahe jeder, alle Elemente seien im Urknall gebildet worden, mit Ausnahme von Fred Hoyle)