Röntgendoppelsterne im galaktischen Zentrum

(Originalarbeit unter https://chandra.harvard.edu)

Chandra findet einen Schwarm Schwarzer Löcher nahe dem Zentrum der Milchstraße

NASA/CXC/UCLA/M. Muno et al.

Diese Bilder sind Teil eines laufenden Chandra-Programms, das eine Region um das supermassereiche Schwarze Loch der Milchstraße, Sagittarius A* (Sgr A*), überwacht. Vier helle, veränderliche Röntgenquellen (Kreise) wurden in einem Umkreis von 3 Lichtjahren um Sgr A* (die helle Quelle direkt oberhalb von Quelle C) entdeckt. Die Bildreihe unten zeigt die starke Veränderlichkeit einer dieser Quellen. Diese Variabilität, die in allen Quellen vorhanden ist, spricht für ein Röntgen-doppelsternsystem, in dem ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern Materie von einem nahen Begleiter abzieht.

Der hohe Anteil an Röntgendoppelsternen in dieser kleinen Region war eine Überraschung – andere Beobachtungen eines größeren Gebiets um Sgr A* hatten angedeutet, daß es dort nur eine 20 prozentige Chance gab, daß auch nur ein Röntgendoppelstern innerhalb von 3 Lichtjahren um Sgr A* gefunden werden würde. Die beobachtete hohe Konzentration von Röntgendoppelsternen ist ein starker Indizienbeweis dafür, daß sich ein dichter Schwarm von 10,000 oder mehr stellaren Schwarzen Löchern und Neutronensternen um Sgr A* gebildet hat.

Vermutlich bildete sich der Schwarm, als stellare Schwarze Löcher auf ihren Umlaufbahnen allmählich langsamer wurden und in Richtung des galaktischen Zentrums wanderten. Schwarze Löcher, die das Zentrum der Galaxie in einer Entfernung von wenigen Lichtjahren umkreisen, werden einen Zug auf die umgebenden Sterne ausüben, die wiederum an den Schwarzen Löchern zerren. Der Nettoeffekt dieser gravitativen Aktion und Reaktion bremst die Schwarzen Löcher, die ungefähr um die 10 Sonnenmassen besitzen, ab und beschleunigt die umgebenden Sterne mit ihren geringeren Massen.

Die Schwarzen Löcher wandern auf Spiralbahnen nach innen und die Sterne mit ihrer niedrigeren Masse driften nach außen. Aus der geschätzten Zahl an Sternen und Schwarzen Löchern in dem Gebiet um das galaktische Zentrum könnte dieser Prozeß, genannt stellare dynamische Reibung, einen dichten Schwarm aus 10,000 oder mehr Schwarzen Löchern im Umkreis von 3 Lichtjahren um Sgr A* hervorbringen. Ein ähnlicher Effekt könnte auch bei den Neutronensternen wirk-sam sein, aber in geringerem Umfang, da diese eine geringere Masse aufweisen.

Wenn sich Schwarze Löcher erst einmal nahe bei Sgr A* konzentriert haben, kann ihre intensive Schwerkraft einen gewöhnlichen Stern in einem Binärsystem dazu veranlassen, den „Partner zu wechseln“ und mit dem Schwarzen Loch ein Paar zu bilden, während der Partner herauskatapultiert wird. Solch ein Prozeß und ein vergleichbarer für Neutronensterne kann der Grund für die beobachteten Röntgendoppelsternquellen sein.