Verdunkelte supermassereiche Schwarze Löcher in Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein gemeinsames Bild ferner, massereicher Galaxien im Röntgenlicht von Chandra (rechts) und im infraroten Licht von Spitzer (links) aufgenommen. Eine neue Untersuchung ähnlicher Galaxien, deren zentrales aktives Schwarzes Loch nicht zu erkennen ist, kommt zu dem Schluß, daß in die Galaxie einfallende Materieströme eine dichtere Zentralregion hervorbringen.
NASA / CXC / Durham / D.Alexander et al.

In den meisten, wenn nicht allen Galaxien soll in ihrem Kern ein supermassereiches Schwarzes Loch vorkommen. Es wächst durch Akkretion von Materie und solange es sich diese einverleibt, ist es unseren Blicken nicht entzogen: es erzeugt Röntgen- und ultraviolette Strahlung, die den Staub aufheizen, der wiederum im Infraroten strahlt. Während der Entwicklungsphase, in der das Schwarze Loch am aktivsten ist, kennt man das Objekt als aktiven galaktischen Kern (active galactic nucleus = AGN). Die überwiegende Mehrzahl der AGN sind in normalen Galaxien zu finden, in denen sich die Sternentstehungsaktivität parallel mit der Akkretion des Schwarzen Lochs entwickelt, doch Astronomen haben über die Natur der Heimatgalaxien unterschiedliche Vorstellungen, insbesondere darüber, ob sie normalen sternbildenden Galaxien in ihrem Aufbau als Ganzes gleichen.

Das Hauptproblem liegt in der Schwierigkeit, den Anteil der Strahlung, die der AGN liefert, von dem Anteil der Heimatgalaxie zu unterscheiden. Sogar Bilder des Hubble-Weltraum-Teleskops erlauben es nicht, den Kern zu erkennen, wenn es in der Galaxie eine starke Sichttrübung durch Staub gibt. Die sogenannten „verdeckten AGN“ tragen nur schwach zur optischen Strahlung bei, da diese durch den Staub absorbiert wird. Jedoch sind die bis heute untersuchten Galaxien insgesamt sehr leuchtstark, darunter die höchsten bekannten Gesamtleuchtkräfte für Galaxien, die mehr als zehn Milliarden Sonnen entsprechen.

Die CfA-Astronomen Francesca Civano und Stefano Marchesi haben mit Kollegen eine genau definierte Stichprobe an verdunkelten AGN zusammengestellt – solche, deren Infrarotstrahlung die von ihnen ausgesandte Röntgenstrahlung um mehr als das 20-fache übertrifft (die Röntgenstrahlung wurde mit dem Röntgenobservatorium Chandra gemessen). Erst trugen sie 265 AGN zusammen und bestimmten dann, welche davon „verdunkelt“ waren, in dem sie von jedem das Verhältnis der Infrarotstrahlung zu seiner Röntgenstrahlung berechneten. Sie stellten dafür die vollständige spektrale Verteilung der Strahlung zusammenstellen, in dem sie infrarote mit UV- und optischen Daten verbanden und anschließend die gesamte Verteilung nachstellten, um den alleine für den AGN gegebenen Infrarot-Anteil mit einem Schlüssel zu bestimmen, der die Beiträge von Sternen und anderen Prozessen modelliert und abzieht. Sobald sie den Wert für das Infrarot hatten, konnten sie sagen, welche AGN berechtigterweise als „verdunkelt“ gelten. Ihre abschließende Stichprobe verdunkelter AGN beinhaltete 182 Objekte.

Im nächsten Schritt untersuchten sie die sehr lichtschwachen optischen Bilder der Kernregionen dieser Stichprobe, indem sie all diese Aufnahmen in einem besonders bearbeiteten Kompositbild zusammenfassten und fanden heraus, daß in diesem allgemeinen Bild die Kernregion in ihrer Winkelausdehnung ungewöhnlich kompakt war, mehr als doppelt so klein als die zugehörigen Regionen in sternbildenden Galaxien. Die Wissenschaftler bringen Gründe dafür vor, daß diese verdunkelten AGN einen Schrumpfungsprozess durchlaufen haben müssen, vielleicht, wie durch einige Simulationen nahegelegt, wenn kalte Gasströme in die Galaxie fließen und Material zum Kern lenken, was diesen kompakt macht. Die Ergebnisse sind nicht nur deshalb von Bedeutung, da sie helfen aufzuklären, was in dieser Klasse an röntgenhellen AGN vor sich geht. Da ähnliches wie dieser Prozeß auch in Galaxien im frühen Universum abzulaufen scheint, die ein Aussehen haben, das ebenso ungewöhnlich kompakt ist, können auch hier die Resultate zur Lösung dieser Frage beitragen.

Literatur:

„Obscured Active Galactic Nuclei Triggered in Compact Star-Forming Galaxies“

Yu-Yen Chang, Emeric Le Floc’h, Stephanie Juneau, Elisabete da Cunha, Mara Salvato, Francesca Civano, Stefano Marchesi, J. M. Gabor, Olivier Ilbert, Clotilde Laigle, H. J. McCracken, Bau-Ching Hsieh, and Peter Capak

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters 466, L103–L107 (2017)