Teegarden und GJ 357: neue erdähnliche Planeten – von Bernd Scharbert

…und das auch noch in Erdnähe!  Der kürzlich von der Presse mit erfreulich viel Aufmerksamkeit bedachte Stern GJ 357 ist 31 Lichtjahre von uns entfernt. Er befindet sich im Sternbild Wasserschlange (Koordinaten: RA: 09:36:01.6, Dekl.: -21:39:39, Scheinbare Helligkeit: 10,9m). Hier die Sternkarte, falls sie schon mal `rüberwinken oder ein Foto machen möchten:

Sternkarte mit „Stellarium“ erstellt

Bereits im Juni wurden zwei Planeten bei Teegardens Stern entdeckt, denen wir uns zuerst widmen werden. Der Stern ist nur 12,5 Lichtjahre entfernt und an sich schon ein spannendes Objekt. Er ist trotz seiner Nähe nur 15m hell – also eher dunkel. Ziemlich dunkel… Das liegt daran, dass er nur 0,08 Sonnenmassen hat und nur 20% größer als der Jupiter ist. Seine Leuchtkraft beträgt nur 0,073 % der Sonnenleuchtkraft.

Warum ist schon der Stern spannend? Die theoretische Untergrenze für Wasserstofffusion liegt bei ca. 0,075 Sonnenmassen. Teegardens Stern hat es also gerade so über die 5 % Hürde geschafft, würde man in der Politik sagen. Seine Oberflächentemperatur beträgt 3000K und er ist ein roter Zwerg.

Rote Zwerge sind teilweise für heftige Strahlungsausbrüche bekannt. Sie gelten daher als eher ungemütlich, was die Entstehung von Leben angeht. Dank seines hohen Alters (8 Mrd. Jahre) gilt Teegardens Stern aber als ruhig [2][3]. Zum Vergleich: Das Sonnensystem ist 4,6 Mrd. Jahre alt.

Der Name des Sterns hat übrigens nichts mit Tee-Zeremonien in Garten zu tun. Bonnard Teegarden leitet das Projekt welches den Stern in Daten entdeckt hat, mit denen Bahnen von Asteroiden verfolgt wurden.

Mit dem CARMENES Instrument auf dem Calar Alto in Spanien haben Wissenschaftler von der Universität Göttingen und der Landessternwarte Heidelberg zwei Planeten entdeckt [3]. Beide haben ungefähr 1,3 Erdmassen  (mindestens 1,1) und befinden sich in der habitablen Zone. Dort also wo – abhängig von Atmosphäre des Planeten – flüssiges Wasser existieren kann.

Die Planeten von Teegardens Stern
Credits: Universität Göttingen

Teegarden b befindet sich in der optimistischen habitablen Zone – bezogen auf das Sonnensystem läge die Bahn zwischen Venus und Erde. Teegarden c liegt am Rand der konservativen habitablen Zone – dort wo sich bei uns der Mars befindet. Er ist der bessere Kandidat für einen lebensfreundlichen Planeten.

Die Planeten wurden mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt. Man sagt zwar immer, Planeten kreisen um Sterne. Tatsächlich bewegen sich Stern und Planeten um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Daher bewegt sich der Stern mal auf uns zu und mal von uns weg. Je schwerer der Planet ist und je näher er sich am Stern befindet, desto schneller bewegt er sich. Diese Geschwindigkeit kann gemessen werden und liefert die Masse des Planeten [4].

Ein anderes Verfahren ist die Transit-Methode, die den Durchmesser des Planeten liefert. Dort wird der Helligkeitsabfall gemessen, wenn der Planet – von der Erde aus gesehen – vor seinem Stern vorbeizieht.

Da wir nicht genau auf die Kante der Bahnebene schauen, gibt es von den Teegarden Planeten keine Transitdaten. Interessanterweise schauen möglichen Beobachter von Teegarden b und c recht gut auf die Kante der Ekliptik (die Erdbahnebene). Aktuell würden sie Transits von Merkur beobachten können.
Teegardens Stern gehört zu den Sternen mit der größten Eigenbewegung. Ab 2044 ist er in einer Position, aus der die dortigen Planetenjäger die Erde für 450 Jahre per Transit nachweisen können und ab 2190 auch den Mars [3]. Aber vielleicht haben sie schon längst durch die Radialgeschwindigkeitsmethode herausgefunden, dass die Sonne 8 große Planeten hat und sind auf dem Weg hierhin 😉

Blick auf die Sonne von Teegardens Stern
Credits: Universität Göttingen

Auch GJ 357 ist ein roter Zwerg, ist aber mit 0,34 Sonnenmassen deutlich schwerer als Teegardens Stern. Er bringt es daher immerhin auf 1,4 % der Sonnenleuchtkraft. Er gilt als relativ ruhig, was Strahlungsausbrüche angeht.

Das Interessante hier ist die Art, wie die drei Planeten entdeckt wurden: Der Stern-nächste Planet  – GJ 357 b – wurde mit dem Weltraumobservatorium TESS entdeckt. TESS verwendet die Transitmethode. Zur Bestätigung versuchte man den Planeten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode nachzuweisen, was auch gelang. In den Beobachtungsdaten fanden sich dann zwei weitere Planeten, in größerer Entfernung vom Stern:

Aufbau des Systems von GJ 357
Credits: NASA’s Goddard Space Flight Center/Chris Smith

Auch an dieser Entdeckung war das CARMENES Instrument beteiligt.

GJ 357 b hat eine Gleichgewichtstemperatur von 254 °C und ist 22% größer als die Erde. „Gleichgewichtstemperatur“ berücksichtigt die vom Stern eingestrahlte Energiemenge und wieviel davon vom Planeten wieder ins All zurückgestrahlt wird. Die Gleichgewichtstemperatur der Erde beträgt -18 °C. Durch den natürlichen Treibhauseffekt der Erdatmosphäre von 33 °C ist die mittlere Temperatur der Erde (noch) 15 °C. Die Zusammensetzung der Atmosphäre ist also sehr wichtig.

Auch wenn GJ 357 b (und auch GJ 357 c) zu heiß für Leben sind, so ist der Planet eine wichtige Kandidat für die Untersuchung der Atmosphäre. TESS‘ Aufgabe ist es Planeten zu finden, die später mit dem Hubble-Nachfolger JWST oder erdgebundenen Teleskopen genauer untersucht werden sollen. Und heiße Atmosphären lassen sich besser untersuchen.

GJ 357 d ist der Planet, auf dem flüssiges Wasser möglich wäre. Er umkreist seinen Stern am äußeren Rand der habitablen Zone und hat eine Gleichgewichtstemperatur von -53 °C. Und: er hat eine Masse von 6,1 Erdmassen! So etwas nennt man eine Supererde.

Der Begriff „Supererde“ bezieht sich nur auf die Masse bzw. den Durchmesser des Planeten. Er macht keine Aussage über die Beschaffenheit des Planeten. „Super“ heißt also nicht: supertolle Strände, super Wetter, superschöne Berge, supertoller Wein. „Super“ bedeutet nur „größer“, „schwerer“ als die Erde. Und zwar maximal doppelt so groß wie die Erde oder 10 mal so schwer. Eine exakte Definition gibt es allerdings nicht.

Es sind keine Aussagen über die Größe des Planeten möglich, da er von TESS nicht beobachtet werden kann (ebenso wie GJ 357 c). Die Bahnebene ist zu stark geneigt. Ein Planet dieser Masse kann ein Gesteinsplanet sein, aber auch ein Planet mit doppelten Erddurchmesser, der vollständig von einem Ozean bedeckt ist. Wir wissen es nicht…

Eine Liste der potentiell bewohnbaren Exoplaneten findet sich übrigens hier (GJ 357 fehlt allerdings noch): http://phl.upr.edu/projects/habitable-exoplanets-catalog.

Quellen:

[1] http://carmenes.caha.es/

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Teegarden%27s_Star

[3] https://www.aanda.org/component/article?access=doi&doi=10.1051/0004-6361/201935460

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Exoplanet

[5] https://www.nasa.gov/feature/goddard/2019/confirmation-of-toasty-tess-planet-leads-to-surprising-find-of-promising-world

[6] http://exoplanet.eu/catalog/gj_357_d/

[7] https://arxiv.org/abs/1904.12818

[8] http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-id?protocol=html&Ident=GJ%20357