Vom Großen Hund bis zum Löwe

Aufgenommen am 22.3.2020 gegen 21:00 Uhr. Canon EOS 6Da mit 24mm Objektiv , ISO 3200, 10×30 Sekunden ohne Nachführung. Nachbearbeitet mit Sequator und RawTherapee. Bild zum Vergrößern anklicken.

Nach zwei Monaten Deep-Sky Beobachtungspause war es in den Nächten vom 22. Bis 25. März endlich soweit. Die Vorhersage war gut und es war Zeit die in den letzten Monaten mit meinen Vereinskollegen der Volkssternwarte Darmstadt erstellen Beobachtungspläne für die letzten Winter-Sternbilder auszuprobieren

Sonntag, 22. März 2020: Das Auto gepackt, warm angezogen und um 19:00 Uhr auf einen Feldweg im Modautal bei Herchenrode gefahren. Aufgrund des starken Ost-Windes habe ich das Teleskop neben meinem Auto und die Foto-Reisemontierung etwas unterhalb in einer Wiese aufgebaut. Gegen 20:00 Uhr war der Aufbau abgeschlossen und die erste Beobachtungsnacht konnte beginnen. Da es noch am Vortrag geregnet hatte, war die Sicht bis zum Horizont sehr gut. Neben der Beobachtung von Venus und Sirius waren Objekte im Großer Hund (Canis Major) und Krebs (Cancer) Schwerpunkte der ersten Beobachtungsnacht. Abbau und Heimfahrt erfolgte gegen Mitternacht.

Am Montag, 23. März war es deutlich windstiller dafür aber auch bis zu -3° Grad kalt. Ich wiederholte einige Beobachtungen des Vorabends und erkundete im Anschluss Objekte im Einhorn (Monoceros) und Löwe (Leo).

Dienstag, 24. März: es war leicht windig um die 0° Grad und der Beobachtungsabend begann mit ein Foto-Experimenten. Ich wiederholte Beobachtungen des Vorabends und beobachtete einige Objekte in den Zwillingen (Gemini).

Am Mittwoch, 25. März stand Astro-Fotografie durch das Teleskop auf dem Programm. Das erste Ziel war der offene Sternhaufen Praesepe im Krebs. Leider war es an diesem Abend wieder außerordentlich windig, so dass ich später mein Teleskop von der Montierung nahm und stattdessen mit meinem 135mm Objektiv und Nachführung fotografierte und damit experimentierte.

Deutlich bessere Beobachtungsbedingungen ab Mitternacht

An den 3 Beobachtungsnächten führte ich in unregelmäßige Abständen Messungen der Himmelsqualität mit einem Sky Quality Meter durch. Nach Abschluss der astronomischen Dämmerung gegen 20:40 Uhr war die Qualität mit SQM-L 20,49 (Grenzgröße mit dem bloßen Auge ca. fst 5,81m) am schlechtesten und verbesserte sich stetig auf mehr als SQM-L 20,60 (fst 5,88m) ab 22:00 Uhr, SQM-L 20,72 (fst 5,95m) ab 23:00 Uhr bis zu SQM-L 20,82 (fst 6,01m) ab Mitternacht.

Venus

Das erste Beobachtungsobjekt der Nacht war jeweils die Venus, die ca. 28° über dem Horizont stand. Im Teleskop war bei 260x deutlich die Halbvenus zu sehen. Im Violett Filter (Wratten #47) sah sie bereits leicht sichelförmig aus. Leider war im 5“ f7 Apochromat keine Oberflächenstruktur zu erkennen. In Teleskopen mit größeren Öffnungen und längeren Brennweiten soll das eventuell möglich sein. Einen interessanten Anblick bot die Venus jeweils gegen 23:00 Uhr im Nord-Westen, wenn sie auf halber Höhe eines Windrads der Neutscher-Höhe über dem Horizont stand.

Großer Hund (Canis Major)

Am 22. März um 20:30 Uhr begann ich mit der ersten Tour durch die Konstellation großer Hund (Canis Major).

Zunächst versuchte ich den Doppelstern Sirius (α CMa, -1,5m) aufzulösen, was trotz 11“ Abstand des 8,5m Begleitsterns an keinem der Abende gelang. Eine Vergrößerung bis zu 230x und der Einsatz diverser Hilfsmittel wie Okular mit halb abgeklebter Feldblende, Graufilter oder Grünfilter halfen nicht. Nur die Beugungsringe waren deutlich zu erkennen. Auch fotografisch hat die Abbildung aufgrund des schlechten Seeings leider nicht geklappt. Nächstes Jahr werde ich es erneut versuchen…

Als nächstes folgte der Offene Sternhaufen NGC 2345 oberhalb des Kopfs des Hundes. Dieser war sehr schwach und erschien s-förmig. Ca. 2 ½ Grad östlich davon liegt der Emissionsnebel NGC 2359Thor‘s Helmet“. Aufgrund des aufgehellten Süd-West Himmels war dieser ohne Filter nicht zu erkennen. Im 22mm Okular war mit OIII-Filter ein leichter, u-förmiger Nebelschleier – die Andeutung des Vikinger-Helms – zu erkennen. Auch am 23. März gegen 20:30 Uhr waren keine weiteren Details zu erkennen.

Ca. 2 ½ Grad südlich warf ich dann einen Blick auf NGC 2360 Carolines Cluster. Erst ab ca. 90x Vergrößerung im 10mm Okular war der Kontrast gut genug um den Haufen zu erkennen, dessen Struktur wie eine Wanne aussah. Noch besser wurde der Kontrast bei 182x im 5mm Okular, jedoch mit weniger Sternen.

Dann ging es weiter zu M41 „Little Beehive Cluster“ in der Brust des Hundes. Im 10mm Okular bei 91x Vergrößerung ist dieser offene Sternhaufen schön anzusehen.

Das nächste Objekt NGC 2367 „Charlie-Browns Christmas Tree“ war bei 182x Vergrößerung besonders gut zu erkennen. Die Sterne dieses offenen Sternhaufens bilden die Konturen eines Baumes, dessen Spitze im schräg gestellten Zenit Prisma oben war. Mich erinnerte die Struktur jedoch eher an eine Zipfelmütze, die nach Osten abgenickt ist.

Am Abend des 23. März hole ich gegen 20:45 Uhr die Beobachtung weiterer Objekte nach:

Der Doppelstern μ CMa „Isis“ befindet sich im Kopf des Hundes. Bereits im 22mm Okular bei 41x Vergrößerung lassen sich die beiden Komponenten mit 8,2“ Abstand leicht auflösen. Im 10mm Okular bei 91x Vergrößerung erscheint die 7,1m Komponente bläulich und die mit schwächere 5,1m Komponente orange. Bei höheren Vergrößerungen wird die Sicht wieder schlechter.

Das nächste Objekt ist der optische Doppelstern 145CMa (h3945) über dem Hintern des Hundes. Dieser wird aufgrund des ähnlichen Farb-Kontrastes auch als „Winter Albireo“ bezeichnet. Mit 27“ Abstand ist er bereits bei geringer Vergrößerung leicht zu trennen. Der westliche Stern erscheint gelblich, der östliche grün/blau.

Krebs (Cancer)

Aufgenommen am 23.3.2020 von 20:28-22:07 Uhr. Canon EOS 6Da mit 24mm Objektiv (Ausschnitt), ISO 3200, 172×30 Sekunden mit StarAdventurer Montierung. Gestackt und nachbearbeitet mit Pixinsight. Beschriftet mit Inkscape. Bild zum Vergrößern anklicken.

Das erste Objekt im Sternbild Krebs ist der offenen Sternhaufen Praesepe (M44), der bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen ist. Im 30mm Okular bei 30x Vergrößerung ist der Haufen besonders eindrucksvoll. Hierbei kann man „spazieren sehen“ und Sterne in interessanten Doppel- und Dreiecks-Formationen erkennen. Immer wieder tauchen neuen Sterne auf. Im 22mm und schließlich im 10mm Okular bei 91x Vergrößerung ist der Kontrast nochmals besser, nur muss man den Haufen dann zur Beobachtung abfahren. Weiter geht es in die Süd-Seite des Krebses zum Golden-Eye Cluster M67 der sich im 10mm Okular bei 91x am besten beobachten lässt. Ca. 90 gleichmäßig verteilte Sterne kann ich dort erkennen. Im Osten gibt es eine Sternen-Lücke, die sich wie ein Mund Richtung Süden öffnet. Hierdurch wird deutlich, warum dieser offenen Sternhaufen auch als „Pacman-Cluster“ bezeichnet wird.

Jetzt sind Doppelsterne an der Reihe: Der erste Kandidat ist Iota Cancri (Zubanah). Die 30“ getrennten Komponenten lassen sich bereits im 30mm Okular bei 30x trennen. Im 10mm Okular bei 91x wird der Farbkontrast orange zu blau/grün deutlich.

Weiter geht es mit dem Doppelstern 57 Cnc der sich aufgrund der schwachen Sterne in der Region mit dem Telrad nur schwer finden lässt. Von der Galaxie NGC 2683 ca. 3° nach Süden werde ich fündig. Im 22mm Okular (41x) lassen sich kurz vor dem Schärfepunkt zwei unterschiedliche Farben (orange und blau) erkennen, es ist jedoch unklar, ob das die Farben der beiden Sterne sind. Im 10mm Okular (91x) wirkt der Stern kurz vom Schärfepunkt länglich. Im 8mm Okular (113x) ist grenzwertig eine Lücke zu erkennen. Im 5mm Okular (182x) und schließlich im 3,5mm Okular (260x) lassen sich die 1,6“ entfernten Doppelsterne auflösen.

Der letzte Doppelstern der ersten Nacht ist Zeta Cancri (Tegmine). Im 22mm Okular (41x) lässt sich die Komponente C mit 6,1“ Abstand auflösen. Im 10mm Okular (91x) und 5mm Okular (182x) erscheint die Komponente A/B immer länglicher und lässt sich schließlich im 3,5mm Okular (260x) in die Komponenten A und B mit 1,1“ Abstand auflösen.

Am folgenden Abend gegen 21:00 Uhr setze ich die Beobachtung im Krebs fort. Die tief rote Farbe des veränderlichen Karbon-Sterns X Cnc leuchtet bei 91x Vergrößerung besonders eindrucksvoll. Von Die der 55 Millionen Lichtjahre entfernten kleine Galaxie NGC 2775 ist im 8mm Okular (113x) nur der Kern als kleiner, nebliger Fleck zu erkennen.

Einhorn (Monoceros)

Die meisten Objekte meiner Beobachtungsliste stehen am 23. Und 24. März gegen 22:00 Uhr bereits zu tief, um sie im Lichtdunst der Städte im Süd-Westen zu beobachten. Im 30mm Okular bei 30x Vergrößerung ist der Sternhaufen NGC 2244 im Rosetten-Nebel zu sehen. Mit OIII Filter wird auch der Nebel (NGC2237-9/46) als ganz schwacher Ring um den Sternhaufen sichtbar. Hubbels veränderlicher Nebel NGC 2261 ist im 8mm Okular schwach zu erkennen, wird im 5mm Okular jedoch bereits zu dunkel. Hinter einem Stern lässt sich der „Schweif“ ähnlich eines Kometen erkennen. Zur genaueren Beobachtung wären jedoch noch mehr Öffnung und Brennweite notwendig.

Der Christmas Tree Cluster NGC 2264 ist im 22mm Okular schön anzusehen, mit hellem Stern Mon 15 am Fuß des Weihnachtsbaumes. Der Nebel im Baum ist mit UHC Filter leider nicht zu erkennen. Ein Objekt für zukünftige Beobachtungen an einem dunkleren Standort…

Löwe (Leo)

Aufgenommen am 22.3.2020 von 21:57-00:22 Uhr. Canon EOS 6Da mit 24mm Objektiv (Ausschnitt), ISO 1600, 259×30 Sekunden mit StarAdventurer Montierung. Gestackt und nachbearbeitet mit Pixinsight. Beschriftet mit Inkscape. Bild zum Vergrößern anklicken.

Das erste Objekt im Löwen ist der Doppelstern Algieba am Hals des Löwen. Im 10mm Okular bei 91x sind die Komponenten mit 4,6“ Abstand bereits deutlich getrennt. Die östliche erscheint bläulich, die westliche gelblich. Mit zunehmender Vergrößerung (8mm-3,5mm) sind Beugungsringe zu erkennen und die Farben werden deutlicher.

Der Klassiker, das Leo Triplet (M65, M66, NGC3628) passt im 10mm 100° Okular genau in das Sichtfeld. Im 8mm Okular wird der Kontrast nochmals besser, jedoch die Galaxien zu dunkel.

Ein für mich neue Gruppe ist das Leo Quartett unter dem Bauch des Löwen. Im 22mm Okular passen die 4 Galaxien gerade so ins Gesichtsfeld. M105 und NGC 3384 sind als deutliche, helle und kleine Flecken zu erkennen. Im Süd-Westen etwas weiter getrennt befinden sich die Galaxien M95 und M96. Bei letzterer ist eventuell die Andeutung von Armen zu erkennen.

Eine weitere Galaxie NGC2903 gibt es vor dem Kopf des Löwen zu entdecken. Im 10mm Okular ist sie schön anzusehen. Ein deutlich sichtbarer Kern, der mit einem Oval umgeben ist. Zum Abschluss dieser Tour mache ich noch einen Ausflug in die Hickson 44 (NGC3190) Galaxien Gruppe im Hals des Löwen. Sie enthält mehrere sehr kleine und lichtschwache Galaxien. Im 22mm Okular bei 41x ist der Himmelshintergrund noch etwas zu hell, bei stärkeren Vergrößerungen verbessert sich der Kontrast aber die Galaxien sind nicht mehr erkennbar.

Die Möglichkeit zur Beobachtung an 4 aufeinander folgenden Nächten hat viel Spaß gemacht. Insbesondere die Möglichkeit schöne Objekte des Vorabends nochmals in Ruhe zu besuchen und die Konstellationen nebenbei zu fotografieren. Jetzt ist es an der Zeit die Beobachtung von Objekten des Frühlings-Himmels zu planen. Leider im April ohne gemeinsame Vorbesprechung in der Volkssternwarte…

Christian Roßberg im März 2020