Ultraviolettes Licht aussendende Galaxien im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein aus mehreren Wellenlängen erstelltes Bild einer Lyman-Alpha-Galaxie. Astronomen haben 3700 dieser Galaxien im frühen Universum untersucht, um zu ermitteln, wieviel Wasserstoffstrahlung durch Sternentstehung und wieviel durch ein akkretierendes Schwarzes Loch erzeugt wird. In diesem Bild ist gelb Wasserstoffgas, das im Lyman-Alpha-Licht leuchtet; weiß zeigt die Hauptgalaxie; rot ist mit der IRAC-Kamera gesehenes Infrarot und blau gibt Röntgenstrahlung wieder, die Belege für ein supermassereiches Schwarzes Loch liefert.
X-ray (NASA/CXC/Durham Univ./D. Alexander et al.)
Optical (NASA/ESA/STScI/IoA/S. Chapman et al.)
Lyman-alpha Optical (NAOJ/Subaru/Tohoku Univ./T. Hayashino et al.)
Infrared (NASA/JPL-Caltech/Durham Univ./J. Geach et al.)

Massereiche Galaxien im lokalen Universum begannen vermutlich mit der Bildung ihrer Sterne im frühen Universum, um heute groß zu sein. Astronomen sehen tatsächlich eine beträchtlich gesteigerte Sternentstehungsaktivität in fernen Galaxien und stellen fest, daß der Höhepunkt der Sternentstehungsrate auftrat, als das Universum nur ungefähr zwei Milliarden Jahre alt war. Galaxien, die in erhöhter Rate Sterne produzieren, bringen naturgemäß viele hervor, die massereich und heiß sind. Diese geben ultraviolette Strahlung ab, die das Wasserstoffgas ionisiert, das wiederum bei charakteristischen Spektrallinien Strahlung aussendet; die energiereichste Linie des Wasserstoffs, die Lyman-Alpha-Linie, liegt im Ultravioletten. Da sich Galaxien jedoch durch die Expansion des Universums von uns fort bewegen, wird ihr wahrnehmbares Spektrum zum Roten hin verschoben und ihre Lyman-Alpha-Linie ist zu sichtbaren Wellenlängen oder länger verlagert, wo optische Instrumente sie entdecken können.

Lyman-Alpha-Emitter (LAE) sind Galaxien oder Galaxiencluster, die in diesem ausgeprägten Merkmal des Wasserstoffs hell sind und Astronomen, die die Geschichte der Sternentstehung des Universums zusammensetzen, machen sich LAE zunutze, um der kosmischen Entwicklung der Materie nachzuspüren. Es gibt jedoch einen wichtigen, das Ganze erschwerenden Umstand: supermassereiche Schwarze Löcher in den Galaxienzentren (aktive galaktische Kerne; engl. active galactic nuclei = AGN) akkretieren Materie und erzeugen ebenfalls erhebliche Beträge an ultravioletter Strahlung und demnach Lyman-Alpha-Licht. Eine genaue Berechnung der Sternentstehung mit Hilfe von ultraviolettem Licht muß den Auswirkungen der Akkretion Schwarzer Löcher Rechnung tragen.

CfA-Astronomin Andra Stroe war Mitglied in einem Team, das die Röntgen- und Radioaktivität von ungefähr 3700 LAE begutachtete, um deren Strahlungsbeiträge aus den AGN an Hand der unverwechselbaren Eigenschaft der Akkretionsstrahlung bei diesen Wellenlängen zu suchen und zu beziffern. Ihre Untersuchungsobjekte gehen auf eine Zeit zwischen eins und zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall zurück und wurden aus tiefgehenden optischen und nahinfraroten Aufnahmen, Röntgenbeobachtungen mit Chandra und Radiodaten einer Durchmusterung mit dem Very Large Array ausgewählt. Sie stellten fest, daß 6.8% der LAE auch im Röntgenlicht entdeckt wurden und folglich als AGN eingestuft werden könnten, und das bei diesen Objekten die Leuchtkraft der Röntgenstrahlung mit der Stärke des Lyman-Alpha-Strahlung in Beziehung steht, ein Hinweis darauf, daß die Strahlung des Wasserstoffs eine Folge der AGN ist. Summiert man die Röntgenbilder aller anderen LAE-Objekte auf, findet sich trotzdem keinerlei Röntgenstrahlung und woraus man den Schluß ziehen kann, daß es in diesen Objekten bestenfalls eine sehr niedrige Akkretionsrate gibt. Ein noch niedrigerer Prozentsatz der LAE, nur 3.1%, zeigte Radiostrahlung, aber keinen Zusammenhang zwischen den Radio- und Lyman-Alpha-Flüssen, auch wenn sich dies teilweise aus Erfassungsgrenzen ergeben könnte. Alles in allem kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, daß LAE bei kosmologischen Entfernungen zum großen Teil Sterne bilden (mit relativ bescheidenen Raten, im Durchschnitt etwa sieben Sonnenmassen pro Jahr an neuen Sternen) und relativ geringe AGN-Akkretion zeigen, mit Ausnahme einer kleinen Unterklasse an röntgenhellen Objekten. Diese Ergebnisse basieren auf einer großen statistischen Probe, die das Standardmodell der Galaxienentwicklung und die Eigenschaft von LAE-Galaxien im frühen Universum stützt und verbessert.

Literatur:

„The X-ray and Radio Activity of Typical and Luminous Ly α Emitters from z ∼ 2 to z ∼ 6: Evidence for a Diverse, Evolving Population“

João Calhau, David Sobral, Sérgio Santos, Jorryt Matthee, Ana Paulino-Afonso, Andra Stroe, Brooke Simmons, Cassandra Barlow-Hall and Benjamin Adams

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 493, 3341, 2020

oder

arXiv:1909.11672v1 [astro-ph.GA] 25 Sep 2019