Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Astronomen wissen seit Jahrzehnten, daß gewaltige Ausströmungen, sogenannte Outflows, von Galaxien ausgeworfen werden. Diese sich schnell bewegenden, bipolaren Strömungen bremsen die Rate der Sternentstehung, verhindern den gravitativen Kollaps der Galaxie und dienen als Regulativ zum Einstrom von Material aus dem intergalaktischen Medium. Zwei physikalische Mechanismen treiben Ausströmungen an, Supernova-Explosionen in Sternentstehungsregionen und Winde, die in der Umgebung der zentralen supermassereichen Schwarzen Löcher entstehen, während diese Material akkretieren. Kenntnisse von diesen Vorgängen sind unerläßlich, um zu verstehen, wie sich Galaxien entwickeln, aber Versuche mit numerischen Simulationen sind über Jahrzehnte vereitelt worden, da Sternentstehung und Akkretion Schwarzer Löcher auf kleinem Maßstab wirken, im Verhältnis annähernd zehn Milliarden Mal kleiner als die Galaxie und ihre heimatliche Umgebung. Es ist rechnerisch sehr schwierig, sowohl groß- als auch kleinräumige Prozesse mit dem gleichen Code abzubilden. Dadurch konnten die über die Jahre entwickelten kosmologischen Simulationen der Galaxienentwicklung nicht direkt mit den Beobachtungen von Ausströmungen verglichen werden.
Das Illustris-Projekt ist ein internationales Gemeinschaftsprojekt, das seit mehr als fünf Jahren Szenarien der Galaxienentwicklung angefertigt hat. Die kleinsten Rasterungen liegen bei diesen Simulationen bei ungefähr 2300 Lichtjahren und, um Prozesse zu beschreiben, die in kleineren Volumina auftreten, ruft der mathematische Code einen allgemeinen Algorithmus auf, anstatt genaue Berechnungen auszuführen. Das Projekt ist äußerst erfolgreich in der Wiedergabe des gewaltigen kosmischen Netzes aus Galaxien gewesen, das sich nach dem Urknall entwickelte. IllustrisTNG („the next generation“) ist eine neue Version des Illustris-Simulationsprojekts, das das Problem der Größenordnung zum Teil durch das Fokussieren auf genaue Berücksichtigung ausgewählter kleiner Volumina angeht, gleichzeitig jedoch die wichtigen großräumigen Prozesse erfaßt. Die IllustrisTNG50-Simulation, die dritte und letzte Version in dieser Reihe, simuliert die Aktivität in der Größenordnung von nur hunderten Lichtjahren in einem Gesamtvolumen von einem Würfel mit fünfzig Millionen Parsec (163 Millionen Lichtjahre) Kantenlänge und liefert eine einzigartige Verbindung von zwei Dingen: großes Volumen und genaue Auflösung.
Die CfA-Astronomen Rainer Weinberger und Lars Hernquist sind Mitglieder im TNG50-Team, das jetzt seine ersten Ergebnisse veröffentlicht hat. Während Galaxien massereicher werden, nimmt die Ausströmungsrate im Vergleich mit der Sternentstehungsrate ab. Bei mittelgroßen Systemen kehrt sich dieser Trend jedoch auf Grund des wachsenden Einflusses der Winde vom supermassereichen Schwarzen Loch um. Die Wissenschaftler berichten auch von dem Befund, daß die Ausströmungen auf natürliche Weise zu bipolaren Formen gebündelt sind und das die Windgeschwindigkeiten mit der Galaxienmasse auf Geschwindigkeiten von mehr als dreitausend Kilometer pro Sekunde steigen. Obwohl Galaxien, die eine aktivere Sternentstehung erleben, im Allgemeinen schnellere Winde antreiben, bleiben in Galaxien mit großer Masse, in denen Sternentstehung unterdrückt wurde, die Winde nicht zuletzt durch die Aktivität des akkretierenden Schwarzen Lochs stark.
Literatur:
“First Results from the TNG50 Simulation: Galactic Outflows Driven by Supernovae and Black Hole Feedback”
Dylan Nelson, Annalisa Pillepich, Volker Springel, Rüdiger Pakmor, Rainer Weinberger, Shy Genel, Paul Torrey, Mark Vogelsberger, Federico Marinacci, and Lars Hernquist
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 490, 3234, 2019
oder
arXiv: 1902.05554v2 [astro-ph.GA] 17 Aug 2019