Rückkopplung von supermassereichen Schwarzen Löchern (Originalartikel vom 26.04.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine Hubble-Aufnahme des Galaxienclusters Abell S1063. Astronomen, die mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium den Cluster 3C 88 untersuchten, haben festgestellt, daß Aktivitäten um das supermassereiche Schwarze Loch Jets angetrieben haben, die das Intraclustergas aufheizten und das diese Jets vor Kurzem ihre Orientierung änderten.
NASA, ESA, and M. Montes (University of New South Wales)

Röntgenbeobachtungen haben große Mengen an sehr heißem Gas in Galaxienclustern offenbart und darüber hinaus in den Zentralbereichen mehr, als erwartet wurde. Obwohl Supernovae und Anregung über Schockwellen das Gas aufheizen wollen, sollte es abkühlen und in die Galaxien zurückströmen, doch bislang ist dies nicht beobachtet worden. Astronomen haben vermutet, daß eine andere Quelle das Gas fortwährend aufheizt und ein herausragender Anwärter dafür ist die Rückkopplung von supermassereichen Schwarzen Löchern, die aktive galaktische Kerne (engl.: active galactic nuclei = AGN) bilden. Beobachtungen im Röntgenlicht haben in der Tat Hinweise auf gestörtes Gas gefunden. Dies könnte durch Jets aus dem AGN verursacht werden, die heiße Blasen erzeugen, während sie nach außen schießen. Wie die Energie aus dem Ausbruch des AGN das Gas tatsächlich aufheizt, ist allerdings nur unzureichend verstanden.

Die CfA-Astronomen Paul Nulsen und Bill Forman haben mit ihren Kollegen hochempfindliche Chandra-Beobachtungen, zusammen mit Radio-Aufnahmen vom neuen Giant Metrewave Radio Telescope nahe Pune in Indien und dem Very Large Array in Neu Mexico genutzt, um einen AGN-Ausbruch in der lokalen Galaxiengruppe 3C 88 zu untersuchen. Sie konnten Schockwellen messen, die in einen heißen Hohlraum Energie pumpen, die identisch ist mit der Energie von über einer Milliarde Sonnen, die eine Milliarde Jahre lang leuchten – der größte Betrag für solch eine Aktivität, den man vom Zentrum eines Clusters kennt. Zudem fallen die beobachteten Jets des AGN nicht mit der Form des heißen Hohlraums zusammen. Dieses neue Ergebnis bestätigt erneut, daß energiereiche AGN mit Jets das im Röntgenlicht strahlende Gas tatsächlich heiß halten können und seinen Rückfluss in den Galaxiencluster verlangsamen. Die Wissenschaftler folgern zudem, daß sich in diesem Fall die Jets des AGN allem Anschein nach vor relativ kurzer Zeit, vielleicht gerade Mal vor ein paar zig Millionen Jahren, neu ausgerichtet haben.

Literatur:

„AGN Feedback in Galaxy Group 3C 88: Cavities, Shock, and Jet Reorientation“

Wenhao Liu, Ming Sun, Paul Nulsen, Tracy Clarke, Craig Sarazin, William Forman, Massimo Gaspari, Simona Giacintucci, Dharam Vir Lal and Tim Edge

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 484, 3376–3392 (2019)

oder

arXiv1806.04692v2

[astro-ph.HE]

11 Feb 2019