Quasare im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu)

Das Chandra-Röntgen-Observatorium in der Erdumlaufbahn. Astronomen haben mit Chandra das Röntgenlicht von fünfzehn Quasaren untersucht, die aus einer Zeit von nur ungefähr einer Milliarde Jahre nach dem Urknall stammen, um verstehen zu, wie sich die supermassereichen Schwarzen Löcher in dieser frühen Epoche entwickelten.
NASA/CXC/D. Berry & M. Weiss

Quasare sind vielleicht die am besten bekannte Form aktiver galaktischer Kerne (active galactic nuclei = AGN), Galaxien, deren zentrale supermassereiche Schwarze Löcher leuchtkräftig sind, manchmal heller als der Rest der Galaxie. In einem AGN sammelt sich Material in einem den Kern umgebenden Torus aus Gas und Staub, aufgeheizt auf tausende Grad und verursacht den Ausstoß von Jets aus geladenen Teilchen. Im Fall der Quasare ist unser Blickwinkel so, daß diese staubhaltigen Tori das Licht und den hellen Kern eines Quasars, der die Strahlung der Galaxie beherrscht, nicht verdunkeln. Der entfernteste bekannte Quasar stammt aus einer Zeit von nicht mehr als rund 700 Millionen Jahre nach dem Urknall und weitere Dutzende mehr, von denen man weiß, daß sie aus den ersten Milliarden Jahren stammen.

Ein ungeklärtes Rätsel ist, wie sich die supermassereichen Schwarzen Löcher in diesen jungen Quasaren in der verfügbar kurzen Zeit, seit der das Universum besteht, entwickeln konnten. Das sehr heiße Material und die sich schnell bewegenden Teilchen erzeugen Röntgenstrahlung, vor allem im inneren Akkretionsbereich. Auch wenn Röntgenstrahlung von solch fernen Objekten schwer zu messen ist, hat ein Team unter Leitung der CfA-Astronomen Bradford Snios, Aneta Siemiginowska, Malgosia Sobolewska, Vinay Kashyap und Dan Schwarz Röntgenspektren von fünfzehn Quasaren erhalten, die aus der Zeit von rund einer Milliarde Jahre nach dem Urknall stammen und einzeln betrachtet einen Zeitraum von ungefähr hundertfünfzig Millionen Jahren umfassen. Die Astronomen untersuchten mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium Ziele, die aus einem Quasarkatalog ausgewählt wurden, deren Eigenschaften und Entfernungen aus ihren Radio- und optischen Emissionen bereits bekannt waren. Das Team wählte vor allem Quasare aus, deren Radiostrahlung in einem kleinen Volumen innerhalb der Galaxie (basierend auf der Form des Spektrums) zu entstehen scheint.

Die Astronomen werteten das Röntgenlicht dieser Quasare gemeinsam mit anderen Daten aus, um herzuleiten, wie diese Objekte und ihre Strahlung sich im Vergleich mit Quasaren im nahen Universum entwickelt haben können. Die bedeutsamste Folgerung dieser im Gang befindlichen Arbeit ist, daß es keine eindeutigen Entwicklungstendenzen während dieses Zeitalters zu geben scheint. Sie identifizierten bei den Quasaren auch mehrere Sonderfälle, wovon einer mit der Bezeichnung J1606+3124 entlang der Sichtlinie eine extrem hohe Gasdichte aufweist; er ist nur der vierte bekannte Quasar aus dem frühen Universum, für den man eine derart hohe Gasdichte kennt.

Literatur:

„X-ray Properties of Young Radio Quasars at z > 4.5“

Bradford Snios, Aneta Siemiginowska, Malgosia Sobolewska, C. C. Cheung, Vinay Kashyap, Giulia Migliori, Daniel A. Schwartz, Lukasz Stawarz, and Diana M. Worrall

The Astrophysical Journal 899, 127, 2020

oder

arXiv: 2007.01342v2 [astro-ph.HE] 3 Aug 2020