Neptuns Trojaner

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Eine Aufnahme des Neptun-Trojaners 2008LC18 (durch den grünen Pfeil kenntlich gemacht). Astronomen haben eine neue Durchmusterung der Neptun-Trojaner durchgeführt und folgern, daß diese in zwei Kategorien fallen, welche von ihrer Entstehungsgeschichte abhängen.
Carnegie Institution of Washington / National Astronomical Observatory of Japan

Trojaner sind kleine astronomische Körper, welche die Sonne in Gruppen nahe eines Planeten umkreisen und die, durch die Schwerkraft begünstigt, an zwei Stellen ungefähr sechzig Grad vor oder hinter dem Planeten auf dessen Umlaufbahn liegen. Jupiter besitzt ungefähr siebentausend bekannte Trojaner mit einem Durchmesser von mehr als circa einem Kilometer (man vermutet, daß noch viel mehr existieren), Neptun achtundzwanzig, Uranus zwei, Mars neun und sogar die Erde besitzt einen Trojaner, der vor wenigen Jahren entdeckt wurde. (Trojaner können einen Planeten auch dicht in der Umgebung eines Mondes umkreisen; so hat Saturn keine bekannten Trojaner, jedoch zwei seiner Monde.) Für Milliarden Jahre als dynamisch stabil geltend, fallen Trojaner, gestützt auf ihre Massen und den Besonderheiten ihrer Bahnbewegungen grob in zwei Kategorien.

CfA-Astronom Mike Alexandersen gehörte zu einem Team, das die Geschichte und Entwicklung der Trojaner des Neptun untersuchte. Das Team entdeckte vier neue Neptun-Trojaner bei ihrem Outer Solar System Origins Survey mit Hilfe des optischen Canada-France-Hawaii-Teleskops, welches Zielgebiete auf der Suche nach lichtschwachen und sich langsam bewegenden Objekten beobachtete. Sie kombinierten ihre Ergebnisse mit Beobachtungen der optischen PanSTARRS-Durchmusterung sowie Computersimulationen und analysierten die Bahneigenschaften und die dynamische Stabilität der Neptun-Trojaner. Die Wissenschaftler nutzten diese Ergebnisse, um drei vorgeschlagene Entstehungsszenarien für die beiden Trojaner-Kategorien zu untersuchen: sie bildeten sich als zwei getrennte Komponenten und wurden gesondert zu verschiedenen Zeiten eingefangen, als Neptun in seiner frühen Geschichte von der Sonne fortwanderte; ursprünglich bildete sich eine Gruppe, doch dann entwickelte sie sich in die beiden heute zu beobachtenden Typen; die stabilere der beiden Gruppen ist die Folge einer Kollision mit einem vorbeiziehenden, großen fremden Objekt. Ihre Untersuchung bewertet und kategorisiert die gesamte Population der Neptun-Trojaner neu und kommt zu dem Schluß, daß es dort tausende weitere unentdeckte Neptun-Trojaner in einer Gesamtpopulation geben sollte, die sogar größer als die des Jupiter ist. Sie vermerken, daß zusätzliche Beobachtungen sie in die Lage versetzen sollte, zwischen den drei unterschiedlichen Entstehungsszenarien zu unterscheiden.

Literatur:

„OSSOS: The Eccentricity and Inclination Distributions of the Stable Neptunian Trojans“

Hsing Wen Lin, Ying-Tung Chen, Kathryn Volk, Brett Gladman, Ruth Murray-Clay, Mike Alexandersen, Michele T. Bannister, Samantha M. Lawler, Wing-Huen Ip, Patryk Sofia Lykawka, J.J. Kavelaars, Stephen D.J. Gwyn, Jean-Marc Petit

Icarus, 361, 2021

oder

arXiv:2006.10674v4 [astro-ph.EP] 15 Feb 2021