Webb kartographiert überraschend große Fahne, die vom Saturnmond Enceladus wegströmt

Originalveröffentlichung am 30.05.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Wechselwirkung zwischen abströmenden Wolken des Mondes und dem Ringsystem des Saturn mit Webb erforscht

Enceladus – ein winziger, eisiger Saturnmond – ist eines der faszinierendsten Objekte bei der Suche nach Anzeichen von Leben außerhalb unseres eigenen Planeten.

Unter einer Eiskruste liegt ein globaler Ozean aus salzigem Wasser. Aus diesem Ozean strömen Jets, die von der Ober-fläche des Mondes ausgehen und in das gesamte Saturnsystem fließen. Der lang erwartete erste Blick des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA auf diese Ozeanwelt enthüllt bereits erstaunliche neue Details über den Mond – darunter eine Wasserdampffahne, die mehr als 20 Mal so groß ist wie der Mond selbst.

Eine Wasserdampffahne vom Saturnmond Enceladus, die sich über mehr als 9.500 Kilometer erstreckt – das entspricht nahezu der Entfernung von Los Angeles, Kalifornien, nach Buenos Aires, Argentinien – haben Forscher mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA entdeckt. Dies ist nicht nur das erste Mal, daß ein solcher Wasserausstoß über eine so große Entfernung beobachtet wurde, sondern Webb ermöglicht den Wissenschaftlern auch zum ersten Mal einen direkten Blick darauf, wie diese Ausstoß den Wasservorrat für das gesamte System des Saturn und seiner Ringe speist.

Enceladus, eine Ozeanwelt von etwa vier Prozent der Größe der Erde, mit einem Durchmesser von nur 504 Kilometern, ist eines der spannendsten wissenschaftlichen Ziele in unserem Sonnensystem bei der Suche nach Leben jenseits der Erde. Zwischen der eisigen Außenkruste des Mondes und seinem felsigen Kern befindet sich ein globales Reservoir an salzigem Wasser. Geysir-artige Vulkane spucken Fontänen aus Eispartikeln, Wasserdampf und organischen Verbindungen aus Spalten in der Mondoberfläche, die informell ‘Tigerstreifen‘ genannt werden.

Bisher haben Observatorien Jets bis zu Hunderte von Kilometern von der Mondoberfläche entfernt kartiert, aber Webb’s außergewöhnliche Empfindlichkeit enthüllt eine neue Geschichte.

„Als ich mir die Daten ansah, dachte ich zunächst, ich müsse mich irren. Es war einfach so schockierend, eine Wasser-fahne zu entdecken, die mehr als 20 Mal so groß ist wie der Mond“, sagte der Hauptautor Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland. „Die Wasserfahne reicht weit über die Austrittsregion am Südpol hinaus.“

Die Länge der Fahne war nicht das einzige Merkmal, das die Forscher faszinierte. Besonders beeindruckend ist auch die Rate, mit der der Wasserdampf ausströmt, ungefähr 300 Liter pro Sekunde. Mit dieser Rate könnte man ein Schwimm-becken von olympischer Größe in nur wenigen Stunden füllen. Zum Vergleich: Mit einem Gartenschlauch auf der Erde würde dies mehr als 2 Wochen dauern.

Der Cassini-Orbiter hat über ein Jahrzehnt lang das Saturnsystem erforscht und dabei nicht nur erstmals die ausge-stoßenen Fahnen von Enceladus abgebildet, sondern ist auch direkt durch sie hindurch geflogen und hat Proben genommen, aus denen sie bestanden. Während Cassini’s Position innerhalb des Saturnsystems unschätzbare Einblicke in diesen weit entfernten Mond lieferte, bietet Webb’s einzigartiger Blick vom Sonne-Erde Lagrange-Punkt 2, 1,6 Million Kilometer von der Erde entfernt, zusammen mit der bemerkenswerten Empfindlichkeit seiner Integral Field Unit an Bord des NIRSpec-Instruments (Nahinfrarot-Spektrograph), neue Zusammenhänge.

„Enceladus umkreist den Saturn mit nur 33 Stunden relativ schnell. Während er den Saturn umkreist, spucken der Mond und seine Jets hauptsächlich Wasser aus und hinterlassen einen Halo in seinem Kielwasser, der fast wie ein Donut aussieht“, so Villanueva. „Bei den Webb-Beobachtungen war nicht nur die Fahne riesig, sondern geradezu überall war Wasser zu sehen.“

Dieser unscharfe Donut aus Wasser, der „überall“ auftauchte und als Torus beschrieben wird, findet sich zusammen mit dem äußersten und breitesten Ring des Saturn – dem dichten „E-Ring“.

Die Webb-Beobachtungen zeigen direkt, wie die Wasserdampffahnen des Mondes den Torus speisen. Durch die Analyse der Webb-Daten haben die Astronomen festgestellt, daß etwa 30 Prozent des Wassers in diesem Torus verbleiben und die anderen 70 Prozent entweichen, um den Rest des Saturnsystems mit Wasser zu versorgen.

In den kommenden Jahren wird Webb als primäres Beobachtungswerkzeug für den Ozeanmond Enceladus dienen, und die Entdeckungen von Webb werden dazu beitragen, künftige Satellitenmissionen im Sonnensystem zu benachrichtigen, die die Tiefe des unterirdischen Ozeans, die Dicke der Eiskruste und vieles mehr erforschen werden.

„Gerade jetzt liefert Webb einen einzigartigen Weg, um direkt zu messen, wie sich Wasser mit der Zeit in der gewaltigen Fahne des Enceladus entwickelt und ändert, und wie wir hier sehen, werden wir sogar neue Entdeckungen machen und mehr über die Zusammensetzung des unter der Oberfläche liegenden Ozeans lernen“, fügte Mitautorin Stefanie Milam von NASA Goddard hinzu. „Wegen der Wellenlängenabdeckung und Empfindlichkeit von Webb und dem, was wir von früheren Missionen gelernt haben, haben wir ein ganz neues Fenster der Möglichkeiten vor uns.“

Webb’s Beobachtungen von Enceladus wurden im Rahmen des Guaranteed Time Observation (GTO) Program 1250 durchgeführt. Das ursprüngliche Ziel dieses Programms ist es, die Fähigkeiten von Webb in einem bestimmten Wissen-schaftsbereich aufzuzeigen und die Voraussetzungen für zukünftige Untersuchungen zu schaffen.

„Dieses Programm war im Wesentlichen ein Machbarkeitsnachweis nach vielen Jahren der Entwicklung des Observatoriums, und es ist einfach spannend, daß all diese Wissenschaft bereits aus einer recht kurzen Beobachtungszeit hervorgegangen ist“, sagte Heidi Hammel von der Association of Universities for Research in Astronomy, interdisziplinäre Wissenschaftlerin bei Webb und Leiterin des GTO-Programms.

Die Ergebnisse des Teams wurden kürzlich zur Veröffentlichung in Nature Astronomy am 17. Mai angenommen.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraum-organisation).

Enceladus-Wolke (Webb [NIRSpec] and Cassini Image)

NASA, ESA, CSA, Geronimo Villanueva (NASA-GSFC)
IMAGE PROCESSING: Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): Enceladus
  • Objektbeschreibung: Wasserdampfwolke vom Saturnmond Enceladus
  • Daten
  • Instrument: NIRSpec IFU
  • Bild
  • Farbinformation: Dieses Bild ist eine H20-Karte, die aus den NIRSpec IFU-Daten des James-Webb-Weltraumteleskop erstellt wurde. Die Farbe folgt aus der Zuordnung von Blau zu einem monochromatischen (Graustufen-)Bild.

Über das Bild: Ein Bild von NIRSpec (Nahinfrarot-Spektrograph) mit NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop zeigt eine Wasserdampffahne, die über dem Südpol des Saturnmondes Enceladus aufsteigt und mehr als 20 Mal so groß ist wie der Mond selbst. Der Einschub, ein Bild des Cassini-Orbiters, verdeutlicht, wie klein Enceladus auf dem Webb-Bild im Vergleich zur Wasserfahne erscheint.

Webb ermöglicht es den Forschern zum ersten Mal, direkt zu sehen, wie diese Fahne den Wasservorrat für das gesamte System des Saturn und seiner Ringe speist. Durch die Analyse der Webb-Daten haben die Astronomen festgestellt, daß etwa 30 Prozent des Wassers in diesem Torus verbleiben, einem verschwommenen Donut aus Wasser, der sich zusammen mit dem „E-Ring“ des Saturn findet, und die anderen 70 Prozent entweichen, um den Rest des Saturnsystems mit Wasser zu versorgen.

Enceladus, eine Ozeanwelt von etwa vier Prozent der Größe der Erde mit einem Durchmesser von nur 504 Kilometern, ist eines der spannendsten wissenschaftlichen Ziele in unserem Sonnensystem bei der Suche nach Leben jenseits der Erde. Unter der eisigen äußeren Kruste des Mondes befindet sich ein globales Reservoir an salzhaltigem Wasser, und Geysir-artige Vulkane spucken Jets aus Eispartikeln, Wasserdampf und organischen Verbindungen aus Spalten in der Mond-oberfläche, die informell „Tigerstreifen“ genannt werden.

NIRSpec wurde für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) von einem Konsortium europäischer Unternehmen unter der Leitung von Airbus Defence and Space (ADS) gebaut, wobei das Goddard Space Flight Center der NASA die Detektor- und Mikroverschlußsubsysteme lieferte.

Wasseremissionsspektrum von Enceladus (NIRSpec IFU)

ILLUSTRATION: NASA, ESA, CSA, STScI, Leah Hustak (STScI)

Über das Bild: Die hohe Empfindlichkeit des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA und seine hochspezialisierten Instrumente enthüllen Details darüber, wie einer der Saturnmonde das gesamte System des Ringplaneten mit Wasser versorgt. Enceladus, ein erstklassiger Kandidat bei der Suche nach Leben anderswo in unserem Sonnensystem, ist ein kleiner Mond, etwa vier Prozent so groß wie die Erde. Neue Bilder von Webb’s NIRSpec (Nahinfrarot-Spektrograph) enthüllen eine Wasserdampffahne, die von Enceladus’ Südpol ausgeht und die mehr als 20 Mal so groß wie der Mond selbst ist. Die Integral Field Unit (IFU) an Bord von NIRSpec lieferte auch Erkenntnisse darüber, wie das Wasser von Enceladus den Rest seiner Umgebung versorgt.

Enceladus umkreist den Saturn in nur 33 Stunden, gibt dabei Wasser ab und hinterläßt einen Torus – oder „Donut“ – aus Material in seinem Kielwasser. Dieser Torus ist im oberen Diagramm in hellblau dargestellt.

Die IFU von Webb ist eine Kombination aus Kamera und Spektrograph. Im Verlauf einer IFU-Beobachtung nimmt das Instrument ein Bild des Sichtfeldes zusammen mit individuellen Spektren von jedem Pixel im Sichtfeld auf. IFU-Beobachtungen ermöglichen es den Astronomen zu untersuchen, wie sich die Eigenschaften – in diesem Fall die Zusammensetzung – in einem bestimmten Bereich des Weltraums verändern.

Die einzigartige Empfindlichkeit der IFU von Webb ermöglichte es den Forschern, viele Wasserlinien zu entdecken, die aus dem Torus um Enceladus und der Fahne selbst stammen. Die gleichzeitige Erfassung von Spektren aus der Fahne und dem Torus hat es den Forschern erlaubt, ihre enge Beziehung besser zu verstehen. In diesem Spektrum sind die weißen Linien die Daten von Webb, und die am besten passenden Modelle für die Wasseremission sind in verschiedenen Farben überlagert – lila für die Fahne, grün für den zentralen Bereich des Mondes selbst und rot für den umgebenden Torus.

NIRSpec wurde für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) von einem Konsortium europäischer Unternehmen unter der Leitung von Airbus Defence and Space (ADS) gebaut, wobei das Goddard Space Flight Center der NASA die Detektor- und Mikroverschlußsubsysteme lieferte.

Torus und Wolke von Enceladus

VIDEO: Leah Hustak (STScI)

Forscher, die NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop benutzen, entdeckten kürzlich eine Wolke, die vom Südpol des Mondes aufsteigt und mehr als 20 Mal so groß ist wie der Mond selbst. Diese Animation veranschaulicht, wie die Wasserwolken des Mondes den Torus des Mondes speisen. Durch die Analyse der Webb-Daten haben die Astronomen festgestellt, daß ungefähr 30 Prozent des Wassers in diesem Torus verbleiben und die anderen 70 Prozent entweichen, um den Rest des Saturnsystems mit Wasser zu versorgen.