Sternwinde und verdampfende Atmosphären von Exoplaneten

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Eine Darstellung des Systems TRAPPIST-1 von sieben Planeten um einen M-Zwergstern. Der Stern besitzt sowohl starke UV- als auch Röntgenstrahlung sowie einen ionisierten Wind, der die Atmosphäre eines in der Nähe kreisenden Planeten erodieren kann. Astronomen haben unter Verwendung der Parameter des Systems TRAPPIST-1 Simulationen abgeschlossen, welche die komplexen möglichen Folgen eines Sternwinds auf eine Planetenatmosphäre aufzeigen.
NASA/ Caltech-JPL

Die meisten Sterne, die Sonne eingeschlossen, entwickeln magnetische Aktivität, die einen sich schnell bewegenden, ionisierten Wind antreibt, und erzeugt zudem Röntgen- und ultraviolette Strahlung (oft XUV-Strahlung genannt). XUV-Strahlung von einem Stern kann in der oberen Atmosphäre eines umkreisenden Planeten absorbiert werden, wo sie das Gas so stark aufheizen kann, um aus der Atmosphäre des Planeten zu entkommen. M-Zwerge, der bei weitem häufigste Sterntyp, sind kleiner und kühler als die Sonne und können sehr aktive Magnetfelder besitzen. Ihre kühlen Oberflächentemperaturen haben zur Folge, daß ihre habitablen Zonen (HZ) nahe am Stern liegen (die HZ ist der Abstandsbereich, innerhalb dessen das Oberflächenwasser eines umlaufenden Planeten flüssig bleiben kann). Jeder aus Gestein bestehende Exoplanet, der einen M-Zwerg in dessen HZ umkreist, ist, da er sich dicht bei dem Stern bewegt, besonders anfällig für die Auswirkung der Photoevaporation, die in einer teilweisen oder vollständigen Zerstörung der Atmosphäre enden kann. Einige Theoretiker stellen die These auf, daß Planeten mit ausgedehnten Hüllen aus Wasserstoff oder Helium sogar lebensfreundlicher werden könnten, wenn die Photoevaporation genug von der Gashülle beseitigt.

Die Auswirkungen der XUV-Strahlung auf Atmosphären von Exoplaneten sind nahezu zwanzig Jahre erforscht worden, doch die Folgen des Sternwinds auf Atmosphären von Exoplaneten sind nur dürftig verstanden. Die Astronomen Laura Harbach, Sofia Moschou, Jeremy Drake, Julian Alvarado-Gomez sowie Federico Frascetti vom CfA und ihre Kollegen führten Simulationen durch, welche die Auswirkungen modellieren, die ein Sternwind auf einen Exoplaneten mit einer wasserstoffreichen Atmosphäre hat, der einen M-Zwergstern eng umkreist. Beispielhaft nutzten sie die Anordnung der Exoplaneten in TRAPPIST-1, ein kühler M-Zwerg mit einem System aus sieben Planeten, von denen sechs nah genug am Stern sind, um sich in der HZ aufzuhalten.

Die Simulationen zeigen, daß, abhängig von den Einzelheiten, der Sternwind Abströmungen von einer planetaren Atmosphäre hervorrufen kann. Das Team stellt fest, daß die stellaren als auch die planetaren Magnetfelder eine wichtige Rolle bei der Bestimmung von vielen Einzelheiten der Abströmung spielen, die beobachtet und durch die atomaren Wasserstofflinien im Ultravioletten untersucht werden könnten. Die komplexen Simulationsergebnisse deuten an, daß Planeten um M-Zwerge vermutlich ein breit gefächertes Spektrum an atmosphärischen Eigenschaften zeigen, und einige der physikalischen Bedingungen können sich innerhalb kurzer Zeit ändern, was die Deutung der Beobachtung aufeinanderfolgender Transits von Exoplaneten unübersichtlicher gestaltet. Die Simulationsergebnisse unterstreichen den Bedarf, 3-D-Simulationen, die magnetische Effekte einschließen, zu nutzen, um Beobachtungsergebnisse für Planeten um M-Zwergsterne zu erklären.

Literatur:

„Stellar Winds Drive Strong Variations in Exoplanet Evaporative Outflow Patterns and Transit Absorption Signatures“

Laura M. Harbach, Sofia P. Moschou, Cecilia Garraffo, Jeremy J. Drake, Julián D. Alvarado-Gómez, Ofer Cohen, and Federico Fraschetti

The Astrophysical Journal 913, 130, 2021

oder

arXiv:2012.05922v1 [astro-ph.EP] 10 Dec 2020